Die historischen Romane
Vorabend der Fastentage zu essen pflegt, ferner Röstbrot mit Borretsch, gefüllte Oliven, überbackenen Käse, Schaffleisch mit scharfer Paprikasoße, weiße Bohnen, anschließend köstliche Süßspeisen, Sankt-Bernhard-Kuchen, Sankt-Niklaus-Plätzchen, Santa-Lucia-Äuglein, und Weine und Kräuterliköre, die selbst den gestrengen Bernard Gui in heitere Stimmung versetzten: Zitronellenlikör, Nusslikör, Süßwein gegen die Gicht und Enzianwein. Ein wahres Schlemmergelage, hätte man meinen können, wären nicht jeder Schluck und jeder Happen von frommer Lesung begleitet gewesen.
Am Ende erhoben sich alle höchst zufrieden und satt. Nur einige klagten über gewisse Beschwerden, um nicht in die Kirche gehen zu müssen. Doch der Abt sah gnädig darüber hinweg. Nicht jeder hat schließlich die Privilegien und Pflichten, die sich aus dem Beitritt zu unserem Orden ergeben.
Während die Mönche sich zur Komplet in den Chor begaben, warf ich zufällig einen Blick in die Küche, die gerade für die nächtliche Schließung aufgeräumt wurde, und sah mit einem Bündel unter dem Arm zum Garten hinaus entschlüpfen. Neugierig folgte ich ihm und rief ihn an. Zuerst versuchte er mir zu entkommen, aber dann blieb er stehen und antwortete auf meine Frage, was er da in dem Bündel habe (das sich bewegte, als wäre etwas Lebendiges darin), es sei ein Basilisk.
»Cave Basiliscum! Est le roy des serpents, tant pleno de veleno que ne rilucet totum, ringsum und um! Que dico, velenosissimum est, wann nur dran riechen tust, bistu schon tot... Hat weiße Flecken auf dorsum und caput come gallum, und geht halb dritto come li homini und halb schleich per terra come les altres serpentes. Und tut töten la bellula...«
»La bellula?«
»Si! Bestiola parvissima est, nur klein Stückel länger als Maus, aber tut hassen Maus moltissimo. Fangt Schleichen und Kröten, und wann beißt la bellula, bellula currit ad feniculam overo ad distulam und kaut distulam, weil sonst finis est con la bellula... Et dicunt que ingenera per li oculi, ma ego credo que illud essere falso.«
Ich fragte den alten Gauner, wozu er eine so giftige Schlange brauche, worauf er ausweichend sagte, das sei seine Sache. Von Neugier gepackt entgegnete ich, in diesen Tagen, nach all den Toten, gebe es keine Privatangelegenheiten mehr und ich würde es William erzählen. Das war ihm nun freilich gar nicht recht, und so bat er mich inständig um Verschwiegenheit, knüpfte eine Ecke des Bündels auf und zeigte mir eine schwarze Katze. Dann zog er mich nahe zu sich heran und erklärte mir mit obszönem Grinsen, er wolle nicht länger mit ansehen, wie der Cellerar oder ich, der eine dank seiner Macht und der andere dank seiner Jugend und Schönheit, jederzeit hübsche Bauernmädchen bekommen könnten, nur er nicht, weil er so hässlich sei und nichts zu bieten habe. Er kenne nämlich einen wundertätigen Liebeszauber, mit dem man sich jedes Frauenzimmer gefügig machen könne: Man müsse eine schwarze Katze töten und ihr die Augen ausstechen und die Augen in zwei Eier von einer schwarzen Henne tun, eins in das eine und eins in das andere (und dabei zeigte er mir zwei Eier, die er von der richtigen Henne geholt zu haben versicherte). Dann müsse man die beiden Eier in einen Pferdeapfel stecken und darin verfaulen lassen (und er habe auch schon einen bereitgelegt in einer stillen Ecke des Gartens, wo nie jemand vorbeikomme), und wenn sie faul genug seien, würden aus den zwei Eiern schließlich zwei Teufelchen ausschlüpfen, die alles für einen täten und einem alle Genüsse der Welt verschaffen könnten. Das Dumme sei nur, dass der Zauber nicht gelinge, wenn die Frau, deren Liebe man wolle, nicht vorher auf die Eier gespuckt habe, bevor man sie in den Pferdeapfel stecke, und dieses Problem mache ihm sehr zu schaffen, denn er müsse es irgendwie fertigbringen, dass die begehrte Frau heute Nacht an seiner Seite sei und ihren Beitrag zu dem Zauber leiste, natürlich ohne zu wissen, wozu er dienen sollte.
Ich fühlte plötzlich eine heiße Glut in mir aufsteigen, im Gesicht oder in den Eingeweiden, vielleicht auch im ganzen Körper, und fragte mit zittriger Stimme, ob er etwa vorhabe, in dieser Nacht das Mädchen vom Abend zuvor wieder in die Abtei zu bringen. Er lachte hämisch, meinte, ich sei ja offenbar ganz versessen auf dieses Mädchen (was ich heftig bestritt, ich hätte aus reiner Neugier gefragt), und sagte dann mit einer vagen Geste, es gäbe schließlich noch viele
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