Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe
und Enttäuschung. All dies bildete ein Gemisch, in das er nun wie in ein Gewässer eintauchte, das ihn ganz vereinnahmen wollte, um ihn mit auf seinen Grund zu ziehen.
Erst, als Ekarna Lexz’ Hand ergriff und ihn ohne ein Wort der Erklärung mit sich zog, fiel ihm auf, dass er im Begriff gewesen war, hinter den anderen zurückzubleiben. Es wurde allmählich noch zur schlechten Angewohnheit, dass sie ihn so behandelte, als ob er nicht allein zurechtkäme, fand Lexz. Mit einer eher müden als ärgerlichen Bewegung machte er sich also frei und gab sich Mühe, zu der Gruppe vor ihnen aufzuschließen.
Es gelang ihm aber nicht ganz. Ekarnas schlanker, hochgewachsener Körper verschwamm zu einem undeutlich breiigen Schemen, als die anderen mitsamt der Fackel einem Knick folgten und es damit fast gänzlich dunkel um sie herum wurde. Als sie plötzlich stehenblieb, wäre er um ein Haar in sie hineingerannt; aber vielleicht lag das auch nur an seiner gestörten Wahrnehmung und daran, dass er zu zweifeln begann, ob sie wohl jemals wieder aus diesen Stollen herauskämen.
»Das«, sagte Ekarna unbehaglich, während sie sich zu ihm umdrehte, »gefällt mir nicht.«
»Was denn?«, fragte Lexz. »Diese in Stein erstarrte Ewigkeit um uns herum?«
Ekarna strich ihm sanft über die Wange, eine vertraute und lang vermisste Geste aus einer Zeit, als sie noch mehr füreinander gewesen waren als nur Weggefährten. Er hatte es schon fast vergessen. »Du träumst schon wieder. Das hast du früher auch immer getan. Wenn wir am Fluss saßen …«
Lexz nickte, denn sie hatte ja recht. Aber er unterbrach sie, weil jetzt kaum der richtige Zeitpunkt dafür war. »Was gefällt dir nicht?«
»Irgendetwas kommt hinter uns her«, flüsterte Ekarna. »Und es holt auf.«
»Aber was?«
Ekarna setzte gerade zur Antwort an, als sie beide ein polterndes Geräusch vor sich hörten, und eilige, aber nicht ganz sichere Schritte, die auf sie zuhielten.
Es war der Schamane.
»Kommt schnell!«, rief Zakaan mit seiner brüchigen Altmännerstimme, und dann sah Lexz, wie das Flackerlicht der Fackel wieder auf sie zuhielt. Was sollte das? Hatte der Schamane etwa kehrtgemacht, um sie im Licht der Fackel hier herauszuführen?
»Der Ausgang liegt hinter dem nächsten Knick«, sagte Zakaan ungeduldig. »Ihr müsst euch aber beeilen!«
Damit drehte er sich schon wieder herum und schlurfte auf eine Art davon, die Lexz gar nicht gefiel. Offenbar befand sich der Schamane am Rande seiner Kräfte.
Bevor Lexz einen weiteren Gedanken daran verschwenden konnte, zuckte Ekarna zusammen. Ihre Hand gab seine Wange frei, zog die Streitaxt und spannte sich so fest um ihren Schaft, dass Lexz das Knacken ihrer Gelenke hören konnte. Der Laut vermischte sich jedoch noch mit etwas anderem, nämlich mit einem Geräusch, als husche etwas Winziges über den Felsboden, und das gleich mehrfach und so bedrohlich, dass ihm der Atem stockte. Der flackernde Widerschein der sich nun wieder entfernenden Fackel riss für einen winzigen Augenblick die Dunkelheit auf, als wollte er ihnen die Gelegenheit geben zu sehen, ob da wirklich etwas hinter ihnen folgte, oder ob sie sich nur einer Täuschung hingaben. Bevor aber wieder alles hinter einem düsteren Schleier versank, sah Lexz den nackten grauschwarzen Felsen der Stollenwände und dann die Pfützen auf dem Boden, in denen sich das Licht der Fackel blutrot widerspiegelte – sonst nichts.
Als er zu seiner Weggefährtin herumfuhr, glaubte er eine Mischung aus Angst und Anspannung auf ihrem Gesicht zu erkennen.
»Hinter uns ist … irgendwas«, flüsterte Ekarna.
Lexz nickte hastig. Auch wenn er bislang nichts gesehen hatte, so hörte er es doch. Es war ein leises, auf sie zuhaltendes Huschen und Drängeln, das in den scheinbar unendlichen Windungen des Ganges hinter ihnen ertönte.
Wie auf ein geheimes Kommando hin drehten sie sich um und begannen dann zu laufen. Doch was auch immer da hinter ihnen her sein mochte, es war schneller als sie und würde sie einholen, noch ehe sie den Ausgang erreichten, der sich bereits durch einen schwachen Lichtschein ankündigte.
»Das ist es!«, schrie Ekarna, während sie stehen blieb, Lexz bei den Schultern packte und mit einer kraftvollen Bewegung dazu brachte sich umzudrehen.
Lexz’ Herz machte einen schmerzhaften Sprung, als er etwas auf sich zuhuschen sah, etwas Kleines, Reptilienähnliches, mit einem nackten Schwanz und glitzernden schwarzen Augen. Ein Grottenmolch, eines dieser kleinen
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