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Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis

Titel: Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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heftig in den Aschenbecher, dass es auf der anderen Seite wieder heraussprang.
    »Das stimmt. Es bekommt mir nicht.« Nike Schröder legte das Streichholz sorgfältig in den Aschenbecher zurück.
    »Muss sich verdammt gut anfühlen, so erhaben zu sein.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Immer durch die Welt zu laufen, als hätte man das Drehbuch vorher schon gelesen.«
    »Welches Drehbuch?«
    »Was weiß ich. Den Text, den sich diese höheren Idioten da oben für uns ausgedacht haben.«
    »Glauben Sie, dass da oben höhere Idioten sind?« Nike Schröder zeigte mit dem Finger vorsichtig aufwärts.
    »Vielleicht ist es auch einfach nur ein großer, großer Rechner mit Drehbuchprogramm, der sich langweilt.«
    »Nein. Nein. Das glaube ich nicht.«
    Beide Frauen schwiegen, bis der Kellner die Getränke brachte. Kyra kippte ihren Wodka in einem Zug hinunter. »Bringen Sie mir gleich noch einen.«
    Schweigen, die zweite.
    »Und? Hats Ihnen gefallen?« Kyras Stimme war rau, als hätte sie bereits zwanzig Wodka getrunken. Sie knallte das Glas auf den Tisch.
    »Es war sehr interessant.« Nike Schröder schien mit den Gedanken noch woanders zu sein.
    Kyra zog an ihrer Zigarette. Ihre Finger zitterten. »Verdammt, können Sie diesen Höhere-Tochter-Scheiß nicht wenigstens mal fünf Minuten sein lassen? Wir waren zusammen in einem Sektionssaal. Nicht im Kupferstichkabinett. Also erzählen Sie mir bitte nicht, dass es interessant war.«
    »Es war aber interessant«, beharrte Nike. Sie dachte einen Moment nach. »Oder haben Sie vorher schon gewusst,
dass die Leber eines Menschen so groß und gelb werden kann?«
    »Hab ich«, knurrte Kyra und setzte das Glas an, das der Kellner soeben vor sie hingestellt hatte. Sie trank. Und trank. Am liebsten hätte sie getrunken, bis sie vergaß, dass es so etwas wie eine Welt überhaupt gab.
    »Haben Sie die alte Frau gekannt?«
    »Wie bitte?« Kyra runzelte die Stirn.
    »Die alte Frau, der Sie über den Kopf gestreichelt haben.«
    »Was reden Sie da für Quatsch?« Kyra setzte das Glas an, das bereits lange leer war.
    »Ich habe es aber gesehen.« Die hellen Augen ruhten auf ihr. Nicht unfreundlich.
    »Nein«, sagte Kyra leise. Und stellte das Glas ab. »Ich habe diese Frau nicht gekannt.«
    »Sie müssen sich nicht schämen. Es ist ja nichts Schlimmes dabei.«
    Bitteres Lachen. »Wie überaus tolerant von Ihnen.«
    »Ich habe mich nur gewundert. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie Leichen mögen.«
    Kyra schlug mit der Hand auf die marmorne Tischplatte. »Jetzt halten Sie aber mal die Luft an. Ich mag keine Leichen. Ich - ich -« Sie verschmierte den Kreis, den das geeiste Wodkaglas hinterlassen hatte. »Es hat mich nur an früher erinnert. Meine Mutter war Pathologin. Das ist alles.«
    »Ihre Mutter war Pathologin? Das ist ja interessant.«
    »Ich will nicht darüber reden.« Kyra winkte in Richtung Tresen.
    »Aber warum denn nicht?«
    Die Kleine hatte einen unglaublichen Kinderblick. Aber keinen von den beleidigten. Beleidigt heruntergezogene Kinderfressen ließen Kyra nach dem nächsten Küchenmesser suchen. Dieser Blick war offen. Rein. Gegen ihren Willen musste Kyra lächeln.
    »Als ich klein war, hat mich meine Mutter öfter mal in
den Sektionssaal mitgenommen. Wenn das Kindermädchen keine Zeit hatte. Sie hat mich dann in eine Ecke gehockt, mir die Bauklötzchen hingestellt und selbst zu schlitzen begonnen.«
    Der nächste Wodka kam an den Tisch.
    »Wirklich? Sie mussten als Kind Ihrer Mutter beim Sezieren zugucken? Igitt.« Die Kleine verzog das Gesicht.
    »Was heißt da mussten? Ich fands okay.«
    »Und Ihr Vater? Hätte sich nicht Ihr Vater um Sie kümmern können?«
    »Ich hatte keinen Vater.«
    »Oh.« Zum ersten Mal an diesem Nachmittag sah Nike Schröder ernsthaft schockiert aus.
    Kyra musste lachen. »Glauben Sie mir, ich bin großartig ohne Alten durchs Leben gekommen.«
    »Aber haben Sie denn nie einen Vater vermisst?«
    »Ich hatte ja meine Mutter. Und die Leichen.« Kyra lachte noch einmal. »Das ist doch viel aufregender als so ein Vater.«
    »Und wie war das?«
    »Was?«
    »Das Leben ohne Vater.«
    »Wie soll das schon gewesen sein? Ich war halt allein mit meiner Mutter.« Kyra fuhr mit dem Zeigefinger über den vereisten Glasrand. Eine Runde. Zwei Runden. Drei Runden. Die dünne Eisschicht war weg. Es gab einen leisen Ton. »Meine Mutter war eine besondere Frau.« Vier Runden. Fünf Runden. Ein hohes Wimmern. »Tote aufzuschneiden, war ihre ganze Leidenschaft. ›Ex-Leben‹,

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