Die historischen Romane
wo Friedrich im Juni den König von Ungarn traf. Später ging es von der Donau weg in die Schluchten des Balkans, und im Juli trafen sie den Fürsten der Serben, der ihnen ein Bündnis gegen Byzanz vorschlug.
»Ich glaube, dieses Treffen hat eurem Basileus Isaakios Sorgen gemacht«, sagte Baudolino. »Er fürchtete, die Armee wolle Konstantinopel erobern.«
»Er täuschte sich nicht.«
»Er täuschte sich um fünfzehn Jahre. Friedrich wollte damals wirklich nach Jerusalem.«
»Aber wir waren beunruhigt.«
»Das kann ich verstehen, ein gewaltiges fremdes Heer war im Begriff, durch euer Gebiet zu ziehen, da wird man leicht nervös. Aber ihr habt uns das Leben auch ganz schön schwer gemacht. Als wir nach Sardike kamen, fanden wir die versprochenen Lebensmittel nicht vor. Bei Philippopel sind wir von euren Truppen angegriffen worden, die dann allerdings Reißaus nahmen, wie bei jedem Zusammenstoß in jenen Monaten.«
»Du weißt, dass ich damals Statthalter von Philippopel war. Wir bekamen widersprüchliche Anweisungen vom Hof. Einmal befahl uns der Basileus, die Stadtmauer auszubessern und einen Graben zu ziehen, um uns gegen euch zu verschanzen, und kurz darauf kam der Befehl, die Befestigungen zu schleifen, damit sie euch nicht als Unterschlupf dienen konnten.«
»Ihr habt die Engpässe mit gefällten Bäumen versperrt. Ihr habt unsere Leute überfallen, wenn sie isoliert auf der Suche nach Futter und Nahrung waren.«
»Ihr habt unsere Dörfer geplündert.«
»Weil ihr uns die versprochene Verpflegung nicht geliefert habt. Eure Leute ließen die Lebensmittel in Körben von den Mauern der Städte herab, aber sie mischten Kalk und andere giftige Substanzen ins Brot. Gerade als wir durch euer Gebiet zogen, bekam Friedrich einen Brief der ehemaligen Königin Sibylle von Jerusalem, die ihn warnte, dass Saladin, um den Vormarsch der Christen aufzuhalten, dem Kaiser von Byzanz vergiftetes Getreide geschickt habe sowie einen derart verdorbenen Wein, dass ein Sklave von Isaakios, der ihn vorkosten musste, auf der Stelle tot umfiel.«
»Märchen.«
»Aber als Friedrich Gesandte nach Konstantinopel schickte, hat euer Basileus sie erst stehenlassen und dann eingesperrt.«
»Aber danach hat er sie zu Friedrich zurückgeschickt.«
»Als wir in Philippopel einzogen, fanden wir es verlassen, fast alle hatten sich aus dem Staub gemacht. Auch du warst nicht da.«
»Es war meine Pflicht, mich einer Gefangennahme zu entziehen.«
»Mag sein. Aber erst nachdem wir in Philippopel eingezogen waren, hat euer Basileus den Ton geändert. Denn dort sind wir den Armeniern begegnet.«
»Die Armenier betrachteten euch als Brüder. Sie sind Schismatiker wie ihr, sie verehren die heiligen Bilder nicht, sie verwenden im Gottesdienst ungesäuertes Brot.«
»Sie sind gute Christen. Einige von ihnen sprachen sofort im Namen ihres Fürsten Leo und sicherten uns Beistand und freien Durchzug durch ihr Land zu. Dass die Dinge jedoch nicht so einfach waren, haben wir dann in Adrianopel begriffen, als auch eine Gesandtschaft von Kilidsch Arslan eintraf, dem seldschukischen Sultan von Ikonion, der sich Herr der Türken und der Syrer, aber auch der Armenier nannte. Wer hatte bei denen das Sagen, und wo?«
»Kilidsch wollte die Vormachtstellung Saladins brechen und hätte gern das christliche Reich der Armenier erobert, daher hoffte er, dass Friedrichs Armee ihm dabei helfen könnte. Die Armenier vertrauten darauf, dass Friedrich die Ansprüche Kilidschs zurückdrängen würde. Unser Basileus Isaakios, dem noch die gegen die Seldschuken erlittene Niederlage von Myriokephalon in den Knochen saß, hoffte seinerseits, dass Friedrich mit Kilidsch zusammenstieß, aber es hätte ihm auch nicht missfallen, wenn er mit den Armeniern zusammengestoßen wäre, die unserem Reich nicht wenig Verdruss bereiteten. Als er dann erfuhr, dass sowohl die Seldschuken wie die Armenier eurem Kaiser den Durchzug durch ihre Länder erlaubt hatten, da ist ihm klar geworden, dass er seinen Marsch nicht anhalten, sondern beschleunigen musste, indem er ihm erlaubte, den Hellespont zu überqueren. Er ließ ihn auf seine Feinde los und entfernte ihn damit zugleich von uns.«
»Mein armer Vater. Ich weiß nicht, ob er ahnte, dass er eine Waffe in den Händen einer Bande von über Kreuz miteinander Verfeindeten war. Oder vielleicht hatte er es begriffen, aber gehofft, sie alle besiegen zu können. Was ich weiß, ist jedoch, dass ihn die Aussicht auf ein Bündnis mit einem
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