Die historischen Romane
Geschichte widerstrebt Eurer Vernunft, und so verurteilt Ihr sie als lächerlich. Stillschweigend und ohne die Lippen zu verziehen, lacht Ihr jetzt selbst über etwas, das Ihr nicht ernstnehmen könnt und von dem Ihr wollt, dass auch ich es nicht ernstnehme. Ihr lacht über das Lachen, aber Ihr lacht!«
Jorge schnaubte ärgerlich: »Mit Euren Spielchen über das Lachen verleitet Ihr mich zu leerem Gerede! Aber Ihr wisst sehr genau: Christus hat nie gelacht!«
»Da bin ich mir gar nicht so sicher«, erwiderte William heiter. »Als er die Pharisäer aufforderte, den ersten Stein zu werfen, als er fragte, wessen Bildnis auf der Münze sei, die dem Kaiser als Tribut gezahlt werden sollte, als er mit Worten spielte und sagte: › Tu es petrus‹ – in all diesen Fällen sprach er meines Erachtens mit Witz, um die Sünder zu verwirren. Und witzig war auch, wie er dem Kaiphas antwortete: ›Du sagst es.‹ Und die Stelle bei Jeremias, wo Gott zu Jerusalem sagt: › nudavi femora c ontra faciem tuam‹, kommentiert Hieronymus mit den Worten: › sive nudabo e t relevabo femora et posteriora tua.‹. Demnach hat sogar Gott sich durch witzige Wortspiele ausgedrückt, um die Missetäter in Verwirrung zu bringen. Und Ihr wisst sehr genau: Als der Streit zwischen Cluniazensern und Zisterziensern am heftigsten tobte, warfen erstere letzteren vor, um sie lächerlich zu machen, dass sie keine Hosen trügen. Und im Speculum Stultorum wird von dem Esel Brunellus erzählt, dass er sich fragte, was wohl passieren würde, wenn dann der Wind in der Nacht die Decken lüftete und man die Scham der Mönche sehen könnte...«
Die Mönche im Umkreis prusteten los, und Jorge ergrimmte sehr: »Ihr verführt die Brüder zu einer schamlosen Heiterkeit! Ich weiß, dass es bei den Franziskanern üblich ist, sich die Sympathien des Volkes mit solchen Narreteien zu sichern, aber zu diesen Spielchen sage ich Euch, was ein Vers besagt, den ich einmal von einem Eurer Prediger hörte: Tum podex c armen extulit horridulum!«
Die Zurechtweisung war ein wenig zu stark. William war impertinent gewesen, sicher, aber jetzt warf Jorge ihm vor, er lasse Maulfurze fahren! Ich fragte mich, ob diese scharfe Replik des gestrengen Greises nicht eine Aufforderung an uns sein sollte, das Skriptorium umgehend zu verlassen. Aber William, der eben noch so kämpferisch aufgetrumpft hatte, wurde nun plötzlich ganz sanft.
»Ich bitte Euch um Vergebung, ehrwürdiger Jorge«, sagte er. »Mein Mund hat meine Gedanken verraten, ich wollte Euch nicht zu nahetreten. Vielleicht habt Ihr recht und ich war im Irrtum.«
Jorge quittierte diesen Akt subtiler Demut mit einem Grunzen, das ebenso gut Befriedigung wie Vergebung ausdrücken mochte, und begab sich – es blieb ihm nichts anderes übrig – an seinen Platz zurück, während die Mönche, die im Laufe der Diskussion herbeigeströmt waren, sich wieder an ihre Arbeit machten. William kniete sich vor deArbeitstisch des Venantius und durchforschte weiter das flache Regal. Mit seiner unterwürfigen Antwort hatte er sich ein paar Sekunden Ruhe erkämpft. Und was er in diesen wenigen Augenblicken sah, veranlasste ihn zu den Nachforschungen der kommenden Nacht.
Es waren jedoch in der Tat nur ein paar Sekunden, denn schon trat Benno von Uppsala näher, tat so, als habe er seinen Stift auf dem Tisch liegen gelassen, als er gekommen war, um der Diskussion zu folgen, und flüsterte William ins Ohr, er müsse ihn dringend sprechen, er bitte ihn um ein Treffen hinter dem Badehaus, es sei vielleicht gut, schon einmal vorauszugehen, er werde gleich nachkommen.
William zögerte einen Moment. Dann rief er Malachias, der den ganzen Vorfall von seinem Tisch aus verfolgt hatte, und bat ihn im Namen seines vom Abt erteilten Mandates (und William betonte nachdrücklich dieses sein Privileg), unverzüglich jemanden als Wache an Venantius’ Tisch zu postieren, denn es sei für die Untersuchung sehr wichtig, dass niemand diesen Tisch berühre, bis er, William, wieder zurückkehren werde. Er sagte das mit lauter Stimme, um auf diese Weise nicht nur Malachias zur Bewachung der Mönche zu verpflichten, sondern auch die Mönche zur Bewachung Malachias’. Dem Bibliothekar blieb nichts anderes übrig, als die Bitte zu gewähren, und so ging William mit mir hinaus.
Während wir durch den Garten schritten, um das Badehaus zu erreichen, das auf der Rückseite des Hospitals lag, sagte William:
»Es scheint vielen zu missfallen, dass ich etwas in die
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