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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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bin!« und belohnte sich mit weiteren Gläsern Absinth, bis er unter den Tisch kullerte.
    Aufregend war es, sich das toxikologische Laboratorium der Freimaurer in Neapel vorzustellen, wo die Gifte präpariert wurden, die den Feinden der Logen verabreicht werden sollten. Batailles Meisterwerk war das, was er ohne irgendeinen chemischen Grund das Manna nannte: Man setzt eine Kröte in eine Vitrine voller Vipern und Nattern, füttert sie nur mit giftigen Pilzen, gibt Fingerhut und Schierling dazu, lässt die Tiere verhungern und bespritzt die Leichen mit einem Schaum aus pulverisiertem Kristall und Wolfsmilch, tut dann das Ganze in einen Destillierkolben, entzieht ihm die Feuchtigkeit auf kleiner Flamme, trennt schließlich die Asche der Leichen von den nicht brennbaren Pulvern und erhält so nicht nur ein, sondern zwei Gifte, ein flüssiges und eines in Pulverform, beide gleichermaßen tödlich.
    »Ich sehe schon vor mir, wie viele Bischöfe sich über diese Seiten begeistern werden«, freute sich Taxil und kratzte sich zwischen den Beinen, wie er es in Momenten großer Befriedigung tat. Und er sprach aus Erfahrung, denn zu jedem neuen Heft der Serie Le Diable bekam er Briefe von Kirchenfürsten, die ihm zu seinen mutigen Enthüllungen gratulierten, mit denen er so vielen Gläubigen die Augen öffne.
    Manchmal griffen wir auch auf Diana zurück. Nur sie konnte die Arcula Mystica des Großmeisters von Charleston erfinden, eine kleine Truhe, von der es nur sieben Exemplare auf der ganzen Welt gab: Wenn man sie öffnete, sah man einen silbernen Trichter ähnlich dem Schalltrichter eines Jagdhorns, aber kleiner; links davon war ein Seil aus zusammengedrehten Silberfäden, dessen eines Ende an dem Gerät befestigt war und am anderen eine Art kleiner Glocke trug, die man sich ins Ohr stecken konnte, um die Stimmen derer zu hören, die an einem der sechs anderen Exemplare der Arcula sprachen. Rechts von dem Trichter saß eine silberne Kröte, aus deren geöffnetem Maul kleine Flämmchen kamen, wie um zu bestätigen, dass die Kommunikation funktionierte, und sieben kleine goldene Statuen repräsentierten sowohl die sieben Kardinaltugenden der palladistischen Skala als auch die sieben freimaurerischen Leitmaximen. So konnte der Großmeister in Charleston, indem er auf eine der Statuen drückte, so dass sie in ihrem Sockel versank, seinen Gesprächspartner in Berlin oder in Neapel an das Gerät rufen. Befand sich der Gerufene gerade nicht vor seiner Arcula, verspürte er einen warmen Wind im Gesicht und raunte zum Beispiel: »In einer Stunde bin ich bereit«, und dann quakte die Kröte in der Arcula des Großmeisters laut: »In einer Stunde.«
    Anfangs hatten wir uns noch gefragt, ob die Geschichte nicht ein bisschen allzu grotesk war, auch weil ja schon vor vielen Jahren ein gewisser Meucci sich sein Telettrofono oder Telephon , wie man heute sagt, hatte patentieren lassen. Aber diese netten Spielzeuge waren damals nur etwas für reiche Leute, unsere Leser kannten sie wahrscheinlich noch gar nicht, und eine sensationelle Erfindung wie die Arcula bewies eine zweifellos diabolische Inspiration.
    Mal trafen wir uns im Hause von Taxil, mal in Auteuil; ein paarmal hatten wir uns auch in die Höhle von Bataille gewagt, aber die penetrante Geruchsmischung, die dort herrschte (billiger Fusel, ungewaschene Wäsche und seit Wochen verdorbene Speisen), riet uns von diesen Sitzungen ab.
     
    * * *
     
    Eines unserer Probleme war, wie wir den General Albert Pike charakterisieren sollten, den Großmeister der Universalen Freimaurerei, der von Charleston aus die Geschicke der Welt lenkte. Aber nichts ist unerhörter als das schon Publizierte.
    Kaum hatten wir mit der Publikation des Diable au XIXe siècle begonnen, erschien der erwartete Band von Msgr. Meurin, dem Erzbischof von Port-Louis (wo zum Teufel war das?), La Franc-Maçonnerie, Synagoge de Satan , und Dr. Bataille, der fließend Englisch sprach, hatte während seiner Reisen ein Buch namens The Secret Societies gefunden, das 1873 in Chicago erschienen war und von einem General John Phelps stammte, der ein erklärter Gegner der Freimaurerlogen war. Wir brauchten nur zu wiederholen, was in diesen beiden Büchern über General Pike stand, um das Bild dieses Großen Alten zu zeichnen, der Großmeister und -priester des weltweiten Palladismus war, vielleicht auch Mitbegründer des Ku-Klux-Klan und beteiligt an dem Komplott, das zur Ermordung Abraham Lincolns geführt hatte. Wir

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