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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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wegen seiner sehr klaren Vorstellung von der Funktionsweise einer Geheimgesellschaft. Aber man kann glänzende organisatorische Ideen und sehr konfuse Ziele haben. Mit einem Wort, der Herzog von Braunschweig sah sich plötzlich gezwungen, die Konfusion zu verwalten, die der Baron von Hund hinterlassen hatte, und begriff, dass es in der deutschen Freimaurerei nun mindestens drei einander bekämpfende Strömungen gab: die esoterisch-okkultistische, inklusive einiger Rosenkreuzer, die rationalistisch-aufklärerische und die anarchisch-revolutionäre der Illuminaten. So schlug er den verschiedenen Logen vor, sich in Wilhelmsbad bei Hanau zu einem ›Konvent‹ zu treffen, wie man das damals nannte, wir könnten auch sagen: zu einer Versammlung der freimaurerischen Generalstände. Folgende Fragen sollten beantwortet werden: Entspringt der Orden wirklich einer uralten Initiationsgemeinschaft und wenn ja, welcher? Gibt es wirklich Unbekannte Obere, Wächter der uralten Überlieferung, und wenn ja, wer sind sie? Was ist das wahre Ziel des Ordens? Ist sein Endziel die Wiederherstellung des Ordens der Templerritter? Und so weiter, bis hin zu der Frage, ob sich der Orden mit Geheimwissenschaften beschäftigen sollte. Willermoz machte begeistert mit, endlich sollte er Antworten auf die Fragen bekommen, die er sich sein Leben lang inbrünstig gestellt hatte ... Und dann kam der Fall de Maistre.«
    »Welcher de Maistre?« fragte ich. »Joseph oder Xavier?«
    »Joseph.«
    »Der Reaktionär?«
    »Nun, wenn er Reaktionär war, war er's nicht gründlich genug. Er war neugierig. Bedenken Sie, dass dieser treue Sohn der katholischen Kirche genau in dem Moment, als die Päpste anfingen, Bullen gegen die Freimaurer zu erlassen, in eine Loge eintrat, unter dem Namen Josephus a Floribus. Ja, er näherte sich den Freimaurern bereits 1773, als ein päpstliches Schreiben die Jesuiten verurteilte. Natürlich näherte sich ein Mann wie de Maistre den Logen vom Schottischen Ritus, das ist klar, er war kein bürgerlicher Illuminist im Sinne der Aufklärung, sondern ein Illuminé – und bitte beachten Sie den Unterschied, denn die Italiener nennen die Jacobiner Illuministen, während man in anderen Ländern mit demselben Ausdruck die Anhänger der Tradition bezeichnet, es ist schon wirklich ein kurioses Durcheinander ... «
     
    Agliè nippte an seinem Cognac, zog ein Etui aus fast weißem Metall hervor, entnahm ihm Cigarillos von ungewöhnlicher Form (»Die beziehe ich direkt aus London«, sagte er, »von derselben Firma wie die Zigarren, die Sie neulich bei mir zu Hause probiert haben. Bitte, bedienen Sie sich, die sind ganz vorzüglich ... «) und blickte versonnen in die Ferne, während er weitersprach.
    »Tja, de Maistre ... Ein Mann von exquisiten Manieren, ihm zuzuhören war ein Genuss. Und er hatte sich große Autorität in den Kreisen der Eingeweihten erworben. Jedoch in Wilhelmsbad enttäuschte er die Erwartungen aller. Er schickte einen Brief an den Herzog, worin er die templerische Herkunft der Freimaurerei entschieden verneinte, desgleichen die Existenz der Unbekannten Oberen und die Nützlichkeit der esoterischen Wissenschaften. Er tat das aus Treue zur katholischen Kirche, aber mit Argumenten der bürgerlichen Aufklärung. Als der Herzog den Brief im Kreise Vertrauter vorlas, wollte es keiner glauben. Weiter erklärte de Maistre, der Zweck des Ordens sei lediglich eine spirituelle Läuterung und die traditionellen Zeremonien und Riten dienten einzig dazu, den mystischen Geist wachzuhalten. Er lobte die neuen Symbole der Freimaurerei, behauptete aber, ein Bild, das mehrere Dinge zugleich darstelle, stelle gar nichts mehr dar. Was nun freilich – entschuldigen Sie – ganz eindeutig im Widerspruch zur gesamten hermetischen Tradition steht, denn ein Symbol ist umso machtvoller und bedeutsamer, je vieldeutiger und flüchtiger es ist, was würde sonst aus dem Geiste des Hermes, des Gottes mit den tausend Gesichtern? Was die Templer betraf, so sagte de Maistre bündig, ihr Orden sei im Geiste der Habsucht gegründet und von der Habsucht zerstört worden, das sei alles. Der Savoyarde konnte nicht vergessen, dass der Orden mit Billigung des Papstes zerschlagen worden war. Nie darf man sich auf die katholischen Legitimisten verlassen, so glühend ihre hermetische Neigung auch sein mag. Auch seine Antwort auf die Frage nach den Unbekannten Oberen war lächerlich: Es gebe sie nicht, und der Beweis dafür sei, dass wir sie nicht kennten.

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