Die historischen Romane
eines blühenden Mädchens?
Ich sage das nicht, um meine Entscheidung für das mönchische Leben anzuzweifeln, sondern nur um Verständnis zu wecken für die Verfehlungen jener vielen Mitbrüder, denen diese heilige Bürde gar oft eine drückende Last ist. Vielleicht sage ich es auch ein wenig, um das schlimme Vergehen Berengars zu entschuldigen. Freilich schien dieser Mönch, den Worten Bennos zufolge, seinem Laster in einer noch schändlicheren Weise zu frönen, nämlich indem er die Waffen der Erpressung benutzte, um von anderen zu erhalten, was zu geben Tugend und Anstand ihnen gewiss hätten abraten sollen.
Seit geraumer Zeit also pflegten die Mönche zu spötteln über die zärtlichen Blicke, Berengar dem anscheinend sehr anmutigen Adelmus zuwarf. Der jedoch hatte nur Blicke für seine Arbeit, aus welcher er offenbar all seine Freude bezog, und so kümmerte ihn die Leidenschaft Berengars kaum. Freilich, wer weiß, vielleicht war er sich auch nur noch nicht bewusst, dass seine Seele im tiefsten Innern zur selben Schändlichkeit neigte. Jedenfalls offenbarte uns Benno, er habe zufällig ein Gespräch zwischen Berengar und Adelmus belauscht, in welchem ersterer unter Anspielung auf ein Geheimnis, das letzterer von ihm erfahren wollte, dem also Begehrten jenen ruchlosen Handel vorschlug, den selbst der allerunschuldigste Leser nun leicht errät. Und wie es schien, vernahm Benno von des Adelmus Lippen Worte der Einwilligung, Worte, die fast erleichtert klangen. Als hätte, mutmaßte Benno, Adelmus im Grunde seines Herzens diesen Moment herbeigesehnt und lediglich einen anderen Grund als den seiner Fleischeslust gebraucht, um endlich einwilligen zu können. Woraus zu schließen sei, dass Berengars Geheimnis wahrscheinlich verborgene Dinge der Wissenschaft betraf, so dass nun Adelmus die Illusion hegen konnte, er füge sich einer Sünde des Fleisches nur, um einer Begierde des Geistes Genüge zu tun. Und wie oft, fügte Benno lächelnd hinzu, sei er nicht selbst schon von so heftigen Geistesbegierden geplagt worden, dass er, um sie zu befriedigen, durchaus bereit gewesen wäre, sich den Fleischesbegierden anderer willfährig zu zeigen, auch gegen die eigenen Fleischesbegierden.
»Gibt es nicht Augenblicke«, fragte er William eifrig, »da auch Ihr bereit wäret, ungute Dinge zu tun, nur um ein Buch in die Hand zu bekommen, das Ihr seit Jahren sucht?«
»Sylvester II., ein überaus tugendhafter und weiser Papst, gab vor Jahrhunderten einmal sogar eine Armillarsphäre her für eine Handschrift von Statius, glaube ich, oder von Lukan«, sagte William, nicht ohne rasch hinzuzufügen: »Aber es war eine Armillarsphäre, nicht die eigene Tugend!«
Benno gab zu, dass er in seinem Eifer wohl etwas zu weit gegangen war, und fuhr fort mit seinem Bericht. In der Nacht vor dem Tod des Adelmus habe er schließlich, getrieben von seiner Neugier, die beiden verfolgt. Am Abend nach der Komplet habe er sie zusammen ins Dormitorium gehen sehen. Lange habe er daraufhin in seiner Zelle, nicht weit von den Zellen der beiden entfernt, hinter der angelehnten Tür gewartet, und als die anderen Mönche fest schliefen, habe er deutlich gesehen, wie Adelmus in Berengars Zelle geschlüpft sei. Erregt von seiner Beobachtung, habe er dann keinen Schlaf finden können, und so habe er nach einer Weile gehört, wie Berengars Zellentür plötzlich aufsprang und Adelmus fluchtartig herausgestürmt kam, gefolgt von seinem Freund, der ihn zurückzuhalten versuchte. Der Flüchtende sei die Treppe hinuntergelaufen und Berengar hinterher, woraufhin Benno als Dritter den beiden gefolgt sei, bis er am Fuß der Treppe, also am Eingang zum Korridor vor dem unteren Zellentrakt, gesehen habe, wie Berengar zitternd in einem Winkel stand und die Tür der Zelle von Jorge anstarrte. Offenbar hatte Adelmus sich dem greisen Mitbruder zu Füßen geworfen, um seine Sünde zu beichten. Und Berengar zitterte, weil er wusste, dass sein Geheimnis in diesem Moment enthüllt wurde, wenn auch unter dem Siegel des Sakraments.
Nach einer Weile sei dann Adelmus bleichen Gesichtes herausgekommen, habe Berengar, der mit ihm sprechen wollte, heftig zurückgestoßen, sei ins Freie hinausgestürzt und um die Apsis herum durch das Nordportal (das nachts immer offen war) in die Kirche geflohen, wohl um zu beten. Berengar sei ihm gefolgt, habe jedoch vor der Kirchentür haltgemacht und sei dann auf dem Friedhof händeringend zwischen den Gräbern umhergelaufen.
Nun habe Benno nicht
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