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Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Abständen zwar immer wieder neu zubereitet, aber nie mehr benutzt. Bis auf den heutigen Tag.
    Vielleicht die Hälfte hatte er nun auf einmal in sich hineingeschüttet und die Kraft, die er dadurch gewonnen hatte, mit einem kleinen Zwischenspurt verschwendet, der ihn vielleicht irgendwo hingebracht hatte, aber nicht dorthin, wo sich Abdurezak oder Lexz befanden. Ob das eine kluge Entscheidung gewesen war, wagte er inzwischen fast zu bezweifeln. Am Ende hatte er nicht mehr gewonnen, als sich mit Hilfe des Pulvers der lästigen Anwesenheit von Granartara und Byrta zu entledigen. Und wenn das nun tatsächlich alles sein sollte, dann wäre es ohne Zweifel zu wenig.
    Er kam an einer Stelle vorbei, an der ein Blitz eingeschlagen hatte: mitten in die Krone eines großen Baumes, die nun gespalten war und weit über seinem eigenem Kopf so auseinanderklaffte wie ein Schädel, den jemand mit einer Axt gespalten hatte.
    Er taumelte auf den Baum zu und hielt keuchend an. Seine Gedanken glichen einem trägen Fluss, der gleichmäßig, nicht übermäßig schnell vor sich hin floss. Aber er spürte, dass sie ihn zu seinem Ziel trügen, wenn er sie nur ließ.
    Es wäre ein fataler Fehler, wenn er seine restliche Kraft damit verschwendete, seinen Bruder und Lexz zu suchen. Es wäre überhaupt ein Fehler, gleich beide finden zu wollen. Er musste sich auf einen von ihnen konzentrieren.
    Die Entscheidung fiel ihm leicht. Zwar stand ihm sein Bruder näher als jeder andere Mensch auf der Welt, aber auch er hatte gleich ihm schon längst seine natürliche Lebensspanne überschritten.
    »Lexz«, murmelte er. »Du bist jung. Du bist die Hoffnung deines Volkes. Wo bist du? Warum lässt du dir nicht helfen?«
    Seufzend ließ er sich auf den Boden fallen und lehnte sich an die vom Blitzschlag gespaltene Ulme. Mit dem geborstenen Stamm im Rücken fühlte er sich fast beschützt. Der Baum war zwar tödlich getroffen, aber er wankte nicht, er hatte noch immer Kraft, und er würde wohl auch dann noch hier stehen, wenn Zakaan selbst schon längst tot war. Etwas Tröstliches lag darin, und etwas, das der Schamane gut in sich aufnehmen konnte: die ruhige Kraft des Lebensflusses.
    Abdurezak und Lexz befanden sich beide in seiner Nähe, und beide brauchten seine Hilfe. Aber nun war es so gekommen, wie es hatte kommen müssen: Er hatte nicht mehr die Kraft aufgebracht, die letzten Schritte bis zu ihnen zurücklegen. Er musste einen anderen Weg finden, um ihnen Kraft zu spenden.
    Das Rauschen des Windes antwortete ihm, unterbrochen von den vielfältigen Geräuschen kleinerer und größerer Tiere, und dann und wann von einem Donnerschlag ganz in der Ferne.
    Der Schamane nahm all diese Geräusche in sich auf und verband sie mit seinem Atem.
    »Ganz ruhig«, murmelte er. »Ganz ruhig, Lexz.«

Kapitel 19
    Riesige, gespenstische Wolkenbänke türmten sich auf, als wollten sie sich jeden Augenblick auf sie herabsenken und sie ersticken. Weit entfernt rissen zuckende Blitze das Firmament auseinander, gefolgt von Donnerschlägen, die trotz dieser großen Entfernung in ihren Ohren widerhallten.
    »Es wird Zeit, dass wir zum Lager kommen«, sagte Ekarna. »Das gefällt mir alles ganz und gar nicht.«
    Da wagte ihr Lexz nicht zu widersprechen. Er selbst hatte die Orientierung vollkommen verloren. Die Sonne war hinter den dichten Wolken verschwunden, und so verschwamm ihre Umgebung immer mehr vor seinen Augen. Ein merkwürdig diffuses Licht herrschte, das nichts richtig ausleuchtete und aus Ästen Arme zu machen schien, die nach ihnen greifen wollten – und aus dem Dornengestrüpp Raubtiere, die darauf lauerten, über sie herzufallen.
    »Bist du sicher, dass wir hier noch richtig sind?«, fragte Torgon nach einer ganzen Weile.
    Er wirkte zurzeit erstaunlich ruhig und in sich gekehrt. Aber eigentlich war das auch kein Wunder. Die Ereignisse an diesem Phleddererschrein, wie ihn Ekarna genannt hatte, hatten sie alle drei nachhaltig verwirrt.
    Es war ein recht breiter und ausgetretener Pfad, auf den sie schließlich trafen. Dass er leicht anstieg, beunruhigte Lexz nicht besonders, denn schließlich waren sie auf der ersten Strecke des Weges ein gutes Stück hinabgestiegen, bis sie den Wald erreicht hatten. Trotzdem konnte er sich nicht des Gefühls erwehren, dass sie wieder einmal falsch waren.
    Aus diesem Gefühl wurde Gewissheit, als er erst eine Bewegung vor sich wahrnahm und dann jemanden etwas sagen hörte, das so klang wie: »Der ischt mit den ganzen Plätschen

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