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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Cesira, Olivia, Sophronia oder Eutropia heißen, aber das Problem sei, ob Friedrich dann seinen Stadtvogt herschicken wolle, oder ob er sich damit begnügen werde, die von ihnen gewählten Konsuln zu legitimieren.
    »Geh zurück und frag ihn, wie er's machen will«, sagte Guasco. Und Baudolino: »Ah ja, das denkt ihr euch so, ich überquere die Alpen hin und her, bis ihr euch geeinigt habt. Nein, mein Lieber, ihr bevollmächtigt zwei von euch, mit mir zum Kaiser zu gehen, und wir überlegen uns etwas, das allen passt. Ich sage euch, wenn Friedrich noch einmal zwei Alexandriner vor sich sieht, kriegt er Bauchgrimmen und wird, bloß um sie rasch wieder loszuwerden, ein Abkommen akzeptieren.«
    So begleiteten Baudolino zwei Abgesandte der Stadt, Anselmo Conanzi und Teobaldo, einer der Söhne des Guasco. Sie trafen den Kaiser in Nürnberg und erreichten ein Abkommen. Auch die Frage der Konsuln wurde sofort geklärt, es ging nur um die Wahrung der Form: Sollten die Alexandriner sie ruhig wählen, es genügte, dass der Kaiser sie dann nominell einsetzte. Was die Huldigung anging, hatte Baudolino seinen Adoptivvater beiseite genommen und gesagt: »Mein Vater, du kannst nicht selber kommen, du wirst einen Gesandten hinschicken müssen. Also schick mich. Schließlich bin ich Ministeriale, und als solcher bin ich dank deiner unendlichen Güte in den Adelsstand erhoben worden, ich bin ein Ritter , wie man hier sagt.«
    »Ja, aber du gehörst bloß zum Dienstadel, du kannst zwar ein Lehen bekommen, aber es nicht übertragen, du kannst keine Vasallen haben, du ...«
    »Und was, meinst du, interessiert das meine Landsleute? Für die genügt es, dass ich auf einem Pferd dahergeritten komme und Befehle erteile. Sie huldigen einem deiner Repräsentanten, also dir, aber dein Repräsentant bin ich , also einer von ihnen, und so merken sie's nicht so genau, dass sie dir huldigen. Danach kannst du sie, wenn du willst, den Treueid und all die anderen Schwüre vor einem deiner Kammerherrn ablegen lassen, der neben mir steht, und sie werden nicht mal merken, wer von uns beiden der Wichtigere ist. Du musst auch verstehen, wie diese Leute gestrickt sind. Wenn wir diese Sache für immer so regeln, wird es dann nicht für alle das beste sein?«
    So wurde die Zeremonie Mitte März Anno Domini 1183 vollzogen. Baudolino hatte sich groß in Schale geworfen, so dass er wichtiger als der Markgraf von Montferrat aussah, und seine Eltern verschlangen ihn mit den Augen, wie er da hoch zu Ross einherkam, die Hand am Schwertknauf, auf einem Schimmel, der keinen Augenblick ruhig stand. »Er ist aufgezäumt wie der Hund eines Herrn«, sagte die Mutter tränenblind. Dem Umstand, dass er zwei Bannerträger mit den kaiserlichen Insignien rechts und links neben sich hatte, dazu den kaiserlichen Kammerherrn Rudolf und viele andere Edelleute des Reiches und so viele Bischöfe, dass man sie gar nicht zählen konnte, maß niemand mehr viel Bedeutung bei. Wohl aber dem, dass auch die Repräsentanten der anderen lombardischen Städte gekommen waren, namentlich die Herren Lanfranco aus Como, Siro Salimbene aus Pavia, Filippo aus Casale, Gerardo aus Novara, Pattinerio aus Ossona und Malavista aus Brescia.
    Als sich Baudolino direkt vor dem Tor der Stadt aufgebaut hatte, kamen die Alexandriner in langer Reihe heraus, mit den Kleinkindern auf dem Arm und die Alten untergehakt, und auch die Kranken wurden auf Karren mitgezogen, und sogar die Schwachsinnigen und die Lahmen waren dabei, und die Helden der Belagerung, die einen Arm eingebüßt hatten oder ein Bein oder gar beide, so dass sie mit bloßem Rumpf auf einem Brett mit Rädern saßen, das sie mit den Händen voranbewegten. Da sie nicht wussten, wie lange sie draußen bleiben mussten, hatten sich viele etwas zu essen mitgebracht, die einen Brot und Salami, die anderen gebratene Hühnchen und wieder andere Körbe mit Obst, so dass es am Ende fast aussah, als machten sie einen schönen Ausflug ins Grüne.
    In Wirklichkeit war es noch kalt und auf den Feldern lag Rauhreif, so dass an ein Hinsetzen nicht zu denken war. Die soeben Ausgebürgerten standen frierend da, stampften mit den Füßen und bliesen sich in die Hände, und jemand sagte: »Bringen wir diesen Zirkus rasch hinter uns, zu Hause steht noch der Topf auf dem Feuer.«
    Die Männer des Kaisers begaben sich in die Stadt, und niemand sah, was sie dort taten, auch nicht Baudolino, der draußen wartete. Nach einer Weile kam ein Bischof heraus und verkündete,

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