Die historischen Romane
Tieren mehr hörte, die sich jedoch beim ersten wärmenden Lüftchen wieder einstellten, besonders der Vogelgesang, was darauf hindeute, dass alle Lebewesen in Abkasia den Tag nach dem Näherkommen von Kälte und Wärme bemaßen, als wäre es das Erscheinen des Mondes oder der Sonne.
Lange bemerkten sie keinerlei Anwesenheit von Menschen. Als ihre Vorräte aufgezehrt waren, streckten sie die Hände aus, bis sie an die Zweige eines Baumes stießen, und tasteten sie Zweig für Zweig ab, manchmal stundenlang, bis sie auf eine Frucht stießen, die sie dann freudig aßen in der Hoffnung, dass sie nicht giftig war. Oft war der lockende Duft irgendeines pflanzlichen Wunders das Ausschlaggebende für Baudolino (der die feinste Nase von allen hatte), um zu entscheiden, ob sie geradeaus weiterreiten oder nach rechts oder links abbiegen sollten. Mit der Zeit wurden sie immer feinfühliger und geschickter. Aleramo Scaccabarozzi genannt il Ciula hatte einen Bogen, den er schussbereit hielt, bis er vor sich das Schnattern eines weniger flinken Vogels hörte, der vielleicht weniger flugfähig war, so wie bei uns die Hühner. Er schoss den Pfeil ab, und in den meisten Fällen gelang es ihnen, geleitet von einem Todesschrei oder einem moribunden Flügelgeflatter, die Beute zu packen, die sie dann rupften und über einem Feuer aus Zweigen brieten. Das Verblüffendste war, dass sie durch Aneinanderreiben von Steinen das Holz entzünden konnten – die Flamme erhob sich rot, wie es sich gehörte, aber sie erhellte nichts, nicht einmal die Gesichter derer, die sie umringten, und sie brach genau an der Stelle ab, wo der zu bratende Vogel, auf einen Zweig gespießt, in sie hineingehalten wurde.
Wasser zu finden war nicht schwer, denn oft genug hörten sie das Plätschern einer Quelle oder eines Baches. Insgesamt kamen sie jedoch nur sehr langsam voran, und einmal mussten sie feststellen, dass sie nach zwei Tagen an dieselbe Stelle zurückgekehrt waren, von der sie sich aufgemacht hatten, denn als sie an einem kleinen Wasserlauf tastend die Gegend erkundeten, stießen sie auf die Spuren ihres früheren Lagers.
Schließlich aber bemerkten sie die Anwesenheit der Abkasianer. Zuerst hörten sie Stimmen, ein Wispern und Tuscheln, das sie rings umgab, und es waren erregte Stimmen, wenngleich sehr leise, als zeigten die Bewohner des Waldes dabei mit den Fingern auf jene unerwarteten und nie gesehenen beziehungsweise nie gehörten Besucher. Einmal stieß der Poet einen lauten Schrei aus, und mit einem Schlag verstummte das Gewisper, während ein Rascheln von Gras und Blättern anzeigte, dass die Abkasianer erschrocken davonliefen. Aber dann kamen sie zurück und fingen wieder an zu wispern, zunehmend erstaunt über diese Invasion.
Mit einem Mal spürte der Poet, wie er von einer Hand gestreift wurde oder eher von einer pelzigen Pfote. Blitzschnell packte er zu und hielt etwas fest, und im gleichen Moment ertönte ein Schreckensschrei. Der Poet ließ los, und die Stimmen der Waldbewohner wichen ein Stück weit zurück, als hätten sie ihren Kreis um die Eindringlinge etwas vergrößert, um in gebührender Entfernung zu bleiben.
Einige Tage lang geschah nichts. Die Reisenden zogen weiter, und die Abkasianer begleiteten sie, und vielleicht waren es nicht dieselben wie in den ersten Tagen, sondern andere, denen ihr Durchzug angekündigt worden war. Tatsächlich hörten die Reisenden eines Nachts (war es Nacht?) etwas wie ein Trommeln, als schlüge jemand rhythmisch auf einen hohlen Baumstamm. Es war ein dumpfes Geräusch, aber es verbreitete sich durch den ganzen Raum ringsumher, vielleicht meilenweit, und sie begriffen, dass es die Methode war, mit der die Abkasianer einander über weite Entfernungen mitteilten, was sich in ihrem Wald ereignete.
Mit der Zeit gewöhnten sie sich an ihre unsichtbaren Begleiter. Und sie gewöhnten sich immer mehr an die Dunkelheit, so dass auch Abdul, der besonders unter den Strahlen der Sonne gelitten hatte, sich wieder besser fühlte, fast kaum noch Fieber hatte und auf seine Lieder zurückkam. Eines Abends (war es Abend?), während sie sich am Feuer wärmten, holte er sein Instrument aus der Satteltasche und fing wieder an zu singen:
Iratz e gauzens m'en partrai,
Qan veirai cest'amor de loing;
Mas non sai coras la-m veirai,
Car trop son nostras terras loing.
Assatz hi a portz e camis,
E per aisso no-n sui devis ...
Mas tot sia cum a Dieu platz!
Traurig und glücklich werde ich ziehen,
Wenn ich
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