Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe
Wesen, die sich in tiefen Mulden, Höhlen oder auch Grotten zu Hause fühlten und sich für gewöhnlich überhaupt nur außerhalb ihrer sicheren Behausungen sehen ließen, wenn sie auf der Jagd nach Insekten waren oder sich auf einem Stein im hellen Sonnenlicht niederließen, um jeden einzelnen Sonnenstrahl einzufangen.
Der eine Molch wäre überhaupt nicht ungewöhnlich gewesen. Aber er war nur der erste einer kleinen Gruppe von vielleicht zehn, fünfzehn aufgeregten Reptilien, und dieser Vorhut folgten noch unzählige weitere Grottenmolche. Raschelnd und zischelnd hielten die dunklen Molche auf sie zu, und soweit es das spärliche Licht zuließ, sah er, dass es am Boden von ihnen nur so wimmelte.
Dann waren die ersten dieser Wesen herangekommen. Die kleinen krallenbewehrten Füße machten klackende Geräusche, die in ihrer Summe wie das harte Prasseln von sturmgepeitschten Regentropfen auf nacktem Felsen klangen. Dazu kam ein Zischeln und Rumoren und das klatschende Geräusch, mit dem sie gegeneinander oder gegen die Stollenwand schlugen.
Dämonen, schoss es Lexz durch den Kopf, kleine Dämonen mit spitzen Krallen.
Er packte Ekarna, drückte sie gegen die Wand und schirmte sie soweit es ging mit seinem Körper ab. Irgendetwas musste die dunklen kleinen Reptilien in Panik versetzt haben; vielleicht war es der Sturm, der in ihre Höhlen und Behausungen gefahren war, vielleicht auch etwas ganz anderes, von dem er nicht die geringste Vorstellung hatte. Einzelne Grottenmolche klatschten gegen seine Beine, doch er ließ es geschehen, genauso wie das Wuseln über seine Füße und den stetig zunehmenden Druck, mit dem ihn die übereinanderstürzende Flut der kleinen Reptilien mit den schwarzen Knopfaugen fast schmerzhaft nah an Ekarna herandrückte.
Die Grottenmolche wollten sie jedoch nicht angreifen. In dem Durcheinander waren zwei regungslose Menschen für sie kein anderes Hindernis als ein Felsvorsprung, der ihr Fortkommen erschwerte, den anzugreifen aber vollkommen sinnlos gewesen wäre.
»Was … ist das«, hauchte ihm Ekarna angstvoll ins Ohr. »Wo kommen diese kleinen Mistviecher plötzlich her?«
»Der Sturm …«
Ekarna zitterte plötzlich. Er spürte jede noch so zarte Regung ihres Körpers. Wie hatte er nur so dumm sein können? Er hatte doch gewusst, mit welcher Panik sie auf alles Huschende und Wimmelnde reagierte, seitdem sie von Ratten einmal fast totgebissen worden war.
»Sie sind gleich wieder weg«, presste er hervor.
Dabei war er sich dessen gar nicht so sicher. Die Molche stürzten über- und untereinander, verletzten sich in ihrer Panik gegenseitig, waren so vollkommen außer Rand und Band wie eine durchgehende Bisonherde. In dem engen Stollen fehlte ihnen lediglich der Platz, in alle Richtungen auseinanderzuspritzen, was sie sonst sicherlich getan hätten. So aber erhöhte sich der Druck auf Lexz und Ekarna. Einzelne Exemplare wurden so hochkatapultiert, dass sie sogar in seinen Rücken platschten, die Mehrzahl aber prallte gegen seine Beine und hätte ihn sicher umgeworfen, wenn die Wand nicht gewesen wäre. So aber fühlte er sich kräftig durchgeschüttelt.
Und Ekarna bebte und zitterte mittlerweile so heftig, dass er sie mit beiden Armen umschlang, um sie zu beruhigen. Er konnte sie so gut verstehen. Er selbst wurde in der Dunkelheit auch schon fast wahnsinnig, sie aber hatte allen Grund, auf diese schreckliche Flut mit Abscheu zu reagieren.
Es schien endlos zu dauern. Sie standen eng aneinandergekauert da. Ekarna schnappte krampfhaft nach Luft, und auch Lexz fiel das Atmen inzwischen so schwer, dass er sich verzweifelt fragte, wie lange sie das noch aushalten sollten. Er hatte schon einiges Verrückte in seinem Leben erlebt, aber diese Grottenmolchflut war fast mehr, als er ertragen konnte.
Dann, zuerst kaum merklich, plötzlich aber ganz rasch, ebbte die Flut ab. Ein paar Nachzügler jagten im Zickzackkurs heran, erschöpft oder verletzt oder aus irgendeinem anderen Grund nicht in der Lage, mit der Rotte mitzuhalten. Lexz spürte, wie die Anspannung von ihm wich.
»Du kannst mich jetzt wieder loslassen«, sagte Ekarna schließlich, und obwohl sie noch immer am ganzen Körper zitterte, gehorchte Lexz sofort.
Sein Fuß kam auf einem halbtoten Grottenmolch auf, der ein langes, schreckliches Geräusch von sich gab. Und er rutschte ein Stück auf ihm weiter, bevor es ihm endlich gelang, von dem sterbenden Tier wegzukommen. Übelkeit stieg in galligen Schüben in ihm auf, und er musste
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