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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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verschaffen, nachdem er so viel davon verloren hatte.
    Wie auch immer, war es an diesem Punkt überhaupt noch sinnvoll, den Brief an Friedrich publik zu machen? Musste man ihn nicht wenigstens ändern, damit nicht alle Welt glaubte, er sei von dem an Manuel abgeschrieben worden?
     
    »Warst du über diese Geschichte auf dem Laufenden, Niketas?« fragte Baudolino.
    Niketas lächelte. »Damals hatte ich das dreißigste Lebensjahr noch nicht erreicht und war Steuerbeamter in Paphlagonien. Wäre ich Berater des Basileus gewesen, hätte ich ihm von solch infantilen Winkelzügen abgeraten. Aber Manuel hörte auf zu viele Höflinge, auf Kammerdiener und Eunuchen in seinen privaten Gemächern, sogar auf Sklaven, und oft war er auch dem Einfluss visionärer Mönche ausgesetzt.«
    »Ich zerfraß mich innerlich, wenn ich an diesen Wurm von Zosimos dachte. Aber dass auch Papst Alexander ein Wurm war, schlimmer als Zosimos und schlimmer als die Salamander, das entdeckten wir erst im September, als in der Reichskanzlei ein Dokument eintraf, das vermutlich auch an die anderen christlichen Könige und an den griechischen Kaiser geschickt worden war. Es war die Kopie eines Briefes, den Alexander III. an den Priester Johannes geschrieben hatte!«
     
    Sicher hatte Alexander eine Kopie des Briefes an Manuel erhalten, vielleicht kannte er auch die alte, von Otto zitierte Botschaft des Bischofs Hugo von Gabala, vielleicht fürchtete er, dass Friedrich aus der Nachricht von der Existenz des Priesterkönigs irgendwelche Vorteile ziehen könnte, jedenfalls war er nun der erste, der nicht einen Appell empfing, sondern selber einen aussandte, denn in seinem Brief stand, dass er sogleich einen Legaten losgeschickt habe, um mit dem Priester zu verhandeln.
    Der Brief begann mit den Worten:
     
    Alexander Episcopus, Diener der Diener Gottes, entbietet dem teuersten Sohne in Christo Johannes, dem berühmten und herrlichen König der drei Indien, seinen Gruß und apostolischen Segen.
     
    Sodann rief der Papst in Erinnerung, dass nur ein einziger Apostolischer Stuhl (nämlich Rom) von Petrus das Mandat erhalten habe, Haupt und Lehrmeister aller Gläubigen zu sein. Des weiteren schrieb er, ihm sei schon viel Gutes über den Glauben und die Frömmigkeit des Priesterkönigs zu Ohren gekommen, und sein Leibarzt, Magister Philippus, ein besonnener, umsichtiger und zuverlässiger Mann, habe von vertrauenswürdigen Leuten gehört, dass Johannes sich mit der Absicht trage, zum wahren römisch-katholischen Glauben überzutreten. Das erfülle ihn selbstredend mit großer Freude, fuhr der Papst fort, doch leider könne er im Moment keine hochrangigen Würdenträger zu ihm entsenden, auch weil diese keine linguas barbaras et ignotas verstünden, aber er schicke ihm den obengenannten Philippus, einen sehr diskreten und klugen Mann, auf dass er ihn im wahren Glauben unterweise. Sobald Philippus bei ihm eingetroffen sei, möge er ihm, dem Papst, bitte einen Bestätigungsbrief schicken, und – so schloss Alexander warnend – je weniger er sich darin in Prahlereien über seine Macht und seinen Reichtum ergehe, desto besser werde es für ihn sein, wenn er wolle, dass man ihn als einen demütigen Sohn der heiligen römischen Kirche empfange.
    Baudolino war entsetzt und empört bei dem Gedanken, das es dermaßen schamlose Fälscher auf der Welt geben konnte. Friedrich tobte: »Dieser Satansbraten! Keiner hat ihm je geschrieben, und zum Trotz antwortet er einfach als erster! Und hütet sich dabei, seinen Johannes Presbyter zu nennen, womit er ihm jedwede priesterkönigliche Würde abspricht ...«
    »Er weiß,ss Johannes Nestorianer ist«, sagte Baudolino, »und so schlägt er ihm väterlich-päpstlich vor, auf seine Ketzerei zu verzichten und sich ihm zu unterwerfen ...«
    »Zweifellos ist dies ein sehr arroganter Brief«, bemerkte der Kanzler Christian. »Er nennt Johannes seinen lieben Sohn, aber er schickt nicht einmal einen Bischof zu ihm, sondern bloß seinen Leibarzt. Er behandelt ihn wie ein Kind, das man zur Ordnung ruft.«
    »Dieser Philippus muss liquidiert werden«, entschied Friedrich. »Christian, schick Boten los, gedungene Mörder oder wen immer du willst, dass sie ihn unterwegs abfangen, ihn erdrosseln, ihm die Zunge herausreißen, ihn in einem Wildbach ertränken! Er darf auf keinen Fall dort ankommen! Der Priester Johannes gehört mir!«
    »Sei unbesorgt, mein Vater«, sagte Baudolino, »nach meiner Meinung ist dieser Philippus gar nicht

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