Die Hitlers: Die unbekannte Familie des Führers
diese Summe noch wesentlich höher an. Die Alliierten hatten nach dem Krieg alle bekannten Vermögensgegenstände konfisziert. Dennoch wanderten Gemälde, Bargeld und Gold in dunkle Kanäle und verschwanden für immer. Die Mehrheit von Hitlers Kunstwerken, vom Diktator für eine pompöse Galerie in Linz vorgesehen, beschlagnahmten jedoch die Amerikaner. Sie gaben die Bilder den enteigneten früheren Besitzern zurück und überließen den Rest später der deutschen Bundesregierung. Hitlers Wohnhaus in München am Prinzregentenplatz 16, das sowohl seine Schwester Paula als auch die Familie von Eva Braun beanspruchten, erhielt der Freistaat Bayern. Heute residiert dort die Polizei.
In den ersten Monaten nach der Kapitulation hatten sich die verschiedensten Menschen an Adolf Hitlers Besitz bedient: Nachbarn, Freunde, Angestellte aus dem persönlichen Stab ließen so manch Wertvolles mitgehen. Auf dem Obersalzberg in Berchtesgaden genehmigten die Behörden die Plünderung der Hitler-Reste ganz offiziell. Die erbeuteten Stücke fanden auf einschlägigen Sammlermärkten schnell wieder Abnehmer, die bereit waren, für solche Nazi-Memorabilien Unsummen auszugeben. Im Jahr 1950 beschlagnahmte der Generalstaatsanwalt in München verschiedene Gegenstände, die bei einer Hausdurchsuchung von Hitlers ehemaliger Haushälterin Anni Winter gefunden worden waren. In einem Koffer der Frau fand die Polizei signierte Hitler-Fotos, Mein Kampf-Erstausgaben und Aquarelle des Diktators sowie dessen Soldbuch, Waffenschein und österreichischen Reisepass. Anni Winter erstritt sich vor Gericht das Recht, den Nachlass behalten zu dürfen. Nur Hitlers Papiere, heute im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, musste sie hergeben. Die Argumentation: In Hitlers Testament vom April 1945 war vorgesehen, dass Martin Bormann »alles, was persönlichen Wert besitzt« an Verwandte und Angestellte wie Frau Winter verteilen darf. Dem folgte damals das Gericht.
Dabei sieht das Befreiungsgesetz der Alliierten »ohne Rücksicht auf gesetzliche Erbfolge oder letztwillige Verfügungen« vor, dass sämtliches Vermögen der Nazi-Prominenz eingezogen wird. Als Verwalter des Hitler-Erbes ist das Bundesland Bayern zuständig, dort war Adolf Hitler mit Wohnsitz gemeldet. Das Bayerische Staatsministerium für Finanzen stellt klar: »Das Militärregierungsgesetz Nr. 52 unterwirft das Vermögen leitender Beamter der NSDAP der Beschlagnahme durch die Militärregierung. Die Kontrollratsdirektive Nr. 28 sieht die Einziehung des Vermögens Hauptschuldiger vor. Das hiermit in Einklang stehende Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5.3.1946 bestimmt, dass alle, die die nationalsozialistische Gewaltherrschaft aktiv unterstützt haben, zur Wiedergutmachung verpflichtet sind. Das Gesetz bestimmt, dass das Vermögen von Hauptschuldigen zur Wiedergutmachung einzuziehen ist. Artikel 37 sieht vor, dass ein Verfahren zur Einführung des Nachlasses auch dann möglich ist, wenn ein Hauptschuldiger bereits tot ist. Dementsprechend ordnete die Spruchkammer München I in ihrem Spruch vom 15.10.1948 den Einzug des gesamten im Land Bayern befindlichen Nachlasses Adolf Hitler an.
Zu den eingezogenen und auf den Freistaat Bayern übertragenen Vermögenswerten gehören auch die Urheberrechte an Adolf Hitlers Mein Kampf sowie an sonstigen Werken Hitlers. Da Urheberrechte als am Wohnsitz des Rechteinhabers anzusehen sind und Adolf Hitlers Wohnsitz sich bis zuletzt in München, Prinzregentenplatz 16, befand, sind die Urheberrechte in Bayern belegenes Vermögen.
Damit ist der Freistaat Bayern – mit Ausnahme des Gebietes der USA – durch die Einziehung des Urheberrechtes Inhaber an Adolf Hitlers Mein Kampf kraft Rechtsübertragung geworden.« 248
Genau da haken die Hitler-Verwandten ein. Im Kern der schwierigen Rechtsmaterie geht es um die Frage, ob Urheberrechte als persönliche, nichtmaterielle Rechte überhaupt beschlagnahmt werden dürfen. Die Hitler-Nachkommen bestreiten das. Prominenten Beistand fanden sie bei dem Historiker und Hitler-Biografen Professor Werner Maser. Der nahm in den sechziger Jahren im Zuge seiner wissenschaftlichen Forschungen Kontakt mit den Hitler-Nachkommen auf. Daraufhin schrieb ihm Anton Schmidt aus der Waldviertler Sippe mit der Bitte, den Status der Urheberrechte vom Mein Kampf zu überprüfen. Maser kam zu dem Ergebnis, dass die Rechte den Hitler-Verwandten zustünden und sich eine Klage gegen den Freistaat Bayern lohne. Schmidt hielt
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