Die historischen Romane
dies sei die Stadt Caesarea, gegründet vom Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Die hinter Baudolino stehenden Kaiserlichen hoben die Schwerter und Schilde und priesen lauthals den großen Friedrich. Baudolino ließ sein Pferd antraben, näherte sich den ersten Reihen der Herausgekommenen und verkündete in seiner Eigenschaft als kaiserlicher Gesandter, soeben habe Friedrich, ausgehend von den sieben Ortschaften Gamondio, Marengo, Bergoglio, Roboreto, Solero, Foro und Oviglio, diese noble Stadt gegründet, habe ihr den Namen Caesarea verliehen und übergebe sie nun den versammelten Bewohnern vorgenannter Ortschaften mit der Einladung, dieses turmbewehrte Geschenk in Besitz zu nehmen.
Der Kammerherr verlas einige Artikel des Abkommens, aber alle froren, und so begnügten sie sich mit einer schnellen Aufzählung der Einzelheiten über die Regalien, die Steuern, die Wegzölle und all das, was einen Vertrag in Kraft setzt. »Lass gut sein, Rudolf«, sagte Baudolino. »Ist doch sowieso alles bloß eine Farce, und je eher wir fertig sind, desto besser.«
Die vorübergehend Ausgebürgerten kehrten in ihre Stadt zurück, und alle waren wieder da – bis auf Oberto del Foro, der die Schmach dieser Huldigung nicht hatte hinnehmen wollen, denn schließlich war er es gewesen, der Friedrich in die Knie gezwungen hatte, weshalb er an seiner Statt die Bürger Anselmo Conanzi und Teobaldo Guasco als nuncii civitatis geschickt hatte.
An Baudolino vorbeidefilierend, legten die nuncii des neuen Caesarea den förmlichen Treueid ab, wenngleich in einem so grauenhaft schlecht ausgesprochenen Latein, dass man, hätten sie hinterher behauptet, das Gegenteil geschworen zu haben, sie nicht hätte widerlegen können. Was die anderen betraf, so trotteten sie hinterher, winkten müde, um einen Gruß anzudeuten, und brummelten etwas wie: »Grüß dich, Baudolino, wie geht's, Baudolino, hallo, Baudolino, altes Haus, alles noch gut beinander, hä?« Der alte Gagliaudo knurrte im Vorbeigehen, dies sei keine seriöse Veranstaltung, aber er hatte das Feingefühl, seinen Hut zu ziehen, und wenn man bedachte, dass er ihn vor seinem Nichtsnutz von Sohn zog, war das eine größere Huldigung, als wenn er dem Kaiser Friedrich die Füße geküsst hätte.
Kaum war die Zeremonie vorüber, entfernten sich sowohl die Lombarden als auch die Teutonen so rasch wie möglich, als ob sie sich schämten. Baudolino folgte seinen Landsleuten in die Stadt, und dabei hörte er, wie einige sagten:
»Aber nun schau bloß mal, was für eine schöne Stadt!«
»Aber findest du nicht, sie sieht genauso aus wie diese andere, die hier früher war, wie hieß sie noch gleich?«
»Schau doch bloß mal, welche Technik diese Alemannen haben: Im Handumdrehen haben sie dir eine Stadt hochgezogen, die eine wahre Pracht ist!«
»Seht mal dort hinten, das sieht ganz so aus wie mein Haus, sie haben es in allem ganz gleich gebaut!«
»Freunde«, rief Baudolino, »seid froh, dass ihr so gut davongekommen seid, ohne den Preis dafür bezahlen zu müssen!«
»Tjaja, und du spiel nicht zu viel den großen Herrn, sonst glaubst du am Ende noch selber, dass du einer bist.«
Es war ein schöner Tag. Baudolino legte alle Insignien seiner Macht ab und feierte mit ihnen. Auf dem Platz vor der Kathedrale tanzten die Mädchen Ringelreihen, der Boidi führte Baudolino in die Taverne, und in dem langen schmalen, nach Knoblauch riechenden Kellerraum gingen alle daran, sich den Wein direkt aus den Fässern zu zapfen, denn an diesem Tag durfte es weder Herren noch Knechte geben, schon gar keine Kellnerinnen, die sich irgendwer schon nach oben geholt hatte, aber man weiß ja, der Mensch ist ein Jäger.
»Blut Jesu Christi«, sagte Gagliaudo und goss sich ein wenig Rotwein auf den Ärmel, um zu zeigen, dass der Stoff ihn nicht absorbierte, sondern als einen kompakten, rubinroten Tropfen stehen ließ, woran man sah, dass es einer vom Guten war. »Jetzt nennen wir die Stadt ein paar Jahre lang Caesarea, jedenfalls auf den Pergamenten mit Siegel«, sagte der Boidi leise zu Baudolino, »aber dann fangen wir wieder an, sie wie früher zu nennen, und ich möchte sehen, wer sich daran stößt.«
»Ja«, sagte Baudolino, »nennt sie dann wieder wie früher, denn so hat sie mein Engel von Colandrina genannt, und wo sie jetzt im Paradies ist, könnte es sonst passieren, dass sie sich irrt und ihre Segnungen an den falschen Ort schickt.«
»Kyrios Niketas, ich fühlte mich fast versöhnt mit meinem
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