Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis

Titel: Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
Vom Netzwerk:
Konrad.«
     
    »Bier«, sagte Franz Pawlak zu der Rothaarigen hinter dem Tresen und kletterte auf den Barhocker.
    Das Süßholzgeraspel bei der offiziellen Trauerfeier zu Ehren seines toten Chefs hatte ihm dermaßen gelangt, dass er sich die Beerdigung geschenkt hatte und von der Akademie der Künste schnurstracks in den Tiergarten marschiert war. Dort war er so lange herumgelaufen, bis er restlos durchgefroren und deprimiert gewesen war. Und wie immer, wenn er restlos durchgefroren und deprimiert war, hatte er beschlossen, in den Puff zu gehen. Er hatte sich die BZ gekauft und war unter der Rubrik Diverses auf folgende Anzeige gestoßen:
    »Neu! Drei Zuckerschnecken in Tiergarten -
    Danny griffig, Biggi stark behaart, Evi naturheiße Nymphe -erwarten Sie rund um die Uhr in gepflegter Atmosphäre.«
    Franz schaute sich in dem Laden um. Offensichtlich war er der einzige, der dem Ruf der Anzeige gefolgt war. Mit der gepflegten Atmosphäre mussten die rotbefransten Lampenschirme und die nagelneuen Resopal-Polyester-Sitzgruppen gemeint sein. Aus zwei Lautsprechern dudelte deutscher Schlager. Von den Zuckerschnecken war weit und breit nichts zu sehen.

    Es gab Puffs, die waren einfach nur schäbig. Erster Höllenkreis. Dann gab es Puffs, die waren schäbig, obwohl sie neu waren. Zweiter Höllenkreis. Und schließlich gab es Puffs, die waren schäbig, neu und ausgestorben. Das war so schlimm, dass es mit Hölle schon gar nichts mehr zu tun hatte.
    In der hintersten Sitznische, wo der Durchgang zu den Zimmern zu sein schien, entdeckte Franz einen Mann. Er hockte über einen Stapel Papiere gebeugt und hackte ungeduldig auf seinen Taschenrechner ein. Der Chef des Hauses rechnete.
    Franz hatte sich gerade zu dem Entschluss durchgerungen, aufzustehen und es bei den grenzenlosen Polenmodellen zwei Straßen weiter zu versuchen, als die Rothaarige ihm das Bier vor die Nase knallte. Er machte den Mund auf und wieder zu. Es war ja doch alles egal.
    Halbherzig trank er einen Schluck von dem schlampig gezapften Schultheiß. Er hoffte, die Zuckerschnecken würden alles andere ebenso schnell zapfen, auf dass er diesen Ort schleunigst verlassen konnte. Grimmig wischte er sich den Schaum vom Bart.
    »Na, Bärchen, ham wir uns das Fell bekleckert?« Eine spindeldürre Schwarzhaarige war in dem Glasperlen-Durchgang aufgetaucht und stakste den Tresen entlang. Danny griffig konnte sie kaum sein, und das Alter von Evi naturheiße Nymphe hatte sie eindeutig hinter sich.
    Franz klammerte sich fester an sein Schultheiß. Warum konnte das Leben niemals ein kleines bisschen nett zu ihm sein? Warum bescherte es immer ihm die Biggis stark behaart?
    Mit einem knappen Hinternkick schwang sich die Schwarzhaarige auf den Barhocker neben ihm. Auch wenn Franz es sich noch nicht eingestehen wollte - in seiner Hose merkte es auf angesichts der Eleganz, mit der Biggi das steile Sitzgerät eingenommen hatte.

    »Unser Bärchen ist doch nicht zum Biertrinken hergekommen?«, gurrte sie und strich ihm um den Bart. »Ich glaub, ich weiß, was unser Bärchen will.« Sie lachte laut. »Stimmts, du bist ein ganz ein vernaschtes Bärchen?«
    Franz entwand sich ihrem Griff. »Willst du was trinken?«, fragte er, bevor sie auf die Idee kam, ihren weinroten Spaghettiträgerfummel auszuziehen, einen Zipfel anzuspucken und ihm damit den Mund abzuwischen. War er Winniethe-Pooh oder was? Warum, oh warum nur, mussten sich immer die verhinderten Kinderkrankenschwestern auf ihn stürzen? Die aufmunternde Wirkung, die Biggi in seinem Lendenbezirk gehabt hatte, war dahin.
    »Schamm-pann-ja«, hauchte sie ihm ins Ohr, »aber nur, wenn du mittrinkst.«
    Er wandte sich schroff ab. »Verarschen kann ich mich auch alleine.«
    Es dauerte eine Weile, bis Biggis auf nett frisiertes Hirn begriff. Ihr Lächeln verschwand, als hätte es ein plötzlicher Windstoß weggefegt. Sie sprang vom Barhocker.
    »Hey, du Spinner«, schrie sie Franz an, »vielleicht kannste dir ja dann auch alleine einen blasen.«
    Sie reckte trotzig das Kinn und drehte sich auf dem Absatz um.
    »Komm, ich hab das nicht so gemeint.« Franz fasste sie am Arm. Sie war wirklich dünn. Und die starke Behaarung musste sich auf Zonen beschränken, die man noch nicht sah. »Ich kauf dir einen Champagner.« Jetzt, wo Biggi wütend war, gefiel sie ihm schon viel besser. Er machte der Rothaarigen, die die Szene verfolgt hatte, ein Zeichen.
    »Schampanja hamwer nur flaschenweise«, klärte diese ihn auf und bückte sich nach dem

Weitere Kostenlose Bücher