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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Zungenlosen wollten sie zuerst in ihrem eigenen Saft schmoren lassen, denn undiszipliniert, wie sie waren, konnten sie einem Heerführer mehr Probleme bereiten als der Feind. Dann aber wurde beschlossen, dass sie, gehörig mit Peitschenhieben traktiert, in der Etappe arbeiten könnten, etwa indem sie den Jüngsten unter den Eunuchen halfen, sich unter Solomons Anleitung um die Verwundeten zu kümmern, oder indem sie die Frauen und Kinder aller Rassen betreuten und aufpassten, dass sie den Kopf nicht aus ihren Löchern streckten.
    Als sie Gavagai das erste Mal begegnet waren, hatte er auch die Satyrn-die-man-nie-sieht erwähnt, und der Poet nahm an, dass sie mit ihren Hörnern stoßen könnten und auf Bocksfüßen durch die Gegend sprangen, aber auf jede Frage über dieses Volk bekam er nur ausweichende Antworten. Sie lebten im Gebirge, jenseits des Sees (welches Sees?), und niemand hatte sie je gesehen. Formal dem Priester untertan, lebten sie ganz für sich, ohne irgendwelchen Verkehr mit anderen zu unterhalten, und es war, als ob sie gar nicht existierten. Was soll's, sagte der Poet, womöglich haben sie gewundene Hörner mit nach innen oder nach außen gedrehten Spitzen und müssen sich zum Stoßen auf den Rücken legen oder auf alle viere niederlassen. Nein, ehrlich, mit Ziegen kann man nicht Krieg führen.
    »Man kann sehr wohl auch mit Ziegen Krieg führen«, widersprach Ardzrouni und erzählte von einem großen Heerführer, der Fackeln an die Hörner der Ziegen gebunden und diese dann nachts zu Tausenden in die Ebene geschickt hatte, in der die Feinde anrückten, so dass diese glaubten, die Verteidiger hätten eine riesige Armee. Da sie in Pndapetzim über Ziegen mit sechs Hörnern verfügten, würde der Effekt höchst eindrucksvoll sein. »Das mag vielleicht gehen, wenn die Feinde nachts kommen«, meinte der Poet skeptisch. Aber für alle Fälle solle Ardzrouni möglichst viele Ziegen und möglichst viele Fackeln bereithalten, man wisse ja nie.
    Auf der Grundlage dieser Prinzipien, die einem Vegetius oder Frontinus unbekannt waren, wurden die Unterweisungen und die nötige Ausbildung vorgenommen. Die Ebene wimmelte von Skiapoden, die sich darin übten, in ihre nagelneuen Blasrohre zu pusten, angeleitet von dem Porcelli, der jedes Mal gotteslästerlich fluchte, wenn sie das Ziel verfehlten, wobei es ein Glück war, dass er immer nur Jesus Christus anrief, denn für diese Häretiker war der unnütze Gebrauch des Namens von einem, der bloß Adoptivsohn war, keine Sünde. Colandrino kümmerte sich darum, die Panothier ans Fliegen zu gewöhnen, was sie noch nie probiert hatten, aber auf Anhieb so gut konnten, dass es schien, als habe der Herrgott sie zu nichts anderem erschaffen. Es war schwierig, ungestört durch die Straßen von Pndapetzim zu spazieren, denn immer wenn man am wenigsten darauf gefasst war, fiel einem ein Panothier auf den Kopf, aber alle hatten den Gedanken akzeptiert, dass man sich auf einen Krieg vorbereitete, und niemand beschwerte sich. Am glücklichsten von allen waren die Panothier selbst, sie waren so überrascht und hingerissen von ihrer nie geahnten Fähigkeit, dass sogar die Frauen und Kinder bei dem Unternehmen mitmachen wollten, was der Poet großmütig gestattete.
    Aleramo Scaccabarozzi genannt il Ciula bildete die Giganten im Ergreifen und Schütteln der Pferde aus, aber die einzigen am Ort verfügbaren Pferde waren die der Magier, und nach zwei oder drei Versuchen drohten sie, ihre Seele Gott zu befehlen, so dass man auf Esel zurückgreifen musste. Das erwies sich als besser, denn die Esel schlugen laut protestierend aus, sie waren schwieriger im Genick zu packen als ein galoppierendes Pferd, und so wurden die Giganten bald Meister in dieser Kunst. Allerdings mussten sie auch lernen, tief gebückt durch das Farnkraut zu laufen, so tief, dass sie nicht von den Feinden gesehen wurden, und viele von ihnen beschwerten sich, weil ihnen nach jeder Übung der Rücken weh tat.
    Der Boidi trainierte die Pygmäen, denn ein Weißer Hunne ist kein Kranich, und sie mussten lernen, mitten zwischen die Augen zu zielen. Der Poet instruierte persönlich die Nubier, die nichts anderes erwarteten, als im Kampf zu sterben, Solomon suchte nach giftigen Tinkturen und probierte immer wieder, eine Pfeilspitze damit zu tränken, aber einmal gelang es ihm nur, ein Kaninchen für kurze Zeit einzuschläfern, und ein andermal brachte er ein Huhn zum Fliegen. Macht nichts, sagte der Poet, ein Weißer Hunne, der

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