Die Hitlers: Die unbekannte Familie des Führers
nähere Angaben über mich enthält.
Erlauben Sie mir, Herr Präsident, meine herzlichen guten Wünsche für Ihre künftige Gesundheit und Zufriedenheit auszudrücken, verbunden mit der Hoffnung, dass Sie bald alle Männer, die an Recht und Anstand in der Welt glauben, zu einem glorreichen Sieg führen werden.
Ich verbleibe hochachtungsvoll Ihr
Patrick Hitler« 184
Der lange Brief, obwohl gespickt mit schmeichlerischen Floskeln, bezeugt das ausgeprägte Selbstbewusstsein des jungen Mannes: Er hat ein Problem – und der Präsident der Vereinigten Staaten soll es lösen. Zugleich machen die Zeilen deutlich, dass sich William in seiner Zugehörigkeit zur Familie Hitlers zunehmend unwohl fühlt. Deshalb versteckt er sich in derselben Zeit auch mehrmals hinter Pseudonymen, tritt etwa als William Patrick Dowling oder Patrick Dowling auf, nach dem Mädchennamen seiner Mutter. Das Schreiben macht auch klar, dass es der Brite bitterernst meint mit seinem Wunsch, bewaffnet gegen Adolf Hitler in den Krieg zu ziehen.
Der Brief löst hektische Aktivitäten aus. Präsident Roosevelt nimmt den Wunsch des Hitler-Neffen ernst, bleibt aber vorsichtig – er schaltet das FBI ein. Mit Datum 14. März 1942 schreibt der Sekretär des Präsidenten eine geheime Mitteilung an den mächtigen FBI-Direktor J. Edgar Hoover in Washington, in dem er eine Kopie des Schreibens beilegt:
»Lieber Edgar:
Dieser Brief kommt von Hitlers Neffen, der offensichtlich derzeit auf einer Vortragstour in den Vereinigten Staaten ist. Ich dachte, es könnte nützlich sein, der Angelegenheit nachzugehen, da er nun dem Präsidenten schreibt und darum bittet, sich der US-Armee anschließen zu dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
Edwin M.Watson, Sekretär des Präsidenten« 185
Was so salopp klingt, ist in Wirklichkeit eine klare Anweisung, der Sache auf den Grund zu gehen. Denn bei Kleinigkeiten würde der US-Präsident nicht Hoover persönlich kontaktieren. Der versteht das auch genau so: »Ich habe Anordnung gegeben, dass Hitler über seinen kompletten Lebensweg zu verhören ist und dass geeignete Untersuchungen angestellt werden, um Aktivitäten und Loyalitäten festzustellen«, heißt es im Antwortschreiben Hoovers vom 20. März. Er verlangt, dass ein erfahrener Agent die Nachforschungen anstellt und weist P. E. Foxworth, den stellvertretenden Leiter in New York, an, Hitlers »Hintergrund, Aktivitäten, Bekannte und Loyalitäten« zu erkunden und die Befragung »diskret« durchzuführen. Dabei erklärt der FBI-Chef, die britische Botschaft in Washington habe mitgeteilt, Mr. Hitler sei okay. Als verantwortlicher Beamter wird Agent T. B. White auf den delikaten Fall angesetzt. Dabei verwundert, dass die amerikanischen Regierungsstellen den Hitler-Verwandten nicht schon früher ins Fadenkreuz nahmen. Unübersehbar war William Patrick aufgrund seiner Publicity auf jeden Fall. Und sonst zeigten sich die US-Behörden während der Kriegszeit äußerst misstrauisch gegenüber Fremden im eigenen Land, beispielsweise internierten sie nach dem Angriff auf Pearl Harbor zeitweise japanische Einwanderer.
Arbeit für den Geheimdienst
Der Engländer in New York kann nur aus der Ferne zuschauen und die Meldungen im Radio oder in den Zeitungen verfolgen. Er ist zur Untätigkeit verdammt. Doch der Staub, den William Patrick mit seinem Eifer aufgewirbelt hat, schlägt sich an anderer Stelle nieder: beim amerikanischen Geheimdienst.
Im Jahr 1942 wird das United States Office of Strategic Services (OSS) gegründet, der Vorläufer der CIA. Chef der Organisation ist General »Wild Bill« William Joseph Donovan. Um im Kampf gegen Nazi-Deutschland mehr über dessen oberste Kriegsherren zu erfahren, vor allem darüber, was Adolf Hitler denkt und fühlt, soll ein psychologisches Profil über den Diktator erstellt werden. Donovan beauftragt den Harvard-Psychoanalytiker Walter C. Langer. Der ist ein Schüler Sigmund Freuds und seinem Meister ins Exil gefolgt. Langer sollte so viel wie möglich an Informationen sammeln und mit Menschen reden, die Adolf Hitler kennen, um anschließend ein Mosaik der Persönlichkeit des NS-Führers daraus zu konstruieren. Der Psychoanalytiker befragte beispielsweise Eduard Bloch, den Arzt, der Hitlers krebskranke Mutter behandelt hatte und von Österreich in die USA ausgewandert war. Oder Ernst »Putzi« Hanfstaengl, den Auslandspressechef der Nazis, der sich nach Morddrohungen aus Deutschland abgesetzt hatte.
Walter Langer bittet auch William Patrick zu
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