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Die Hintertreppe zum Quantensprung

Die Hintertreppe zum Quantensprung

Titel: Die Hintertreppe zum Quantensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Peter Fischer
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Eliot an dem in Princeton angesiedelten Institute for Advanced Studies mit Forschern zusammenzubringen – mit dem Ziel, die Naturwissenschaft in der westlichen Kultur zu verorten. In diesem berühmten Institut, in dem auch Einstein arbeitete, wirkte somit Borns Geist weiter, als dies in Deutschland nicht mehr möglich war.
Noch mehr Biografisches
    Die frühen 1930er-Jahre müssen Born Mühe gemacht haben. Der Nobelpreis ging an ihm vorbei, seine Frau Hedi, die er 1913 geheiratet und die ihm drei Kinder geboren hatte, verkündete, ihn verlassen zu wollen – sie zog zu ihrem Geliebten und begann, Sonette zu schreiben –, und die Nazis zwangen ihn 1933 seiner jüdischen Herkunft wegen, den Göttinger Lehrstuhl aufzugeben. Aber Born hielt das alles aus. Er blieb seiner Frau treu, die bald wieder zu ihm zurückkam, und er kehrte nach 17-jähriger, vor allem im schottischen Edinburgh verbrachter Abwesenheit als britischer Staatsbürger nach Deutschland zurück, um in der Nähe von Göttingen, in Bad Pyrmont, seinen Lebensabend zu verbringen. Und in die schwedische Hauptstadt hat er es ja auch noch geschafft. Dabei muss er sich wirklich glücklich gefühlt haben.
Die Interpretation der Quantensprünge
    Wie gesagt, der Nobelpreis ist Born für die Interpretation der Quantenmechanik verliehen worden, und damit ehrte man ihn für seine frühzeitige Erkenntnis, dass es nur so etwas wie statistische Gesetzmäßigkeiten im Reich der Atome gibt. Bekanntlich hat der große Einstein dies als Eingeständnis von Hilflosigkeit gedeutet. Seiner Überzeugung nach gilt, dass der liebe Gott nicht würfelt, wobei er diese berühmte Formulierung wohl zum ersten Mal in einem Brief an Born benutzt, der das Datum vom 4.12.1926 trägt.
    Der Briefwechsel zwischen Born und Einstein umfasst die Jahre von 1916 bis 1955, und es gibt einige Ausgaben von ihm, die zum Teil mit Kommentaren von Born bereichert sind. Was das Würfeln angeht, so stellt sich Born eindeutig gegen Einstein, wenn er dessen Irrtum in aller Klarheit anspricht. »Einstein war fest überzeugt, dass uns die Physik Kenntnisse von der objektiv existierenden Außenwelt liefere. Mit vielen anderen Physikern bin ich langsam durch die Erfahrungen im Gebiete der atomaren Quantenerscheinungen dazu bekehrt worden, dass das nicht so ist, dass wir nur in jedem Zeitpunkt eine rohe, angenäherte Kenntnis der objektiven Welt haben und aus dieser nach bestimmten Regeln, den Wahrscheinlichkeitsgesetzen der Quantenmechanik, auf unbekannte (z.B. zukünftige) Zustände schließen können.« Mit anderen Worten, Born brachte in seinem (heute Allgemeingut gewordenen) Verständnis der Quantenphysik endgültig die Bahnen zum Verschwinden, die Niels Bohr in seinem Atommodell noch zugelassen hatte. Aus dinghaften Elektronen wurden formbare Aufenthaltsbereiche, die mit einer berechenbaren Wahrscheinlichkeit versehen waren. Im Inneren der Welt gab es keine realen Gegenstände mehr. Dort gab es nur noch eine Art von Gewebe, das sich stets bereit zeigte, aus seinen Möglichkeiten eine aktuelle Wirklichkeit zu zimmern – und zwar dann, wenn jemand in einem Experiment danach fragte. Mit Borns Deutung erreichen wir tatsächlich »das Ende einer Welt, in der es noch Gewissheit gab«, wie seine Biografin Nancy Greenspan es ausgedrückt hat. Es gibt dafür einfach zu viele Quantensprünge – wobei dies allerdings gewiss ist.
Physik im Wandel der Zeit
    Vor seinem Weggang aus Göttingen hatte Born einen großen Einfluss als Lehrer der Physik ausgeübt. Die eindrucksvolle und lange Liste seiner Schüler schließt unter anderem Edward Teller und Robert Oppenheimer ein, die beide maßgeblich an der Entwicklung von Kernwaffen beteiligt waren. Born hat diese Ausnutzung der Physik aus einer humanen – humanistischen – Grundeinstellung heraus sehr bedauert und viele Aufsätze geschrieben, um auf die Gefahren hinzuweisen, die ein Missbrauch der Wissenschaft mit sich bringen kann. Sie sind als Sammelband mehrfach unter dem Titel Physik im Wandel meiner Zeit erschienen und nach wie vor lesenswert. Wer sich ihnen zuwendet, wird erkennen, was für eine radikale Revolution sich in seiner Wissenschaft vollzogen hat und welch ungeheuren Umbruch sie für unser Weltbild bedeutet.
    Die Texte beginnen eher harmlos mit Überlegungen »Über den Sinn der physikalischen Theorien«, wundern sich zwischendurch über die Frage »Ist die klassische Physik tatsächlich deterministisch?« und drücken nicht zuletzt »Die Hoffnung auf

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