Die historischen Romane
mich, wie du siehst, zurück.« Sprach's und gab ihm einen Hieb mit dem Handrücken, der ihm den Kopf zweimal um sich selbst kreisen ließ.
»Ich bin ein Mann des Basileus, wenn ihr mir auch nur ;ein Barthaar krümmt, schwöre ich euch ...« Der Poet packte ihn an den Haaren, näherte sein Gesicht den Flämmchen, die immer noch rings um das Becken brannten, und Zosimos Bart begann zu qualmen.
»Ihr seid verrückt«, rief Zosimos, während er sich der Umklammerung durch Abdul und Kyot zu entwinden versuchte, die ihm jedoch die Arme auf den Rücken drehten. Um den Brand des Bartes zu löschen, drückte ihm Baudolino von hinten den Kopf ins Becken und hielt ihn dort so lange fest, bis der Elende, nicht mehr wegen des Feuers besorgt, sich wegen des Wassers zu sorgen begann und, je mehr er sich sorgte, desto mehr davon schluckte.
»Den Bläschen, die du hast aufsteigen lassen«, sagte Baudolino feierlich, während er ihn an den Haaren hochzog, »entnehme ich die Wahrsagung, dass du heute Nacht nicht mit brennendem Bart, sondern mit gerösteten Füßen sterben wirst.«
»Baudolino«, japste Zosimos, Wasser spuckend, »Baudolino, wir können uns immer noch einigen ... Lass mich husten, ich bitte dich, ich kann euch nicht entkommen, was wollt ihr machen, so viele gegen einen, habt ihr kein Erbarmen? Hör zu, Baudolino, ich weiß, du willst dich nicht rächen, weil ich diesen kleinen Moment der Schwäche gehabt habe, du willst das Land jenes Priesters Johannes finden, und ich habe dir gesagt, dass ich die richtige Karte habe, um dort hinzugelangen. Wenn man Erde ins Kaminfeuer wirft, löscht man das Feuer.«
»Was soll das heißen, Halunke? Lass deine Sentenzen.«
»Es soll heißen, wenn du mich umbringst, kriegst du die Karte nie. Oft springen die Fische, wenn sie im Wasser spielen, aus dem Wasser hinaus in die Luft und verlassen die Grenzen ihrer natürlichen Heimstatt. Schließen wir einen Pakt als ehrliche Menschen. Du lässt mich laufen, und ich führe dich dahin, wo sich die Karte des Kosmas Indikopleustes befindet. Mein Leben für das Reich des Priesters Johannes. Ist das nicht ein guter Handel?«
»Ich würde dich lieber umbringen«, sagte Baudolino, »aber ich brauche dich lebend, um die Karte zu kriegen.«
»Und dann?«
»Dann wickeln wir dich gut zusammengebunden in einen Teppich und lassen dich da, bis wir ein sicheres Schiff gefunden haben, das uns von hier fortbringt, und erst wenn wir weit genug fort sind, entrollen wir den Teppich, denn wenn wir dich sofort rausließen, würdest du uns alle Meuchelmörder der Stadt auf den Hals schicken.«
»Und ihr entrollt ihn ins Wasser ...«
»Hör auf mit dem Quatsch, wir sind keine Mörder. Wenn ich dich umbringen wollte, würde ich dich jetzt nicht ohrfeigen. Aber sieh her, genau das tue ich jetzt, um mir eine Genugtuung zu verschaffen, denn mehr gedenke ich nicht zu tun.« Mit diesen Worten begann er in aller Ruhe, ihm zuerst eine und dann eine zweite Ohrfeige zu geben, abwechselnd mit der rechten und mit der linken Hand, so dass der Kopf einmal nach links und einmal nach rechts flog, und dann so weiterzuschlagen, zweimal mit der flachen Hand, zweimal mit gestreckten Fingern, zweimal mit dem Handrücken, zweimal mit der Handkante, zweimal mit geballter Faust, bis Zosimos veilchenblau anlief und Baudolinos Handgelenke sich fast verrenkten. Da sagte er: »Jetzt tut es mir weh, also höre ich auf. Gehen wir uns die Karte ansehen.«
Kyot und Abdul schleppten Zosimos unter den Armen, denn allein konnte er nicht mehr gehen, und er wies mit zitterndem Finger den Weg, wobei er murmelte: »Der Mönch, der verachtet wird und es aushält, ist wie eine Pflanze, die jeden Tag gegossen wird.«
Baudolino sagte zu dem Poeten: »Es war Zosimos, der mich eines Tages lehrte, dass der Zorn mehr als jede andere Leidenschaft die Seele aufwühlt, aber bisweilen auch hilft. In der Tat, wenn wir ihn in aller Ruhe gegen die Gottlosen und die Sünder einsetzen, um sie zu retten oder sie zu beschämen, dann verschaffen wir unserer Seele ein Wohlgefühl, denn wir befinden uns auf geradem Weg zur Gerechtigkeit.« Und Rabbi Solomon kommentierte: »Wie der Talmud sagt: Es gibt Züchtigungen, die alle Frevel eines Menschen abwaschen.«
21. Kapitel
Baudolino entdeckt die Wonnen von Byzanz
Das Kloster von Katabate war verfallen, und alle hielten es für eine unbewohnte Ruinenstätte, aber auf der Höhe des Bodens gab es noch einige Zellen, und die einstige Bibliothek, wenngleich
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