Die historischen Romane
zufällig über die Predigten zu den Weibern des Dominikaners Humbert von Romans meditierte, insbesondere über jenes Kapitel Ad mulieres pauperes in villulis , worin er sagt, dass die Frauen in den Dörfern aufgrund ihrer Armut mehr als andere der fleischlichen Sünde zugetan sind. An einer bemerkenswerten Stelle heißt es: › Peccant enim mortaliter, cum peccant cum quocumque laico, mortalius vero quando cum Clerico in sacris ordinibus constituto, maxime vero quando cum Religioso mundo mortuo.‹ Du weißt besser als ich, dass auch an so heiligen Orten wie diesem hier der Mittagsdämon mit seinen Versuchungen stets auf der Lauer liegt, und so habe ich mich gefragt, ob du bei deinen Kontakten mit den Dörflern nicht womöglich erfahren hast, dass einige Mönche – Gott behüte! – eventuell einige Mädchen zu unkeuschem Treiben verführt haben könnten.«
Obwohl mein Meister all diese Dinge in eher zerstreutem Ton und wie beiläufig sagte, wird der geneigte Leser sicher begriffen haben, in welch tiefe Verwirrung sie den armen Cellerar stürzten. Ich kann nicht sagen, ob er tatsächlich erbleichte, doch ich erwartete es so heftig, dass ich ihn erbleichen sah.
»Du fragst mich Dinge, die ich gewiss schon dem Abt gesagt hätte, wenn ich sie wüsste«, antwortete er demütig. »In jedem Fall werde ich dir nichts verschweigen, was mir zu Ohren kommt, wenn diese Dinge, wie ich annehme, deiner Untersuchung förderlich sind... Jetzt, wo du mich darüber nachdenken lässt, fällt mir auch etwas zu deiner ersten Frage ein. In der Nacht, als der arme Adelmus starb, hatte ich eine Zeitlang im Hof hinter der Küche zu tun... wegen einer Hühnergeschichte, weißt du, ich hatte gerüchteweise gehört, dass ein gewisser Hufschmied sich nachts in den Hühnerstall schlich, um zu stehlen... Tja, und während ich da im Hof auf ihn lauerte, sah ich zufällig – von weitem, ich kann nichts beschwören – wie Berengar ins Dormitorium ging, und zwar hinter dem Chor vorbei, als wäre er gerade aus dem Aedificium gekommen... Das überraschte mich nicht besonders, denn unter den Mönchen wurde schon länger über Berengar gemunkelt, du weißt schon, was...«
»Nein, sag es mir.«
»Nun ja, Berengar wurde verdächtigt, wie soll ich sagen... gewissen Leidenschaften zu frönen, die... die nicht schicklich sind für einen Mönch...«
»Willst du mir damit andeuten, dass er Beziehungen zu Dorfmädchen unterhielt, Beziehungen wie die eben erwähnten?«
Der Cellerar hüstelte verlegen und verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen: »Oh nein... seine Leidenschaft war noch unschicklicher.«
»Meinst du etwa, dass ein Mönch, der sich fleischlich mit armen Dorfmädchen vergnügt, irgendwie schicklichen Leidenschaften frönt?«
»Das habe ich nicht gesagt. Aber du selbst lehrst doch, dass es unter den Verirrungen, wie unter den Tugenden, eine gewisse Hierarchie gibt. Das Fleisch kann gemäß der Natur versucht werden und... wider die Natur.«
»Soll das heißen, dass Berengars Leidenschaft ein fleischliches Verlangen nach Angehörigen seines eigenen Geschlechts war?«
»So jedenfalls wurde gemunkelt... Ich erzähle dir diese Dinge nur zum Beweis meiner Ehrlichkeit und meines guten Willens...«
»Und ich danke dir dafür. Auch ich bin der Ansicht, dass die Sünde der Sodomie beträchtlich schlimmer ist als andere Formen der Wollust... Formen, die ich hier gar nicht näher untersuchen will...«
»Welch ein Jammer, wenn auch sie sich bewahrheiten sollten«, sagte der Cellerar philosophisch.
»Welch ein Jammer, Remigius. Wir Menschen sind allzumal Sünder. Nie würde ich den Splitter im Auge des Bruders suchen, zu sehr fürchte ich, einen Balken in dem meinen zu haben! Aber ich werde dir danken für alle Balken, auf die du mich künftig hinweisen wirst. So werden wir uns über große und mächtige Baumstämme unterhalten und die Splitter auf sich beruhen lassen. Wie viel, sagtest du, ist ein Trabucco?«
»Sechsunddreißig Quadratfuß. Aber tu dir keinen Zwang an, frag mich ruhig weiter, wenn du etwas Präzises wissen willst. Rechne in mir auf einen treuen Freund.«
»Als solchen betrachte ich dich bereits«, sagte William herzlich. »Wie ich von Ubertin weiß, gehörtest du früher einmal zu meinem Orden. Nie würde ich einen ehemaligen Mitbruder verraten – schon gar nicht in diesen Tagen, da wir eine päpstliche Legation erwarten unter der Führung eines berüchtigten Inquisitors, der schon so viele Dolcinianer verbrannt hat.
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