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Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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begriff, wie wenig wehrlos sie war.
    Der Speer packte sie dennoch am Handgelenk und zog sie an sich heran, und obwohl er das nicht besonders feinfühlig tat, war ihm Arri nach dem ersten Schreck äußerst dankbar dafür, denn ihr rechter Fuß hatte schon über dem Nichts gebaumelt.
    »Nun komm doch endlich mal zur Ruhe!«, fauchte er.
    »Zur Ruhe?« Arri hätte beinahe laut aufgelacht. Diese ganze Flucht war eine einzige Katastrophe, und wenn das in dieser Geschwindigkeit so weiterging, würde vor Einbruch der Dunkelheit nicht nur ihr Gewand in alle Einzelteile zerfallen, sondern sie auch so erschöpft und außer Atem sein, dass ihr die Aussicht auf ihren eigenen Tod eher wie eine Erlösung vorkäme.
    »Du bist mir einige Erklärungen schuldig!«, schrie ihr Larkar ins Ohr.
    Vielleicht sagte er das auch in ganz gewöhnlichem Tonfall, aber da sich sein Mund direkt neben ihrem Ohr befand, empfand sie es als unerträgliches Geschrei.
    »Ich bin dir wirklich dankbar, dass ich jetzt nicht nur Taru und Rar fürchten muss«, antwortete Arri, »sondern es auch noch mit einer Horde leibhaftiger Dämonen zu tun habe.«
    »Taru!«, stieß Larkar hervor.
    Dabei klang seine Stimme so hasserfüllt, dass Arri ihn fragend ansah.
    »Ich konnte Taru noch nie leiden«, stieß er gereizt hervor. »Er hat immer schon geglaubt, etwas Besonderes zu sein, nur weil er Dragosz’ Sohn ist. Früher habe ich ihm noch ab und zu eine kleine Abreibung verabreicht, damit er nicht allzu übermütig wird.«
    »Viel hat das nicht genutzt«, gab Arri leise zurück. »Ganz im Gegenteil. Er ist eher noch unangenehmer geworden.«
    Larkar nickte, bevor er sie von der Seite aus musterte. »Und weshalb hast du Streit mit ihm?«
    »Nun«, antwortete Arri ausweichend, »das ist eine lange Geschichte. Und ich erzähle dir sie auch wirklich gerne. Vorausgesetzt, ich habe mich zuvor noch in ein neues Gewand einkleiden können, und mir fliegen nicht andauernd Pfeile um die Ohren.«
    Die Reise zur Begräbnisstätte seiner Urahnen hatte Zakaan vollkommen aus der Fassung gebracht. Er schloss die Augen, unfähig zu begreifen, was geschehen war. Konnte es denn wirklich sein, dass er aus der Trance heraus direkt nach Urutark gelangt war, in das Land seiner Stammväter, dorthin, wo sich einst aus einer wilden Horde ein Stamm gebildet hatte, und aus diesem dann das Volk, dem die Menschen angehörten, die er so liebte? Aber wie sollte das denn möglich sein?
    »Nein!«
    Er schreckte auf und streckte die Hand aus. Seine Finger zitterten und sein Herz schlug ihm bis zum Hals, als er dem Wort nachlauschte, das er selbst ausgestoßen hatte. Er fühlte sich so verloren und hilflos.
    Dabei war sonst wieder alles so, wie es sein sollte. Da gab es keinen in Felle gekleideten Schamanen mehr, der Eiskristalle im Bart hatte, und der Boden unter ihm strahlte zwar nicht gerade Hitze aus, war aber immerhin auch nicht mit Schnee bedeckt. Er befand sich wieder in der Zeit, in die er gehörte. Es war ein warmer Tag nach einem viel zu heißen, alles versengenden Sommer, und kein von Schnee und Eis geprägter Übergang in die kalte Jahreszeit, wie ihn seine Urahnen Jahr für Jahr erlebt haben mochten.
    Er musste sich beruhigen. Und er wusste auch, wie er das erreichen konnte. Zumindest ungefähr.
    Der Odem der Götter verband alles miteinander: Menschen, Tiere und Pflanzen, Wasser, Feuer, Luft und die Erde, deren Atem in ihrem ganz eigenen Rhythmus floss. Viel Übung gehörte dazu, all diese verschiedenen Arten zu erspüren, mit denen sich alles Lebendige den Odem der Götter teilte. In den alten Zeiten, in denen der Schamane oft genug Zeit und Ruhe gehabt hatte, um sich ganz zu versenken, war er oft vollkommen in dem Gefühl aufgegangen, seinen Atem mit dem der ganzen Welt zu verbinden.
    Genau das versuchte er, und zwar immer und immer wieder. Aber irgendetwas störte ihn. Es wollte ihm einfach nicht gelingen, in den richtigen Atemrhythmus zu kommen. Wenn er einatmete, hüpften seine Gedanken davon wie ein Kiesel, den man in einem flachen Winkel aufs Wasser warf, und beim Ausatmen stieß er die Luft zu flatterig aus, ungefähr so wie ein löchriger Blasebalg.
    Schließlich musste er den Versuch abbrechen. Fast widerwillig öffnete er die Augen und legte den Kopf in den Nacken, um nach oben zu starren. Das Blätterdach der Bäume war so dicht, wie er es auch in Erinnerung hatte, aber die riesigen grauschwarzen Monolithen, die er zu sehen geglaubt hatte, gab es gar nicht. Er starrte in jede

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