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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Disput nach Avignon geladen, wobei man aber zu keiner Konklusion gelangt sei. Bis dann wenig später die Franziskaner in Perugia ihre bekannte Entscheidung fällten... Schließlich gehörten noch ein paar andere zur Avignonesischen Legation, darunter der Bischof von Arborea.
    Die Sitzung wurde vom Abt eröffnet, der es für angebracht hielt, die jüngsten Ereignisse zu rekapitulieren. Anno Domini 1322, so erinnerte er die hohe Versammlung, hatte bekanntlich das Generalkapitel der Minderen Brüder, in Perugia zusammengetreten unter der Führung Michaels von Cesena, nach sorgfältiger und reiflicher Überlegung erklärt, dass Christus, um ein Beispiel vollkommenen Lebens zu geben, und seine Jünger, um seinem Beispiel zu folgen, niemals irgendein Gut besessen hätten, weder als Eigentümer noch als Herren, und dass diese Wahrheit gut katholischer Glaubensstoff sei, wie man aus verschiedenen Stellen der kanonischen Schriften entnehmen könne. Weshalb es verdienstvoll und heilig sei, auf jedes Eigentum zu verzichten, und die ersten Gründer der militanten Kirche hätten sich auch an diese Heiligkeitsregel gehalten. An diese Glaubenswahrheit habe sich auch das Konzil zu Vienne im Jahre 1312 gehalten, und Anno 1317 habe der Papst Johannes selber, in seiner Konstitution über den Status der Minderen Brüder, die mit den Worten Quorundam exigit beginnt, die Beschlüsse jenes Konzils als wohlabgewogen, luzide, stichhaltig und reif bezeichnet. Mithin habe das Kapitel zu Perugia – referierte der Abt die berühmte Erklärung weiter – in der Annahme, dass als anerkannt gelten könne, was der Heilige Stuhl als gute Lehre gebilligt habe, und dass man in keiner Weise davon abweichen dürfe, nichts anderes getan, als den diesbezüglichen Konzilsbeschluss zu beglaubigen und zu besiegeln mit der Unterschrift nicht nur von Meistern der Gottesgelahrtheit wie Frater William von England, Frater Heinrich von Deutschland und Frater Arnold von Aquitanien, sämtlich Ordensminister und Provinziale, sondern auch der Fratres Nikolaus, Minister von Frankreich, und William Bloc, Bakkalaureus, sowie des Generalministers und der vier Provinzialminister Frater Thomas von Bologna, Frater Petrus von der Provinz des heiligen Franziskus, Frater Ferdinand von Castello und Frater Simon von Tours. Indessen – fügte der Abt hinzu – erließ der Papst im folgenden Jahr das Dekretale Ad conditorem canonum , gegen das Bonagratia von Bergamo Einspruch erhob, weil es seines Erachtens den Interessen des Ordens zuwiderlief, woraufhin der Papst jenes Dekretale zwar abnehmen ließ von den Toren der Hauptkirche zu Avignon, wo es angeschlagen worden war, und in mehreren Punkten erweiterte, in Wahrheit aber verschärfte, was man daran sah, dass Bonagratia kurz darauf für ein Jahr ins Gefängnis gesteckt wurde. Es war nun kein Zweifel mehr an der Entschlossenheit des Papstes möglich, denn noch im selben Jahr erließ er das mittlerweile allseits bekannte Dekretale Cum inter nonnullos , worin er die Thesen von Perugia definitiv verurteilte.
    An diesem Punkt ergriff, liebenswürdig den Abt unterbrechend, Kardinal Bertrand das Wort und sagte, es sei auch daran zu erinnern, wie Anno 1324, um die Dinge zu komplizieren und zum Ärger des Papstes, Ludwig der Bayer sich eingemischt habe mit seiner Deklaration von Sachsenhausen, in welcher er ohne vernünftigen Grund die Thesen von Perugia übernommen habe (könne doch niemand verstehen, setzte Bertrand mit feinem Lächeln hinzu, wieso der Kaiser sich so begeistert zeige von einer Armut, die er selbst keineswegs praktiziere) und in welcher er den Herrn Papst nicht nur einen Unruhestifter genannt habe und einen inimicus pacis , der Hader und Zwietracht säen wollte, sondern am Ende gar einen Häretiker, ja einen Häresiarchen!
    »Nicht direkt«, versuchte der Abt zu vermitteln.
    »Aber in der Substanz«, erwiderte trocken der Kardinal. Und eben aus diesem Grunde, nämlich um der unangebrachten Intervention des Kaisers entgegenzutreten, sei der Herr Papst dann gezwungen gewesen, das Dekretale Quia quorundam zu erlassen. Schließlich habe er Michael von Cesena dringlichst gebeten, sich zu einem Gespräch in Avignon einzufinden, aber Michael habe Entschuldigungsbriefe geschrieben, auf eine plötzliche Krankheit verwiesen (an welcher gewiss niemand zweifeln wolle) und an seiner Stelle die Brüder Johannes Fidanza und Humilis Custodius von Perugia geschickt. Wie es der Zufall indessen gewollt habe, sei der Herr Papst von den

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