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Die Hintertreppe zum Quantensprung

Die Hintertreppe zum Quantensprung

Titel: Die Hintertreppe zum Quantensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Peter Fischer
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Phosphoratom, das in das ursprüngliche Gitter aus Silizium eingebaut wird, vermag ein Elektron freizugeben. Dieser Ladungsträger kann nun das Leitungsband des Kristalls leichter erreichen, der jetzt als dotiert bezeichnet wird – in dem Fall ist Silizium mit Phosphor dotiert. Umgekehrt lässt sich auch ein Element einfügen, dass statt der vier nur drei Außenelektronen hat wie etwa Aluminium. Das führt dann dazu, dass bei dieser Dotierung eine Art Loch entsteht, das sich aber auch bewegen kann. Es verschiebt sich so, wie dies ein leerer Platz in der Mitte einer Sitzreihe tut, wenn die Menschen von außen ein- bzw. nachrücken. Wenn ein Elektron zu viel vorhanden ist, sprechen die Physiker wegen dessen negativer Ladung von einem n-dotierten Halbleiter, und wenn ein Elektron zu wenig da ist und ein Loch entsteht, ist von einem p-dotierten Halbleiter die Rede. Und wenn auch jeder einzeln für sich nicht gerade als Wunderwerk anzusehen ist, so kann man mit einer geeigneten Kombination aus n- und p-Halbleitern – pnp oder npn zum Beispiel – die Welt verändern. Der Transistor ist nämlich eine solche Kombination. Der Weg zu ihm beginnt im Oktober 1947.
Der Transistor
    In diesem Monat nahmen Bardeen und Brattain bei Bell Kontakt mit einem dritten Physiker auf, dem aus London stammenden William Shockley, an dem sich bis heute die Geister scheiden. Für viele gilt Shockley als der Moses von Silicon Valley, der durch seinen unternehmerischen Geist die Grundlagen der amerikanischen Computerindustrie legte. Andere erinnern sich an seine genetischen oder besser rassistischen Eskapaden, in denen er in den 1960er-Jahren beweisen wollte, dass Afroamerikaner statistisch minder intelligent sind als Amerikaner europäischen Ursprungs.
    Auf jeden Fall war es Shockley, der die Zusammenarbeit des Trios aus Bardeen, Brattain und ihm selbst zuwege brachte, die noch im Dezember 1947 zur Erfi ndung des Transistors führte. Ihr sollte neun Jahre später die Verleihung des Nobelpreises an alle drei Wissenschaftler folgen. Zwar stammt der Gedanke, einen Verstärker mithilfe des Halbleiters Silizium zu konstruieren, von Shockley, aber in seinem 1950 erschienenen Buch Electrons and Holes in Semiconductors , Elektronen und Löcher in Halbleitern, hält er im Vorwort fest, dass die eigentliche Entdeckung ohne ihn zustande gekommen sei. Sie sei allein Bardeen und Brattain zu verdanken, wobei Bardeen die zündende Idee gehabt und Brattain über das Geschick verfügt habe, sie umzusetzen. Wir wollen die Bescheidenheit anerkennen, aber zugleich anmerken, dass es mindestens einen Beitrag von Shockley gab, nämlich seinen Anfang Dezember 1947 gemachten (und gut begründeten) Vorschlag, das Silicium durch einen anderen Halbleiter namens Germanium zu ersetzen. Mit diesem Material konnten etwas robustere Anordnungen hergestellt werden, die es ermöglichten, am 16. Dezember 1947 zum ersten Mal etwas zu präsentieren, das wir heute einen Transistor nennen.
    Das 1948 geprägte Wort »Transistor« vereint die beiden englischen Begriffe transfer und resistor – Übertrag und Widerstand – und bezeichnet einen Widerstand, der durch einen Strom steuerbar ist. Die einzelnen Schritte, die Bardeen und Brattain im Dezember 1947 unternahmen, und das genaue Design ihres Prototyps, der fachlich korrekt als Spitzentransistor bezeichnet wird, müssen wir an dieser Stelle leider übergehen. Sie haben viel mit der Verteilung von Ladungen an Oberflächen und ihrem theoretischen Verständnis zu tun, sodass ihre Beschreibungen zu viel Platz erfordern würde. Entstanden ist bei allem zuletzt eine Anordnung von dotierten Halbleitern in drei Schichten mit unterschiedlich dotierten Nachbarn, was entweder die Kombination pnp oder die Folge npn ergibt. Wenn alle drei Schichten Anschlüsse für elektrischen Strom haben, kann man die Schaltungen so einrichten, dass ein Signal entweder gestoppt oder verstärkt wird. Das Unterbrechen des Stroms ist einfach zu verstehen und erfolgt dann, wenn die ihn ausmachenden Elektronen auf eine n-dotierte Schicht treffen. Spannender wird es, wenn die Gegenrichtung eingeschlagen wird, dabei Elektronen auf Löcher treffen und beide sich zusammenfinden (rekombinieren) können. Hierbei kann Energie frei werden, sogar als sichtbares Licht, was in Leuchtdioden ausgenutzt wird.
    Seine eigentliche (verstärkende) Funktion bekommt der Transistor, wenn etwa in einer npn-Anordnung ein kleiner Strom auf die mittlere Schicht geleitet wird. Sie wird

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