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Die Hintertreppe zum Quantensprung

Die Hintertreppe zum Quantensprung

Titel: Die Hintertreppe zum Quantensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Peter Fischer
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Möglichkeiten, bis es plötzlich Klick machte. Da stand sie auf einmal auf dem Papier, die ersehnte Gleichung. Endlich konnten die Theoretiker beschreiben, was in Supraleitern physikalisch passieren muss, um Elektronenpaare, erstens, entstehen zu lassen (mithilfe des Gitters, das bei tiefen Temperaturen eigene Kräfte entwickelt) und, zweitens, aufrechtzuerhalten (durch eine neue Art von Statistik, die kollektive Bewegungen ohne Abschwächung erlaubt). Als sich die fertige Theorie nach einigen arbeitsintensiven Monaten allen Zweifel gewachsen zeigte und sich zudem herausstellte, dass sie Vorhersagen gestattete, die im Experiment geprüft werden konnten – etwa über den Wärmetransport in Supraleitern –, fühlte sich Bardeen auf Wolke sieben und verkündete stolz auf dem Campus: »Wir wissen jetzt, wie Supraleitung funktioniert.«
    Blochs Erstes Theorem war damit widerlegt. Bardeen konnte sich ganz entspannt seinem Lieblingssport widmen und Golf spielen – und auf den zweiten Anruf aus Stockholm warten. Der kam im Oktober 1972, Bardeen war noch zu Hause. Als er sodann sein Auto holen wollte, um die frohe Botschaft persönlich an der Universität zu verbreiten, funktionierte der Garagenöffner nicht. Gerüchten zufolge soll in der Elektronik ein Transistor versagt haben.

2
John A. Wheeler (1911–2008)
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Der Vater der Schwarzen Löcher
    Als John Archibald Wheeler hochbetagt – fast 100-jährig – im Jahre 2008 starb, ging der letzte Physiker von uns, der noch mit Albert Einstein und Niels Bohr persönlich die Frage nach der Bedeutung der Quanten und der Natur der physikalischen Wirklichkeit diskutieren konnte. Denn von 1938 an arbeitete er fast vier Jahrzehnte an dem legendären Institute for Advanced Studies in Princeton (New Jersey), an dem auch Einstein tätig war, und im dem Jahr, in dem der Zweite Weltkrieg begann, kam auch Bohr an diese Institution. Eigentlich hatte der Däne geplant, sich möglichst ausführlich mit Einstein zu unterhalten, aber er verbrachte dann zunächst viel mehr Zeit mit dem jungen Amerikaner Wheeler, der in Florida zur Welt gekommen war, in Baltimore studiert und in seiner Doktorarbeit eine neue mathematische Methode, die sogenannte S-Matrix, in die Kernphysik eingeführt hatte. Wheeler und Bohr erörterten immer wieder die gerade in Berlin gelungene Kernspaltung und ihre energetische Deutung durch Lise Meitner. Sie modellierten dabei den Atomkern wie eine Flüssigkeit, die in Tropfenform vorliegt und wie solch ein Gebilde platzen kann. Auf diese Weise konnten sie das geeignete Uranisotop identifizieren, mit dem nach Beschuss mit langsamen Neutronen eine Kettenreaktion in Gang kommen kann, in deren Verlauf eine gigantische Menge an Atomenergie freigesetzt wird.
    Man spricht bei Atomen von Isotopen, wenn es verschiedene Formen eines Elements gibt, deren Kerne zwar die gleiche Anzahl an Protonen, aber verschieden viele Neutronen enthalten. Isotope reagieren dank ihrer Elektronen chemisch gleich, sie lassen sich aber physikalisch beispielsweise durch ihre Massen trennen. Mit ihrer gemeinsamen Analyse konnten Bohr und Wheeler 1939 die theoretischen Voraussetzungen liefern, die den Weg für das bald – nach Einsteins Empfehlung an den amerikanischen Präsidenten Franklin Roosevelt – in Auftrag gegebene Manhattan-Projekt bereiteten. An dessen raschem Ende war eine Atombombe einsatzfähig und wurde über Japan abgeworfen. Während viele Physiker nach dem Zweiten Weltkrieg ihren Beitrag zum Bau der »Super«, wie sie von ihren Entwicklern genannt wurde, rückwirkend in Zweifel zogen und sich moralisch erschüttert zeigten, bedauerte der Unitarier Wheeler, der sich zu einem liberalen Christentum bekannte, etwas ganz anderes. Ihn ärgerte, dass die Atombombe erst so spät zum Einsatz gekommen war. Hätte man den Kriegsgegnern ihre dramatische Wirkung ein Jahr früher demonstriert, wäre es seiner Ansicht nach möglich gewesen, den Krieg zeitiger zu beenden und auf diese Weise Millionen von Menschenleben zu retten. Dazu muss man wissen, dass Wheeler seinen Bruder Joe schmerzlich vermisste, der noch im letzten Kriegsjahr sein Leben verloren hatte.
Verrückt
    1939 war bekanntlich für die Welt allgemein ein wichtiges (negatives) Datum. Das Jahr hat es aber speziell für John Wheeler (positiv) in sich, da er damals mit Bohr eine Person traf, die ihn ungeheuer beeindruckt haben muss, wie er einmal in einem Gespräch gestanden hat: »Man kann über Buddha, Jesus, Moses oder Konfuzius wie

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