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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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verstanden. Und Ausonius schließlich empfiehlt, Ernst und Spaß in wohlabgewogenem Maß zu dosieren.«
    »Aber Paulinus von Nola und Clemens von Alexandria warnten vor dergleichen Dummheiten, und Sulpicius Severus berichtet, den heiligen Martin habe man weder je wütend gesehen noch jemals von lautem Gelächter geschüttelt.«
    »Aber er berichtet auch von einigen höchst geistreichen Repliken des Heiligen.«
    »Sie waren prompt und treffend, aber nicht komisch. Sankt Ephraim hat eine Paränese gegen das Lachen der Mönche geschrieben, und in De habitu et conversatione monachorum heißt es, Schamlosigkeiten und Witze seien zu meiden, als ob sie das Gift der Sandvipern wären.«
    »Aber Hildebert von Lavardin sagte: › Admittenda tibi j oca sunt post seria quaedam, sed tamen et dignis ipsa gerenda modis.‹ Und Johann von Salisbury hat eine maßvolle Heiterkeit ausdrücklich erlaubt. Und schließlich der Ekklesiast, von dem Ihr selber soeben die Stelle zitiertet, auf welche sich Eure Ordensregel bezieht: Wenn er sagt: ›Der Dumme erhebt seine Stimme zu lautem Lachen‹, so akzeptiert er zumindest ein stilles Lachen, ein Lachen der heiteren Seele.«
    »Die Seele ist heiter nur, wenn sie die Wahrheit schaut und sich am vollendeten Schönen ergötzt, und über die Wahrheit und Schönheit lacht man nicht. Eben darum hat Christus niemals gelacht. Das Lachen schürt nur den Zweifel.«
    »Manchmal ist Zweifel durchaus geboten.«
    »Ich sehe nicht ein, warum. Wer zweifelt, wende sich an eine Autorität, befrage die Schriften eines heiligen Vaters oder Gelehrten, und schon endet jeder Zweifel. Ihr scheint mir durchtränkt von fragwürdigen Doktrinen gleich denen der Logiker zu Paris. Aber Sankt Bernhard wusste sehr wohl gegen den Kastraten Abaelard vorzugehen, der alle Probleme dem kalten und gnadenlos prüfenden Blick einer nicht von den Schriften erleuchteten Ratio unterwerfen wollte, um dann zu allem und jedem sein ›So ist es und so ist es nicht‹ zu verkünden. Gewiss, wer solche äußerst gefährlichen und gewagten Ideen billigt, mag auch das Spiel des Narren genießen, der sich lustig macht über Dinge, von denen man nur die ein für allemal offenbarte Wahrheit zu wissen hat. Aber so lachend sagt der Narr implizit: Deus non est.«
    »Ehrwürdiger Jorge, es scheint mir ungerecht, wenn Ihr den armen Abaelard als Kastraten bezeichnet. Ihr wisst doch, dass er durch fremde Heimtücke in jene traurige Lage geriet.«
    »Sie war die Strafe für seine Sünden. Für die Anmaßung seines Vertrauens in die Vernunft der Menschen. Der Glaube des einfachen Volkes wurde verhöhnt, Gottes Geheimnisse wurden ergründet (will sagen: man versuchte sie zu ergründen – Narren, die solches versuchen!), Fragen, welche die höchsten Dinge betrafen, wurden tollkühn in Angriff genommen, und die Patres wurden verhöhnt, weil sie der Ansicht gewesen, dass solche Fragen lieber zugedeckt und verdrängt als gelöst werden sollten.«
    »Ich kann Eure Meinung nicht teilen, ehrwürdiger Jorge. Gott will, dass wir unsere Vernunft gebrauchen, um viele dunkle Fragen zu lösen, deren Lösung uns die Heilige Schrift freigestellt hat. Und wenn uns jemand eine Meinung vorträgt, sollen wir prüfen, ob sie akzeptabel ist, bevor wir sie übernehmen, denn unsere Vernunft ist von Gott geschaffen, und was ihr gefällt, kann Gottes Vernunft schlechterdings nicht missfallen – über die wir freilich nur das wissen, was wir durch Analogie und häufig durch Negation aus den Vorgehensweisen unserer eigenen Vernunft ableiten. Und seht nun, um die falsche Autorität einer absurden, also unserer Vernunft widerstrebenden Meinung zu untergraben, kann manchmal das Lachen ein gutes Mittel sein, das die Übeltäter verwirrt und ihre Dummheit ans Licht bringt. So wird zum Beispiel vom heiligen Maurus erzählt, dass er, als die Heiden ihn in kochendes Wasser tauchten, sich lauthals beklagte, das Bad sei zu kalt – woraufhin der Häuptling der Heiden, dumm wie er war, seine Hand ins Wasser tauchte und sich elendiglich verbrühte. Ein schöner Streich dieses heiligen Märtyrers, mit dem er die Feinde des Glaubens lächerlich machte!«
    »Ja, ja«, sagte Jorge spöttisch, »in den Geschichten, die viele Prediger so gern erzählen, finden sich mancherlei Märchen. Ein Heiliger, den man in kochendes Wasser taucht, leidet um Christi willen und unterdrückt seine Schreie; er denkt nicht daran, den Heiden kindische Streiche zu spielen!«
    »Seht Ihr«, versetzte William, »diese

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