Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis
gelassen hat. Das Schlimme ist, dass sie mich im Kinderzimmer eingeschlossen und den Schlüssel für immer mitgenommen hat.«
Jenny Mayer fasste sich an ihr kobaltblaues Montana- Kostüm und begann zu knöpfen. Unter der Jacke kam nur noch ein weißer Spitzen-BH. Unter dem Rock strapste und strumpfte es passend weiter. Mit langen Schritten bewegte sie sich auf den Schreibtisch zu, um den Schreibtisch herum und ging vor dem Mann, der reglos dahinter hockte, in die Knie. Routiniert griff sie nach seiner Gürtelschnalle.
»Nicht.« Es war der erste Laut, den Doktor Olaf Wössner von sich gab, seitdem Jenny Mayer mit dem Striptease begonnen hatte.
»Was ist los, willst du jetzt plötzlich nicht mehr oder was?«
»Nein. - Doch.« Hektisch nestelte Wössner an seinem Gürtel herum, bis er ihn keusch verschlossen hatte. »Aber so geht es nicht.«
Die Blonde kam wieder hoch und stützte sich mit einer Hand seitlich auf dem Schreibtisch ab. »Bist du impotent?«
Wössner riss die Korrespondenzmappe, auf die sich Jenny gestützt hatte, unter ihrer Hand weg. »Es geht nicht, wenn du auf mich zukommst wie eine in diesen billigen Sekretärinnen-Pornos.«
Achselzuckend ging Jenny Mayer zu der Ledercouch zurück, wo ihre Kleider lagen. »Ich dachte, Männer wie du stehen auf die Sekretärinnen-Nummer.« Sie setzte sich, schlug die Beine übereinander und streckte ihre Arme rechts und links auf der Rückenlehne aus. »Also gut. Wenn
Blasen dem Herrn nicht genehm ist, was soll ich dann machen?«
Wössner starrte auf die oberste Schreibtischschublade, als habe er dort einen Spickzettel mit der Antwort versteckt.
»Wir könnens auf der Couch treiben«, schlug Jenny Mayer grinsend vor. »Wenn das gute Stück Robert verkraftet hat, wird es dich ja wohl auch tragen.« Sie klopfte ein paar Mal auf die lederne Rückenlehne.
Wössners Augen waren rot, als er endlich wieder aufblickte. »Glaub bloß nicht, dass ich es mit dir treiben werde.« Er sprach sehr leise und hastig.
»Wie bitte?«
»Robert hat es nur mit dir getrieben, weil du dich auf ihn gestürzt hast.«
»Sag mal, was soll das denn jetzt?« Jenny nahm die Arme von der Rückenlehne.
»Du hast ihn ausgesaugt.«
»Bist du total übergeschnappt?« Während ihr Mund noch nach dem passenden Ausdruck suchte, schlüpften ihre Arme bereits in die Jackenärmel. »Du bist ja nicht ganz dicht.« Auch die Beine hatten den Rock gefunden. »Ich gehe.«
»Für diesmal.«
»Ach. Und warum sollte ich wiederkommen?«
»Weil du Robert auf dem Gewissen hast. - Und weil du mir dafür bezahlen wirst.«
Kyra ließ ihre Handtasche auf den Boden fallen und streckte sich. Sie war so fertig, dass sie nicht einmal mehr Lust auf einen Gute-Nacht-Drink hatte. Die Vorstellung, Zähne zu putzen oder sonstige Kosmetik zu betreiben, erschien ihr geradezu absurd. Sie hatte Schuhe und Hose fallen lassen, als das Telefon klingelte.
Kyra stieß ein kleines Winseln aus und schüttelte den Kopf. Das Telefon hörte nicht auf zu klingeln. Der Anrufbeantworter schien neuerdings die Nachtschicht zu verweigern.
Mit schwerem Seufzen schleppte sie sich ins dunkle Wohnzimmer und tastete nach dem Hörer.
»Hallo?«
»Wer war die Tussi, mit der du heute im Café gesessen hast?« Kleine-grüne-Görenstimme.
Kyra stöhnte. »Oh nee. Was willst du denn schon wieder.«
»Ich will wissen, wer die Schlampe war.«
»Isabelle, ich bin scheißmüde, lass mich in Ruhe.«
»Hat sies dir besser besorgt als ich?« Giftiges Fauchen.
»Was ist los?«
»Tu nicht so beschissen unschuldig. Ich hab euch heute Nachmittag beobachtet. Hätte ja nicht mehr viel gefehlt, und du hättest der Tussi schon im Café an die Titten gegrapscht.«
»Lass mich in Ruhe.«
»Sag mir, wer die Tussi ist.«
Kyra gähnte. »Gibts noch was Wichtiges? Ansonsten leg ich nämlich auf.« Sie hörte Isabelle am anderen Ende der Leitung schnaufen. »Also. Tschüs dann«, sagte sie.
»Nein. Halt. Leg nicht auf.« Die Stimme klang plötzlich ganz anders. Verzweifelt. Naiv. »Warum bist du so komisch zu mir? Was hab ich falsch gemacht?«
Kyra musste trotz Müdigkeit lachen. »Oh Mädchen, du machst so ungefähr alles falsch, was eine im Leben falsch machen kann.«
»Was hab ich bei dir falsch gemacht?«
»Isabelle, jetzt hör mal gut zu. Dass ich nix von dir will, hat nix mit dir persönlich zu tun. Du warst bestimmt ganz große Klasse. Ehrlich. Aber ich steh nu mal nicht auf Mädels.«
»Da hat mir dein hässlicher Freund heut aber
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