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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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ganz anderes ist.«
    »Ist es besser?«
    »Es ist das beste. Sehen Sie, Pater, Sprengstoffe werden jeden Tag neue erfunden, und einer funktioniert schlechter als der andere. Da war mal ein Offizier des Königs – des legitimen, meine ich –, der sich als großer Kenner aufspielte und mir die neueste Erfindung empfahl, das Pyroglyzerin. Er wusste nicht, dass es nur durch Erschütterung funktioniert und sich deshalb schwer zur Detonation zu bringen lässt, weil man mit einem Hämmerchen draufhauen müsste und dann als erster in die Luft fliegen würde. Hören Sie auf mich, Pater, wenn Sie wirklich mal jemand in die Luft sprengen wollen, dann gibt es nichts Besseres als das gute alte Schwarzpulver. Und dann, ja, dann ist es eine Pracht.«
    Meister Ninuzzo schaute entzückt, als gäbe es auf der Welt nichts Schöneres. Zu der Zeit maß Simonini seinen Phantastereien noch nicht viel Bedeutung zu. Aber später, im Januar, sollte er sich ihrer erinnern und sie in neuem Licht sehen.
    Denn nachdem er hin und her überlegt hatte, wie er die Kontobücher der Expedition in die Hände bekommen könnte, sagte er sich: Entweder sind die Bücher hier in Palermo, oder sie werden hier wieder sein, wenn Nievo aus Mailand zurück ist. Danach wird Nievo sie übers Meer nach Turin mitnehmen müssen. Also ist es sinnlos, ihm Tag und Nacht auf den Fersen zu sein, denn so werde ich den Tresor nicht finden, und wenn doch, kann ich ihn nicht öffnen. Und wenn ich ihn finde und öffne, kommt es zu einem Skandal, Nievo zeigt das Verschwinden der Bücher an, und es könnte passieren, dass meine Auftraggeber in Turin beschuldigt werden. Und die Sache könnte auch dann nicht stillschweigend über die Bühne gehen, wenn ich es schaffen würde, Nievo mit den Büchern zu überraschen und ihm ein Messer in den Rücken zu stoßen. Ein Leichnam wie der von Nievo wäre in jedem Fall ein Problem. Die Bücher sollen in Rauch aufgehen, haben sie mir in Turin gesagt. Aber dann müsste auch Nievo mit in Rauch aufgehen, und zwar so, dass angesichts seines Verschwindens (das als ein natürlicher Unfall erscheinen müsste) das Verschwinden der Bücher in den Hintergrund treten würde. Also das Gebäude der Militärverwaltung in die Luft sprengen? Zu auffällig. Es bleibt nur eine Lösung: Nievo verschwinden zu lassen, mitsamt den Büchern und allem, was bei ihm ist, während er sich von Palermo nach Turin begibt. Bei einer Tragödie auf See, bei der fünfzig bis sechzig Personen ertrinken, wird niemand denken, das alles sei angezettelt worden, um vier Kladden aus der Welt zu schaffen.
    Gewiss eine phantasievolle und kühne Idee, aber wie es scheint, war Simonini an Alter und Weisheit gereift, und die Zeiten der kleinen Spielchen mit Kommilitonen an der Uni waren vorbei. Er hatte den Krieg gesehen, sich an den Tod gewöhnt, zum Glück den der anderen, und hatte ein reges Interesse daran, nicht in jenen Festungen zu landen, von denen Negri di Saint Front gesprochen hatte.
    Natürlich musste Simonini über dieses Projekt lange nachgedacht haben, auch weil er ja gar nichts anderes tun konnte. Einstweilen beriet er sich mit Meister Ninuzzo, während er ihm leckere Mahle anbot.
    »Meister Ninuzzo, Sie werden sich fragen, warum ich hier bin, und ich sage Ihnen, ich bin hier auf Anordnung des Heiligen Vaters, um das Reich der beiden Sizilien wiederherzustellen.«
    »Pater, ich bin der Ihre, sagen Sie, was ich tun soll.«
    »Nun denn, an einem Tag, dessen Datum ich noch nicht weiß, soll ein Dampfer von Palermo zum Festland ablegen. Dieser Dampfer wird einen Tresor an Bord haben, in welchem Befehle und Pläne zur endgültigen Vernichtung der Autorität des Heiligen Vaters und zur Verleumdung unseres Königs liegen. Dieser Dampfer muss sinken, bevor er Turin erreicht, und weder Menschen noch Dinge dürfen sich retten.«
    »Nichts leichter als das, Pater. Man benutzt eine ganz neue Erfindung, die anscheinend die Amerikaner gemacht haben. Ein sogenanntes ›Kohle-Torpedo‹. Eine Bombe, die wie ein Stück Kohle aussieht. Man versteckt sie zwischen den echten Kohlen, mit denen der Kessel des Dampfers befeuert wird, und sobald das Torpedo in den Kessel gelangt und genügend erhitzt ist, kommt es zur Explosion.«
    »Nicht schlecht. Aber das Ding müsste im richtigen Moment in den Kessel geworfen werden. Das Schiff darf nicht zu früh und nicht zu spät explodieren, das heißt nicht gleich nach dem Ablegen und nicht erst kurz vor der Ankunft, weil es dann alle sehen würden.

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