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Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bot sich ihr ein ganz anderes Bild.
    Statt seine Waffe zu ziehen, hatte Larkar die Hände in die Hüften gestemmt und starrte in das Tal hinab, das sich vor ihnen auftat. Es war auch gar nicht unbewohnt. Mitten in der Talsohle befand sich ein reetgedecktes Langhaus, dessen Dach tief heruntergezogen und das selbst mit massiven Stämmen erbaut war, und dahinter standen ein paar deutlich kleinere Häuser mit Flechtwänden, die ebenfalls Reetdächer trugen. Einen überdachten Lehmbackofen gab es, einen Feuerplatz und daneben eine Mulde, in der allerlei Gerätschaften lagen.
    Ein verlassenes Dorf, so nahe am See? Arri verstand das nicht. Ihr Blick versuchte dem, was sie da sah, jedes noch so kleine Detail zu entreißen. Sie kannte auch schon andere Ortschaften wie diese, hatte immer und immer wieder einzelne Langhäuser gesehen, die nur von wenigen Nebengebäuden umgeben waren, oder auch größere Dörfer, in denen mehrere Langhäuser standen, manchmal in offener Formation, manchmal aber auch wehrhaft geschlossen. In jedem dieser Häuser konnten ein paar Dutzend Menschen wohnen, und für gewöhnlich lebten sie dort im Winter mit ihrem Vieh. So vermochten sich Tier und Mensch gegenseitig so viel Wärme wie möglich zu spenden.
    Das alles war auch gut und richtig so. Aber doch nicht hier, gar nicht weit vom See entfernt und ganz in der Nähe des Steinbruchs mit seinen Monolithen. Wie konnte es nur sein, dass Arri nichts von der Existenz dieses Dorfes wusste?
    »Was ist das … hier?«, fragte Larkar.
    Arri zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich war noch nie hier.«
    Larkar hatte allerdings gar keine Antwort abgewartet, sondern war schon einmal losgehumpelt. Seine Bewegungen wirkten gleichermaßen eckig wie flüssig, jetzt aber vor allem sehr energisch. Obwohl ihm Arri gleich folgte, hatte sie große Mühe, ihn einzuholen.
    »Du verschweigst mir etwas«, sagte Larkar, als sie auf gleicher Höhe mit ihm war.
    »Warum sollte ich das?«, gab sie knapp zurück.
    Larkar zuckte mit den Schultern. Die Haare auf seiner unverbrannten Seite flatterten im Wind, der ihnen vom Dorf aus scharf entgegenblies. »Das weiß ich nicht.«
    Mehr sagte er nicht, aber in seinen Augen lag ein Funkeln, das Arri gar nicht gefiel.
    Sie beschloss, keine Rücksicht mehr auf ihn zu nehmen. So leichtfüßig sie konnte stürmte sie los. Ihre Bewegungen wirkten dabei eine Spur eckiger und verkrampfter als sonst, was auch kein Wunder war, nachdem sie die ganze Nacht gefesselt auf dem Steg verbracht hatte. Aber im Gegensatz zu Larkar konnte sie kurzfristig noch ein wenig schneller werden.
    Als sie den Rauch hinter dem Langhaus aufsteigen sah, begriff sie, dass dies nicht unbedingt eine gute Idee gewesen sein musste. Sie war wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass das Dorf unbewohnt sein würde. Aber was nun, wenn das nicht zutraf?
    »Warte auf mich«, rief ihr Larkar hinterher, und das hätte sie wahrscheinlich auch getan, wenn er es ihr nicht nachgerufen hätte. Sie war es langsam leid, sich bevormunden zu lassen.
    Mit jedem Schritt, den sie dem Dorf mit wehendem Rock geradezu entgegenflog, fühlte sie sich unbehaglicher. Rauch. Ja. Sie hatte sich nicht getäuscht. Hinter dem Langhaus stieg tatsächlich eine dünne, kaum wahrnehmbare, fast weiße Säule auf, die vom Wind zerrissen wurde. Vielleicht war es Birkenholz, das da verbrannt wurde, denn sie meinte einen leicht süßlichen Geruch wahrzunehmen.
    Ihre Augen jagten den Weg entlang, glitten über die kleineren Häuser hinweg und wieder zum Langhaus zurück. Sie nahm immer mehr Einzelheiten wahr, die ihr zunächst entgangen waren. Auf der linken Seite, gleich unterhalb eines recht steil ansteigenden Hanges, lag ein halb zerstörter hölzerner Eimer im Gras, und nicht weit davon entfernt ein zerschlissenes Seil. Das passte ins Bild. Auf dem Weg spross Unkraut, und dazwischen lag allerlei Unrat, Tonscherben, abgenagte Knochen, Vogelfedern, abgesplitterte Holzstücke, und mittendrin sogar ein paar Bronzenägel und etwas, das wie ein Armreif aussah.
    Was mochte hier geschehen sein? Arri konnte sich nicht vorstellen, dass hier noch jemand wohnte, sonst hätte zumindest der Brunnen in einem deutlich besseren Zustand sein müssen. Aber es sah aus, als wären die Bewohner Hals über Kopf geflohen. Irgendetwas musste geschehen sein, dass sie sogar so wertvolle Gegenstände wie Schmuck und Nägel zurückgelassen hatten. Und noch merkwürdiger schien, dass in der Zwischenzeit niemand hier gewesen war,

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