Die historischen Romane
das Ganze begossen mit einem guten Pfund Öl, bestreut mit Pfeffer und gewürzt mit zwölf Knoblauchzehen. Aber zu diesem zweiten Gang verlangte er Wein aus Ganos am Hellespont.
18. Kapitel
Baudolino und Colandrina
Aus dem Hof hörte man das Geschrei von Niketas' Töchtern, die sich ihre gepflegten, nur an das Zinnoberrot ihrer Schminke gewöhnten Gesichter nicht beschmieren lassen wollten. »Seid still«, sagte Grillo, »Schönheit allein macht noch keine Dame.« Und er erklärte, er sei noch nicht einmal sicher, ob das bisschen Schorf und Blattern, das ihnen ins Gesicht gemalt wurde, ausreichen werde, um einen lüsternen Pilger abzuschrecken, das seien Kerle, die sich auf alles stürzten, was sie nur finden konnten, Junge und Alte, Gesunde und Kranke, Griechinnen, Sarazeninnen oder Jüdinnen, denn in diesen Dingen spiele die Religion kaum eine Rolle. Um wirklich Ekel zu erregen, fügte er hinzu, müssten sie mit Pusteln übersät wie ein Reibeisen sein. Niketas' Gemahlin half liebevoll mit, ihre Töchter hässlich zu machen, indem sie hier eine klaffende Wunde auf die Stirn, dort eine Hühnerhaut auf die Nase malte, um sie von Blattern zerfressen aussehen zu lassen.
Baudolino blickte trübsinnig auf die schöne Familie hinunter, und auf einmal sagte er: »So kam es, während ich so dahinlebte, ohne zu wissen, was ich tun sollte, dass auch ich mir eine Ehefrau nahm.«
Er erzählte die Geschichte seiner Ehe mit einer nicht sehr fröhlichen Miene, als handle es sich um eine schmerzliche Erinnerung.
»Zu jener Zeit pendelte ich zwischen dem Hof und Alexandria hin und her. Friedrich konnte sich mit der Existenz dieser Stadt noch immer nicht abfinden, und ich versuchte die Beziehung zwischen meinen Mitbürgern und dem Kaiser wieder in Ordnung zu bringen. Die Situation war günstiger als in den Jahren zuvor. Alexander III. war tot, und Alexandria hatte seinen Beschützer verloren. Der Kaiser kam den italienischen Städten immer weiter entgegen, und Alexandria konnte sich nicht mehr als das Bollwerk der Liga aufspielen. Genua war auf die Seite des Reiches übergewechselt, und Alexandria hatte alles zu gewinnen, wenn es mit den Genuesern ging, nichts jedoch, wenn es die einzige Friedrich verhasste Stadt blieb. Es galt also, eine für beide Seiten ehrenvolle Lösung zu finden. So kam es, während ich meine Tage damit verbrachte, mit meinen Landsleuten zu reden und danach an den Hof zurückzukehren, um die Stimmung des Kaisers auszuloten, dass mir Colandrina auffiel. Sie war die Tochter des Guasco, sie war mir nach und nach unter die Augen gewachsen, und ich hatte gar nicht bemerkt, dass sie eine Frau geworden war. Sie war sehr sanft und bewegte sich mit einer etwas linkischen Anmut. Seit der Geschichte mit der Belagerung galten mein Vater und ich als Retter der Stadt, und sie sah zu mir auf, als wäre ich Sankt Georg. Wenn ich mit Guasco sprach, blieb sie zusammengekauert vor mir hocken, die Augen glänzend, und trank meine Worte. Ich hätte ihr Vater sein können, denn sie war kaum fünfzehn und ich achtunddreißig. Ich kann nicht sagen, ob ich mich in sie verliebt hatte, aber es war mir angenehm, sie um mich zu haben, so sehr, dass ich anfing, den anderen unglaubliche Abenteuer zu erzählen, nur damit sie mir zuhörte. Das bemerkte auch Guasco, der zwar ein miles war, das heißt etwas mehr als ein Ministeriale wie ich (der ich noch dazu ein Bauernsohn war), aber wie ich schon sagte, ich war ein bisschen der Liebling der Stadt, ich trug ein Schwert an der Seite, ich lebte am Hof ... Es würde keine schlechte Verbindung sein, und Guasco selbst war es, der eines Tages zu mir sagte: »Warum heiratest du Colandrina nicht, sie ist mir ein kleiner Tolpatsch geworden, sie lässt Geschirr fallen, und wenn du nicht da bist, steht sie dauernd am Fenster, um zu sehen, ob du nicht kommst.« Es war eine schöne Hochzeit, die Trauung wurde in San Pietro vollzogen, der Kathedrale, die wir dem verstorbenen Papst geschenkt hatten – der neue wusste nicht mal, dass es sie überhaupt gab. Und es war eine seltsame Ehe, denn schon nach der ersten Nacht musste ich fort, um bei Friedrich zu sein, und so ging es das ganze erste Jahr, ich sah meine Frau nur alle paar Monate, und es zog mir das Herz zusammen, wenn ich sah, wie sie sich jedes Mal freute.«
»Hast du sie geliebt?«
»Ich glaube schon, aber es war das erste Mal, dass ich eine Ehefrau hatte, und ich wusste nicht recht, was ich mit ihr machen sollte, abgesehen von den
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