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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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lassen wir das, à la guerre comme à la guerre … Adieu, mein Lieber.«
     
    Wir hatten tatsächlich ein Rendezvous mit Agliè im Turiner Hügelland, bestätigte mir Belbo. Ein doppeltes Rendezvous. Erst am Sonntagabend ein Fest im Schloss eines sehr wohlhabenden Rosenkreuzers, danach würde Agliè uns zu einem Ort ein paar Kilometer weiter führen, woselbst, natürlich um Mitternacht, ein druidischer Ritus stattfinden sollte, über den er sich nur sehr vage geäußert hatte.
    »Aber ich dachte mir«, fügte Belbo hinzu, »wir müssten ohnehin letzte Hand an die Geschichte der Metalle legen, und hier sind wir immer zu sehr gestört. Wie wär's, warum fahren wir nicht schon am Samstag los und verbringen das Wochenende in meinem alten Haus in ***? Es ist ein schöner Ort, Sie werden sehen, die Hügel lohnen sich. Diotallevi ist einverstanden, und vielleicht kommt auch Lorenza mit. Natürlich… bringen Sie mit, wen Sie wollen.«
    Er kannte Lia nicht, aber er wusste, dass ich eine Freundin hatte. Ich sagte, ich würde alleine kommen. Seit zwei Tagen hatte ich Streit mit Lia. Es war bloß eine Dummheit gewesen, und nach einer Woche war dann auch tatsächlich alles wieder im Lot, aber ich verspürte das Bedürfnis, mich für zwei Tage aus Mailand zu entfernen.
     
    So fuhren wir nach ***, das Trio von Garamond und Lorenza Pellegrini. Bei der Abfahrt hatte es einen Moment der Spannung gegeben. Lorenza war pünktlich zum Treffpunkt gekommen, aber als sie gerade einsteigen wollte, hatte sie plötzlich gesagt: »Vielleicht bleib ich doch lieber hier, dann könnt ihr in Ruhe arbeiten. Ich komm dann mit Simon nach.«
    Belbo, der am Steuer saß, hatte die Arme ausgestreckt und starr vor sich hinblickend leise gesagt: »Steig ein.« Lorenza war eingestiegen, vorn neben ihm, und hatte während der ganzen Fahrt die Hand in Belbos Nacken gehalten, der schweigend fuhr.
    *** sei noch immer der kleine Marktflecken, den er während des Krieges gekannt habe, erklärte uns Belbo, als wir näher kamen. Wenige Neubauten, die Landwirtschaft im Niedergang, die Jungen in die Stadt abgewandert. Er zeigte auf einige flache Hänge, die jetzt Weideland waren, und sagte, früher seien sie gelb von Weizenfeldern gewesen. Das Städtchen erschien unversehens nach einer Kurve, am Fuß eines Hügels, auf dem Belbos Haus stand. Der Hügel war niedrig, und man sah hinter ihm die Höhen von Monferrat in einem leichten, leuchtenden Dunst. Während wir hinauffuhren, zeigte uns Belbo einen fast kahlen Hügel gegenüber, auf dessen Gipfel eine Kapelle stand, flankiert von zwei Pinien. »Der Bricco«, sagte er. Dann fügte er hinzu: »Macht nichts, wenn euch der Name nichts sagt. Dort ging man Ostern rauf, um das ›Engelspicknick‹ zu machen, am Ostermontag. Heute ist man in fünf Minuten mit dem Auto oben, aber damals ging man zu Fuß, und es war eine Wallfahrt.«

 
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    Ich nenne Theater [den Ort, an dem] alle Handlungen
    von Worten und Gedanken sowie die Einzelheiten
    einer Rede und der Argumente vorgezeigt
    werden wie in einem öffentlichen Theater, wo man
    Tragödien und Komödien aufführt.
     
    Robert Fludd, Utriusque Cosmi Historia , Tomi Secundi
    Tractatus Primi Sectio Secunda, Oppenheim(?) 1620(?), p. 55
     
    Wir kamen zur Villa. Villa nur sozusagen: es war ein Landhaus mit herrschaftlichem Oberstock, aber unten lagen die großen Kellerräume, in denen Adelino Canepa – der aufmüpfige Halbpächter, der Onkel Carlo bei den Partisanen denunziert hatte – den Wein aus den Gütern der Familie Covasso gekeltert hatte. Man sah, dass es seit Langem unbewohnt war.
    In einem kleinen Häuschen nebenan lebte noch eine Alte, sagte uns Belbo, die Tante von Adelino – die anderen seien längst alle gestorben, die Cavassos ebenso wie die Canepas, nur noch die Hundertjährige sei übriggeblieben, mit ihrem Gärtchen, ihren vier Hühnern und einem Schwein. Das Land sei verkauft worden, um die Erbschaftssteuer zu bezahlen, oder die Schulden, wer könne das heute noch wissen. Er ging hin und klopfte an die Tür des Häuschens, die Alte erschien und brauchte ein Weilchen, bis sie den Besucher erkannte, dann brach sie in große Ehrbezeigungen aus. Sie wollte uns alle zu sich hereinbitten, doch Belbo stoppte ihren Wortschwall, nachdem er sie umarmt und getröstet hatte.
    Wir betraten die Villa, und Lorenza stieß kleine Freudenschreie aus, als sie Treppen, Flure und schattige Zimmer mit alten Möbeln entdeckte. Belbo blieb bei seinem Understatement und

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