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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Venantius zu entziffern.
     
    I n der Tür begegneten wir Malachias. Er schien überrascht von unserer Anwesenheit im Hospital und machte Anstalten, wieder zu gehen. Severin sah ihn von innen und fragte: »Suchst du mich? Ist es wegen...« Er unterbrach sich mit einem raschen Blick zu uns. Malachias zwinkerte ihm verstohlen zu, als wollte er sagen: »Warte bis später...« Wir strebten hinaus, er strebte hinein, wir standen zu dritt auf der Schwelle.
    »Ich suchte den Bruder Botanikus«, erklärte der Bibliothekar recht überflüssigerweise. »Ich... ich habe Kopfweh.«
    »Das kommt gewiss von der stickigen Luft in der Bibliothek«, meinte William. »Ihr solltet Inhalationen machen.«
    Malachias bewegte die Lippen, als wollte er noch etwas sagen, unterließ es aber, senkte den Kopf und trat ein, während wir hinausgingen.
    »Was mag er bei Severin wollen?« fragte ich William, als wir allein waren.
    »Adson«, wies mich mein Meister ungeduldig zurecht, »lerne endlich, mit deinem eigenen Kopf zu denken!« Dann wechselte er das Thema: »Wir müssen jetzt ein paar Mönche verhören. Vorausgesetzt« – er blickte forschend über den Hof– »dass sie noch am Leben sind. Apropos Leben, wir sollten von jetzt an gut darauf achten, was wir zu uns nehmen. Iss immer nur aus der gemeinsamen Schüssel, trink nur aus dem Krug, der allen zugänglich ist! Nach Berengars Ende sind wir nun diejenigen, die am meisten wissen – außer natürlich dem Mörder...«
    »Gewiss, Meister. Aber wen wollt Ihr jetzt verhören?«
    »Du wirst bemerkt haben, Adson, dass die interessantesten Dinge hier immer nachts geschehen. Nachts wird gestorben, nachts wird ins Skriptorium geschlichen, nachts werden Frauen in die Abtei geschleust... Wir haben eine Abtei bei Tage und eine Abtei bei Nacht, und die nächtliche ist entschieden interessanter. Deswegen interessieren uns alle, die sich hier nachts herumtreiben, angefangen mit jenem Manne, den du bei dem Mädchen gesehen hast. Vielleicht hat die Geschichte mit diesem Mädchen gar nichts mit unserer Giftgeschichte zu tun, vielleicht aber doch. In jedem Fall mache ich mir Gedanken über den Mann. Er weiß sicher noch einiges mehr über das nächtliche Treiben an diesem Ort... Und sieh da, kaum spricht man vom Teufel...«
    Er deutete auf Salvatore, der gerade über den Hof kam und uns gleichfalls gesehen hatte. Ich bemerkte ein leichtes Stocken in seinem Gang, als wollte er die Richtung ändern, um die Begegnung mit uns zu vermeiden. Es war indes nur ein kurzer Moment, dann wurde ihm klar, dass er uns nicht mehr ausweichen konnte, und er kam beherzt auf uns zu, nicht ohne uns mit breitem Grinsen ein salbungsvolles Benedicite ! zu entbieten.
    Mein Meister ließ ihn kaum ausreden: »Weißt du, dass morgen die Inquisition kommt?«
    Salvatore blinzelte sichtlich verwirrt und fragte mit dünner Stimme: »Et moi?«
    »Und du tust besser daran, mir die Wahrheit zu sagen, mir, der ich dein Freund und ehemaliger Mitbruder bin, statt sie morgen denen sagen zu müssen, die du sehr genau kennst.«
    So hart angegangen, schien Salvatore jeden Widerstand aufzugeben. Jedenfalls sah er William mit unterwürfiger Miene an, als wollte er ihm bedeuten, dass er nun alle Fragen beantworten werde.
    »Heute Nacht war eine Frau in der Küche. Wer war bei ihr?«
    »Oh, femina mala que se vende como mercandia, no può bon essere, nix gut, kein' Moral«, lamentierte er.
    »Ich habe dich nicht gefragt, ob sie ein braves Mädchen ist, sondern wer bei ihr war!«
    »Mon Dieu, combien les femmes sont pleines de malveci scaltride! Alles Giftschlangen, Vipern und Nattern, denken nur giorno e notte como ruinar el hombre...«
    William packte ihn hart an der Brust: »Wer war bei ihr, du oder der Cellerar?«
    Salvatore begriff, dass er die Wahrheit nicht länger verschweigen konnte. So begann er umständlich, uns eine merkwürdige Geschichte zu erzählen, aus der wir mit Mühe entnahmen, dass er, um den Cellerar zu befriedigen, ihm gelegentlich Mädchen aus dem Dorf zuführte, die er heimlich zur Nachtzeit in die Abtei einschleuste auf Wegen, über welche er uns keine Auskunft erteilen wollte. Dafür schwor er uns Stein und Bein, er tue das alles aus reinster Gutmütigkeit, ja, er stimmte sogar ein komisches Klagelied über die Tatsache an, dass es ihm nicht vergönnt sei, bei diesen Unternehmungen selber ein wenig auf seine Kosten zu kommen und von den Mädchen, nachdem sie dem Cellerar Genüge getan, auch noch etwas zu haben. Dabei grinste

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