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Die Hintertreppe zum Quantensprung

Die Hintertreppe zum Quantensprung

Titel: Die Hintertreppe zum Quantensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Peter Fischer
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Beiträgen, dessen Ideen vorzustellen. Das gilt nicht nur für die Relativitätstheorie und ihr Verständnis von Raum und Zeit, Born bringt dem Leser auch Einsteins statistische Theorien nahe, die vielleicht weniger bekannt sind, aber umso wirksamer geworden sind. In der Entwicklung von Lasern haben sie zum Beispiel Anwendung gefunden.
    Einer von Borns Schülern, der kürzlich im hohen Alter verstorbene Edward Teller, hat in den 1980er-Jahren die Idee eines mit Röntgenlasern bestückten Verteidigungsschirms entwickelt, den die amerikanische Regierung unter Präsident Ronald Reagan im Rahmen einer Strategic Defense Initiative (SDI) zu errichten drohte. Born wäre über solch eine Anwendung von Wissenschaft entsetzt gewesen. Überhaupt fand er es unfassbar, dass sich Physiker wie Oppenheimer und Teller in Waffenprogramme einbinden ließen. Vor allem Tellers Engagement empfand Born als derart inhuman und unerträglich, dass er sich weigerte, das Land zu betreten, in dem sein Schüler lebte.
    Born kritisierte an der modernen Entwicklung vor allem das Fehlen der Vernunft. Er hielt zum Beispiel die Pläne der Weltraumbehörden und die Organisation einer Reise zum Mond »für einen Triumph des Verstandes und eine Tragik der Vernunft«, wobei Born gerne allgemein formulierte: »Der Verstand unterscheidet zwischen möglich und unmöglich. Die Vernunft unterscheidet zwischen sinnvoll und sinnlos. (…) Es ist Zeit, dass die Vernunft auf den Plan tritt, um das, was heute möglich ist, noch rechtzeitig auf das Sinnvolle zu beschränken.«

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Niels Bohr (1885–1962)
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Der gute Mensch von Kopenhagen
    Am Anfang seines Films Notorious (Berüchtigt) zeigt Alfred Hitch cock eine fröhliche Abendgesellschaft. Der Zuschauer sieht zu nächst vom oberen Ende einer weitläufi gen Treppenflucht auf viele Gruppen gutgelaunter Menschen, die sich zuprosten. Die Kamera taucht dann in den Festsaal ein und bewegt sich durch die lachende Menge auf ein merkwürdiges Detail zu, einen Schlüssel nämlich, den jemand fest in der Hand hält. Kommen des Unheil deutet sich an.
Die klassische Physik bot einem Betrachter zu Beginn des
    20. Jahrhunderts das gleiche Bild wie diese Festgesellschaft. Ein gro ßes Gebäude war errichtet worden, und man hatte viel erreicht. Auf den ersten Blick fügte sich scheinbar alles gut zusammen, und die ungefährdete Stellung konnte gefeiert werden. Und doch! Wer näher kam und hinsah, bemerkte Unstimmigkeiten. Erste Zweifel an grundlegenden Überzeugungen tauchten auf. Jemand hielt in der Tat einen Schlüssel in der Hand, mit dem er gerade auf dem Höhepunkt der Feier und der allgemeinen Zuversicht, eine Hintertür geöffnet hatte, um den Störfaktor einzu lassen, der schließlich das Gebäude der klassi schen Physik zum Einsturz bringen sollte. Nur wenige Wissen schaftler bemerkten sofort, wie ernst die Bedrohung war. Es dauerte noch zwölf Jahre, bevor der heute als Quantum der Wir kung bekannte Stör faktor in den Mittelpunkt des Interesses ge rückt wurde – und zwar durch einen Dänen, der in einer engli schen Industriestadt zugange war.
    Niels Bohr aus Kopenhagen arbeitete im Frühjahr 1912 bei Ernest Rutherford in Manchester. Der neuseeländische Physi ker hatte im Jahr zuvor mit seinen Versuchen ermittelt, wie ein Atom gebaut ist. Den Experimenten zufolge musste es einen massiven Atomkern geben, der von einer Hülle aus Elektronen umgeben war. Diese Vorstellung fügte sich nicht in das Verständnis der herkömmlichen Physik. Nach deren Gesetzen konnten Ru therfords »Saturn-Atome« nicht dauerhaft existieren, sie würden zusammenstürzen. Bohr löste dieses Grundproblem mit »einer kleinen Idee«, wie er es bescheiden nannte. Er erklärte die Stabilität der Materie, in dem er ein dem gewohnten Denken fremdes Element in seine Überlegungen einführte: den Störfaktor namens Quanten, dem Max Planck im Jahre 1900 eine Tür geöffnet hatte.
    Bohrs Trilogie Über den Aufbau der Atome und Moleküle er schien 1913. Mit ihr begann die Entwicklung der Atomphysik, die Bohr fünfzig Jahre lang bestimmen sollte – als Wissenschaftler und als Mensch. Seine Vorstellungen vom Atom beschleunigten den durch das Wirkungsquantum eingeleiteten Umsturz der Physik, der in den 1920erJahren unter großen Schmerzen vollzogen wurde. Eine neue Mechanik entstand, die Quantenmechanik, die sich bis heute in allen Belangen bewährt hat. Es gibt kein Experiment, das ihr widerspricht.
    Die Quantenmechanik be schreibt die atomare

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