Die Hintertreppe zum Quantensprung
wiederbeleben, bevor er aus dem Koma erwachte. Sein Leben war für einige Jahre gerettet, aber nach Schweden konnte er nicht mehr reisen. Der Preis kam dafür zu ihm nach Moskau. Das hat ihm immerhin noch ein Lächeln abringen können.
Acht Erben
1
John Bardeen (1908–1991)
----
Der Unbekannte mit zwei Nobelpreisen
John Bardeen ist der einzige Physiker, der zwei Nobelpreise für das von ihm vertretene Fach der Physik bekommen hat, und die erste Auszeichnung ist ihm 1956 für die Erfi ndung bzw. Entwicklung eines elektronischen Bauelements namens Transistor zuerkannt worden. Transistoren haben eine Revolution in der Kommunikation ausgelöst – zunächst in Form der kleinen Transistorradios, die sich jeder leisten und überallhin mitnehmen konnte. Transistoren können aber mehr, und sie werden inzwischen in unvorstellbaren Stückzahlen hergestellt und massenhaft in Computer eingebaut, und dabei übertreffen sie in dieser Hinsicht jede andere von Menschen produzierte Funktionseinheit bei Weitem. Doch trotz dieses unvergleichlichen Erfolges ist der aus Madison in Wisconsin stammenden Amerikaner außerhalb der wissenschaftlich orientierten Kreise kaum jemandem bekannt, selbst in seinem Heimatland gibt es da Schwierigkeiten. Denn als Bardeen 1972 zum zweiten Mal nach Stockholm eingeladen wurde, um vom schwedischen König nochmals die goldumrahmte Urkunde (und den Scheck) für die begehrteste Auszeichnung der Wissenschaft entgegenzunehmen – diesmal für seine grundlegenden Beiträge zu einer Theorie der Eigenschaft von leitfähigen Materialien, bei tiefen Temperaturen jeglichen elektrischen Widerstand aufzugeben und einen Strom endlos und ohne jeden Verlust fl ießen zu lassen (Supraleitung) –, stellte ihn eine Zeitung seines Landes mit der Überschrift »John Who?« vor.
Die Anfänge
Die Frage nach Bardeens Person darf man seit einigen Jahren nicht mehr stellen, denn im 21. Jahrhundert gibt es nunmehr eine Biografi e des True Genius der modernen Physik – also des Wahren Genies –, in der Lillian Hoddeson und Vicke Daitch Leben und Wissenschaft von John Bardeen beschreiben. Dieser wurde knapp einhundert Jahre vor dem Erscheinen des Buches als Sohn eines Anatomieprofessors und einer Lehrerin geboren und seine überragende Intelligenz machte sich schon früh in der Schule bemerkbar. Der junge John übersprang mehrere Klassen und wurde bereits mit 15 Jahren an der in seiner Geburtsstadt gelegenen Universität von Wisconsin zum Studium der Elektrotechnik zugelassen, das er mit Vorlesungen in Physik und Mathematik ergänzte.
Das anfängliche Interesse, das Bardeen am Technischen zeigte, ist verständlich, wenn man sich erinnert, dass es in der Mitte der 1920er-Jahre große Ölfirmen wie die 1907 gegründete Gulf Oil Company waren, die das Denken nicht nur der akademischen Jugend im Mittleren Westen beeinflussten. So träumte auch der Teenager John davon, ein Ingenieur zu werden – »to be an engineer«. Nachdem er seine ersten Studien 1929 als Master of Science abgeschlossen hatte, übernahm er folgerichtig von 1930 bis 1933 eine Stelle in den Forschungslaboratorien der genannten Ölfirma in Pittsburgh (Pennsylvania), um in dieser Position Methoden zu erarbeiten und geophysikalische Zusammenhänge zu erfassen, die dem Auffi nden und Ausnutzen von neuen Ölfeldern dienen sollten.
So gut dies auch funktionierte, da gab es noch etwas anderes. Denn während dieser praktischen Jahre hatte sich immer stärker die Kunde von der neuen Physik der Quantensprünge verbreitet, die vor Kurzem in Europa verstanden worden war und allmählich Bardeen lockte. Er wechselte nach Princeton in New Jersey, um an dem dortigen berühmten Institute for Advanced Studies, an dem bis zu seinem Tod auch Einstein tätig war, eine Doktorarbeit in theoretischer Physik anzufertigen. Sein Lehrer war der aus Budapest stammende, in Fachkreisen hochgeschätzte und 1963 mit dem Nobelpreis geehrte Eugene Wigner. Er lenkte Bardeens Interesse gezielt auf die Physik von Festkörpern (vor allem von Kristallen und Metallen), die man damals unter Berücksichtigung der Quantennatur von Elektronen und Energien vorsichtig zu entwickeln begann. Bardeen versuchte in seinem ersten eigenen Beitrag, die Leitfähigkeit von Metallen mit der Quantentheorie in den rechnerischen Griff zu bekommen, und er machte dabei erste Erfahrungen mit einem theoretischen Konzept, das bald allgemein und umfassend in der Physik fester Körper eine Rolle spielen sollte.
Gemeint
Weitere Kostenlose Bücher