Die historischen Romane
Sachen, die ein Ehemann in der Nacht macht, aber tagsüber wusste ich nicht, ob ich sie streicheln sollte wie ein kleines Kind oder sie wie eine Dame behandeln, ob ich sie ausschimpfen sollte wegen ihrer Ungeschicklichkeiten, denn sie brauchte immer noch einen Vater, oder ob ich ihr alles verzeihen sollte, auch wenn sie alles kaputt machte. Bis sie mir dann am Ende des ersten Jahres sagte, dass sie ein Kind erwartete, und von da an habe ich sie behandelt, als wär sie die Heilige Jungfrau: Wenn ich heimkam, bat ich sie um Verzeihung dafür, dass ich fortgewesen war, sonntags brachte ich sie zur Messe, damit alle sahen, dass Baudolinos gute Frau dabei war, ihm ein Kind zu schenken, und an den wenigen Abenden, die wir zusammen verbrachten, dachten wir uns aus, was wir mit dem kleinen Baudolinchen-Colandrinchen machen würden, das sie unter dem Herzen trug – eines Abends meinte sie, dass Friedrich ihm ein Herzogtum geben würde, und ich war drauf und dran, es auch zu glauben. Ich erzählte ihr vom Reich des Priesters Johannes, und sie sagte, dahin würde sie mich nicht für alles Gold der Welt allein reisen lassen, denn wer weiß, was für schöne Damen es da gebe, und sie wolle jenen Ort ebenfalls sehen, der schöner und größer sein müsse als Alexandria und Solero zusammen (Solero war ein Dorf in der Nachbarschaft). Ich erzählte ihr auch vom Gradal, und sie riss die Augen auf und sagte: Denk nur, mein Baudolino, du gehst dorthin, kommst zurück mit dem Kelch, aus dem Unser Herr Jesus getrunken hat, und wirst der berühmteste Ritter der Christenheit, du baust ein Heiligtum für diesen Gradal in Montecastello, und alle kommen, um ihn zu sehen, bis aus Quargnento ...! Wir phantasierten wie die Kinder, und ich sagte mir: Armer Abdul, du glaubst, die Liebste sei eine ferne Prinzessin, und dabei ist meine so nah, dass ich sie hinterm Ohr kraulen kann, und sie lacht und sagt, hu, das kitzelt ... Aber es hat nicht lange gedauert.«
»Warum nicht?«
»Weil gerade als sie schwanger war, da hatten die Alexandriner ein Bündnis mit Genua gegen die Leute aus Silvano d'Orba geschlossen. Es waren nur eine Handvoll Leute, aber sie machten die Gegend unsicher, überfielen die Bauern und raubten sie aus. Colandrina war an jenem Tag aus der Stadt hinaus auf die Felder gegangen, um ein paar Blumen zu pflücken, weil sie gehört hatte, dass ich kommen würde. Sie war bei einer Schafherde stehen geblieben, um mit dem Schäfer zu plaudern, der ein Mann ihres Vaters war, und da kam plötzlich eine Bande von diesen Halunken herbeigestürmt, um sich auf die Schafe zu stürzen. Vielleicht wollten sie ihr gar nichts tun, aber sie stießen sie um und warfen sie zu Boden, die Schafe stoben auseinander und überrannten sie ... Der Schäfer war Hals über Kopf davongelaufen, und so fand man sie erst am späten Abend, als man sie suchen gegangen war, und da hatte sie hohes Fieber. Guasco schickte jemanden, mich zu benachrichtigen, ich kam, so schnell ich konnte, aber inzwischen waren zwei Tage vergangen. Sie lag im Sterben, und als sie mich sah, wollte sie sich bei mir entschuldigen, denn das Kind, sagte sie, sei zu früh herausgekommen, und da sei es schon tot gewesen, und sie machte sich Vorwürfe, weil sie nicht mal imstande gewesen sei, mir einen Sohn zu schenken. Sie wirkte wie eine kleine Wachsmadonna, und ich musste das Ohr ganz nahe an ihren Mund halten, um zu verstehen, was sie sagte. Schau mich nicht an, Baudolino, sagte sie, mein Gesicht ist ganz zerknautscht vom vielen Weinen, und so findest du außer einer schlechten Mutter auch noch eine hässliche Ehefrau vor ... Noch im Sterben bat sie mich um Vergebung, während ich sie bat, mir zu verzeihen, dass ich im Moment der Gefahr nicht bei ihr gewesen war. Dann wollte ich das tote Kind sehen, aber sie wollten es mir nicht zeigen. Es war, es war ...«
Baudolino hielt inne. Er hob den Kopf und blickte nach oben, da er nicht wollte, dass Niketas seine Augen sah. »Es war ein kleines Monster«, sagte er nach einer Weile, »wie jene, die wir uns im Land des Priesters Johannes vorstellten. Das Gesicht mit kleinen Augen, die wie schräge Schlitze waren, eine spindeldürre Brust mit zwei Ärmchen, die aussahen wie Polypenarme. Und vom Bauch bis zu den Füßen bedeckt mit einem weißen Flaum wie ein Lämmchen. Ich konnte es nur kurz betrachten, dann wies ich meine Leute an, es zu begraben, aber ich wusste nicht einmal, ob man dazu einen Priester herbeirufen konnte. Ich ging aus der Stadt und
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