Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe
um die beiden Dorfhunde zu vertreiben, die sich wie wild um einen stinkenden Fischkopf balgten. Wie auf ein geheimes Kommando ließen die Hunde gleichzeitig von dem Fischkopf ab, wandten sich zu Kaarg um und knurrten ihn an. Ihre Zähne erinnerten Isana unangenehm an die von Wölfen, während ihre Schwänze eher wie Fuchsschweife aussahen. Isana kannte die beiden gut, schließlich hatten sie und Arri sie oft genug mit Essensresten versorgt, die den meisten anderen viel zu schade erschienen wären, um sie an räudige Köter zu verfüttern, wie sie sie immer wieder nannten.
»He!« Kaarg fuchtelte noch stärker mit den Händen herum, was die rotbraunen, stämmigen Kläffer nur noch mehr anstachelte zu zeigen, was an wölfischem Ursprung in ihnen steckte.
Die beiden Dorfhunde wichen zähnefletschend zurück, dabei wedelten aber ihre Schwänze, was ihre Drohgebärde als plumpe Lüge enttarnte. Isana war mit einem leichtfüßigen Satz bei dem nicht mehr richtig appetitlich aussehenden Fischkopf, nahm ihn zwischen Daumen und Zeigefinger auf und schleuderte ihn in Richtung Ufer.
Die Hunde reagierten darauf, wie Hunde eben reagieren: Wild kläffend stürmten sie in langen Sätzen aufs Ufer zu und verfolgten den Fischkopf, als könnte dieser, wenn er mit Wasser in Berührung kam, plötzlich wegschwimmen.
Die drei Männer, die am Ufer saßen und aus dem Schilfgeflecht Reusen zu flechten versuchten, fanden das nicht sehr lustig. Einer der Hunde rannte in eine halbfertige Reuse hinein und riss sie und den Mann, der sie festzuhalten versuchte, ein Stück mit sich, bis es dem Fischer zu bunt wurde und er dem Hund mit der flachen Hand auf den Rücken schlug. Die Wirkung war vielleicht nicht ganz so, wie er es sich erträumt hatte, aber immerhin kam er frei: Der Hund zerriss jaulend die Reuse und stürmte mit dem Korbgeflecht ins Wasser, dass es nur so spritzte.
Kaarg stemmte seine Hände in die Hüften und lachte auf eine lächerlich gackernde Art. Der Fischer fuhr herum und drohte mit der Faust.
»Was erdreistet du dich, du dummes Gör, die Köter auf uns zu hetzen?«
Kaarg hörte auf zu lachen – wofür ihm Isana wirklich dankbar war – und setzte eine grimmige Miene auf. Gleichgültig, ob der Fischer gemerkt hatte, dass Isana schuld daran war, dass sich die Hunde wie toll verhalten hatten, oder ob er Kaarg für den Verursacher des Missgeschicks hielt: Er hätte es niemals gewagt, jemanden aus dem Ältestenrat zu beschimpfen.
Schuldbewusst schrumpfte Isana ein Stück in sich zusammen. »Das tut mir leid …«
»Das tut dir leid?« Der Fischer hielt die Überreste der Reuse hoch. »Kannst du mir vielleicht sagen, welcher Fisch sich darin noch verfangen soll?«
Die beiden anderen Männer hatten ebenfalls von ihrer Arbeit abgelassen, und während die Hunde ein gutes Stück weiter so ausgelassen und wild kläffend im ufernahen Wasser herumtollten, als hätten sie von vergorenen Trauben genascht, blickten sie nun ebenfalls drohend zu Isana hinüber.
»Ich weiß nicht«, sagte sie kleinlaut.
»Aber dass du uns den Schaden ersetzen musst, das weißt du schon, oder?«, fragte einer der anderen Männer.
»Oder willst du etwa, dass wir deinem Vater davon erzählen?«, setzte der Erste nach.
Isana wand sich. Als Schmied war ihr Vater der wichtigste Mann nach Abdurezak, und er war nicht nur deshalb hoch angesehen, weil er sein Handwerk besser beherrschte als jemals einer vor ihm, sondern auch, weil er ein Mann von Ehre war.
Außerdem glaubte er, seine Tochter so hart erziehen zu müssen als sei sie ein Junge, und noch dazu ein besonders schwieriger. Entsprechend ahndete er jede noch so kleine Verfehlung, die von ihrer Seite kam, entsprechend hart.
»Ach ja.« Kaarg stemmte die Hände in die Hüften, und Isana befürchtete schon, er bliese nun auch noch ins gleiche Horn wie die Fischer. »Soll euch Kenan vielleicht Reusen aus Bronze schmieden?«
Der Fischer wirkte verblüfft. »Wäre das denn möglich?«
Kaarg schüttelte den Kopf. »Nein, das geht nicht. Genauso wenig, wie Reusen aus Schilf zu flechten. Oder zumindest nicht so, wie ihr es macht.«
Der Fischer sperrte den Mund auf und kratzte sich am Kopf, was ihn nicht unbedingt wie einen Ausbund an Geist erscheinen ließ. »Aber wie soll es denn sonst gehen?«
»Reusen müssen aus besonders haltbarem Stoff geflochten werden«, antwortete Kaarg auf seine wie immer rechthaberische Art. »Und man muss sie für jede Fischart eigens anfertigen, damit sie sich auch wirklich
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