Die Hitze der Hölle
nicht für sinnvoll, uns dort zu benachrichtigen. Sir Guido war tot, nichts würde ihn zurückbringen.«
»Außer Branquier«, meinte Bruder Odo. »Er kam früher. Wir waren um ein Uhr miteinander verabredet.« Er lächelte und stocherte in seinem Essen. »Ich schlief, Branquier mußte mich wecken. Manchmal fordert das Alter sein Recht. Aber wie spät war es da eigentlich?«
»Die Stundenkerze hatte den dreizehnten Ring noch kaum erreicht«, entgegnete Branquier. »Ihr habt das selbst gesehen.« Er schaute zu Corbett hinüber. »Ich wollte, daß Bruder Odo mir ein Buch heraussucht. Als ich jedoch nach Framlingham kam, erzählte mir ein Diener von Sir Guidos Tod. Ich ging in meine Zelle, legte meine Sachen ab und suchte dann erst Bruder Odo auf.«
»Das sind die Informationen, die ich benötige«, erklärte Corbett. »Ich entschuldige mich, Großmeister, aber ich muß alle befragen, wann genau sie sich wo aufgehalten haben.« Er hob beschwichtigend die Hand. »Ich bin mir sicher, daß diese Fragen einiges klären werden. Weder ich noch seine Hoheit der König wollen jemanden beleidigen. Als Beweis habe ich aus der Greenmantle Tavern ein Faß Wein mitgebracht, Großmeister, den besten Wein, den die Gascogne jemals hervorgebracht hat. Ein Geschenk seiner Hoheit.«
»Ah.« De Molay lächelte dankbar. »Vom Weinhändler des Königs, Hubert Seagrave. Er hat beantragt, ein bestimmtes Areal von uns zu kaufen, ein verwildertes Stück Land...«
Er verstummte. Ein fürchterlicher Schrei drang aus der Küche. Ranulf reagierte als erster. Er sprang auf, warf seinen Stuhl dabei um und rannte in die Küche. Corbett und die anderen folgten ihm in einen riesigen höhlenartigen Raum mit Haken an den Wänden, von denen Kasserollen, Töpfe und Pfannen hingen. Hier glich alles eher einer Szene aus der Hölle: Neben dem Ofen stand einer der Köche und schrie. Seine Kollegen starrten ihn entsetzt an. Hoch auflodernde Flammen hüllten ihn ein. Das Feuer hatte die Schürze des Mannes erfaßt. Seine Beinkleider sowie sein Halstuch waren angesengt. Er schwankte einen Schritt nach vorne und sank dann in die Knie. Ranulf goß einen großen Eimer Wasser über ihn aus und schleifte mit Maltotes Hilfe ein schweres Stück Sackleinwand herbei, das neben einem Brotkorb gelegen hatte, und warf es über den gequälten Mann, um auch noch die letzten Flammen zu ersticken. Corbett ließ seinen Blick rasch über die Templer wandern. De Molay hatte sich umgedreht und schaute auf die Wand. Bruder Odo und die vier Kommandanten des Templerordens starrten mit einem entsetzten Gesichtsausdruck vor sich hin. Die Schreie des Kochs wurden schwächer und gingen in ein Wimmern über. Dann war es still. Schließlich regte sich die Gestalt unter der Sackleinwand nicht mehr. Ranulf, dessen Hände und Gesicht rußgeschwärzt waren, schlug sie zurück. Der Koch war tot, sein gesamter Körper wies die fürchterlichsten Verbrennungen auf. Ein schrecklicher Anblick. Maltote würgte und verschwand durch die Tür, die auf den Hof führte.
Die anderen Diener, Küchenjungen, Tellerwäscher und Köche entfernten sich, so weit es ging, von den Templern. Einer warf ein Zinngefäß um, das laut klirrend über den Boden kullerte. »Er lachte«, flüsterte einer der Köche. »Er lachte, und dann stand er auf einmal in Flammen. Ihr habt es doch gesehen? Die Flammen waren überall.« Wir hatten gerade ein paar Witze erzählt. Er lachte.« Der Mann fuhr sich mit der Hand an die Nase. Jetzt erst hatte er den fürchterlichen Gestank bemerkt.
»Wer ist er?« fragte Corbett leise.
»Peterkin. Er lebte mit seiner Mutter an der Coppergate Lane. Er hatte den Ehrgeiz, seine eigene Garküche zu eröffnen.«
»Schafft ihn weg.« De Molay wandte sich an die Templer-Sergeanten, die sich inzwischen in der Tür des Refektoriums drängten. »Bedeckt die Leiche mit einem Tuch, und bringt sie in die Krankenstube.«
Die Diener drängten sich immer weiter Richtung Tür. Der Küchenmeister, ein breiter Mann mit einem kahlen Kopf, trat vor. Er zog seine Lederschürze aus und warf sie zu Boden. »Jetzt reicht’s!« brüllte er. »Wir gehen. Versucht nur, uns aufzuhalten. Morgen früh sind wir hier weg.« Er deutete auf die Templer. »Wir wollen unseren Lohn, und dann sind wir hier weg.«
Corbett bemerkte den bösartig roten Abszeß auf der Handfläche des Mannes, und es wurde ihm beim Gedanken daran, was er gegessen hatte, übel. Die Forderungen des Kochs wurden von den anderen wiederholt. Die
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