Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe
dich zu reißen?«
Rar blinzelte. »Was … ich …«
»Taru hat mir berichtet, du seist der neue Gehilfe eures Schmieds«, unterbrach ihn Amar. »Das ist nicht viel mehr als der Dreck unter meinem Fingernagel.«
Rar öffnete den Mund, schloss ihn dann jedoch wieder und starrte beschämt zu Boden.
»Aber tröste dich«, sagte Amar gut gelaunt. »Wenn du erst einmal selbst die unter allen Völkern so hochgeachtete Stellung des Schmieds bekleidest, kannst du gerne mitreden. Aber bis dahin hast du zu schweigen, wenn unsereins«, er zeigte erst auf sich, dann auf Taru, »miteinander redet.«
Arri nahm die Demütigung des Schmiedejungen nur am Rande wahr. Ihr Blick irrte über die Rückseite des Hauses, die vom Flackern des Feuers in ein unruhiges Licht getaucht wurde. Es sah genauso aus wie von vorne, mit dem gleichen Dach, das tief über die massive Holzwand aus Eichenbohlen gezogen war. Der einzige Unterschied war, dass es hier keine Tür gab.
Was aber war dann mit Larkar geschehen? Arri hatte bis jetzt angenommen, dass er noch im letzten Augenblick hatte entkommen können. Das wäre ihm aber nur möglich gewesen, wenn es irgendwo ein weiteres Schlupfloch in der Hauswand gegeben hätte, durch das er in die Freiheit hätte gelangen können.
»Auch du darfst mit uns reden«, wandte sich Amar deutlich freundlicher an Arri. »Aber wie ich deinem Blick entnehme, bist du an ganz anderen Dingen interessiert.«
»Was?« Arri zuckte zusammen und wandte sich zu dem jungen Hohepriester von Goseg um. »Was hätten wir denn zu besprechen?«
»Vielleicht das, was mit dem Mann geschah, der dich bei deiner dreisten Flucht unterstützt hat«, antwortete Amar. »Mein neuer Freund Taru hat mir davon erzählt. Und es scheint ihn sehr erzürnt zu haben, dass du dich ausgerechnet mit einem seiner ältesten Freunde verbündet hast.«
Arri hätte vor Wut aufschreien können. Amar hatte eine Art, das Wort an sich zu reißen, die sie nicht nur durcheinanderbrachte, sondern die auch deutlich werden ließ, wie wenig sie noch ausrichten konnte.
Aber es ging nicht darum, ob sie sich klein und hilflos fühlte. Eher darum, die Flucht fortzusetzen, die ein vorläufiges Ende gefunden hatte. Und dann Kyrill …
»Schade«, durchbrach Amar ihren Gedankengang. »Fast hätte ich geglaubt, du seist an einem aufrichtigen Gespräch mit mir interessiert. Aber deine Gedanken sind wohl bei diesem«, er sah Taru fragend an, und dieser beeilte sich zu antworten:
»Bei Larkar.«
»Bei Larkar, ja genau«, er seufzte. »Es heißt, er sei ein Speerträger ohne Speer. Und er humpele.« Er strich sich durch den Bart, eine Geste, die wohl genauso zu ihm gehörte wie die Art, mit seinen Worten das Gegenüber zu verunsichern. »Ist das auch der Mann, dem zuliebe du Dragosz getötet hast?«
Arri starrte ihn entgeistert an. Die Funken des Feuers zu ihrer Linken stoben auf, und als sie hinüberblickte, sah sie, wie zwei Männer in schwarzen Gewändern gebratene Rebhühner von einer Halterung nahmen, die ungewöhnlicherweise aus Metall gefertigt sein musste, sonst hätte sie doch unweigerlich Feuer gefangen.
»Willst du mir nun antworten«, hakte Amar nach, »oder schweigst du zum Zeichen, dass du deine Schuld anerkennst – und Larkar dein Komplize war?«
Arris Kopf ruckte wieder zu Amar herum. Sie und Larkar sollten sich also nicht nur schon länger kennen, sondern auch gemeinsam geplant haben, ihren Liebsten aus dem Weg zu räumen? Das war … einfach zu ungeheuerlich.
»Ja, natürlich, entschuldige«, sagte Amar, der ihren Blick zum Feuer wohl missgedeutet hatte. »Du musst hungrig sein. Selbstverständlich darfst du aber erst etwas essen, nachdem du deine abscheulichen Verbrechen gestanden hast.«
Arri schnappte nach Luft. Die Formulierung war so ungeheuerlich, dass es selbst ihr das Wort verschlug.
Ganz anders als Taru, der die Rolle des Kleinkinds offensichtlich konsequent weiterzuspielen gedachte.
»Ich fürchte, diese Einladung wird die Drude nicht annehmen können«, sagte er kühl. »Wir werden sie jetzt nämlich wieder in Fesseln legen und mit uns nehmen.« Er wandte sich an Rar. »Ruf Franwar und die anderen. Sag ihnen, dass wir aufbrechen.«
»Nicht ganz so hastig, mein Freund«, erwiderte Amar in fast gelangweiltem Ton. »Ich glaube, wir haben da noch das eine oder andere zu besprechen.«
»Ja, das denke ich auch.« Arris Blick war inzwischen weitergeschwenkt. Ihre Augen hatten die Spuren verfolgt, die die beiden Wagen in den Boden
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