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Die Hitze der Hölle

Die Hitze der Hölle

Titel: Die Hitze der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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stieß ihn beinahe zu Boden. Er schob einen Teil der Wandverkleidung beiseite und drückte auf einen Hebel. Es klickte, ein Teil der Täfelung schwang nach vorn, und eine Tür wurde sichtbar. De Molay zog einen Schlüssel aus einem Beutel, steckte ihn in das Schloß, und die Tür öffnete sich. Sie traten in eine kleine und schmale Zelle mit nacktem Fußboden und weißgekalkten Wänden. Durch ein winziges Fenster fiel etwas Licht.
    Corbett schaute ein wenig verlegen auf die Truhen und Kisten, die hier gelagert wurden.
    »Hier verwahren wir unsere Schätze«, erklärte Branquier. »In vielen unserer Burgen und Herrenhäuser gibt es einen solchen Raum. Ist es beim König nicht ebenso?« Branquier trat ganz nahe an Corbett heran. »Vielleicht sogar bei Euch, Hüter des königlichen Geheimsiegels. Öffnet Ihr, Sir Hugh, etwa alle Eure Zimmer und Kammern den Neugierigen und Aufdringlichen?«
    »Ich hatte nur gefragt«, entgegnete Corbett.
    »Und da habt Ihr Eure Antwort.«
    Corbett betrachtete den Gobelin an der Wand, ein kostbares Stück in einem schmalen Holzrahmen. Dargestellt war die Kreuzabnahme. Nikodemus und der Apostel Johannes beugten sich über den Leichnam. Maria kniete mit ausgestreckten Armen. Dem Künstler war es gelungen, ein außerordentlich lebendiges Bild zu schaffen. Mit seinen Gold-, Blau-, Rot-, Grün- und Purpurtönen glich es mehr einem Gemälde als einer Stickerei. »Dieser Gobelin ist sehr kostbar«, erklärte de Molay. »Er stammt aus Italien. Allein die Goldfäden kosten den Jahresgewinn dieses Gutes. Aber kommt, Sir Hugh, wir wollen Euch noch mehr zeigen.«
    Corbett trat aus der Kammer. De Molay verschloß die Tür, und Branquier schob die Wandtäfelung an ihren Platz zurück. Dann gingen sie den Gang weiter und einige Stufen hinauf. Am Ende der Stufen bewachten zwei Soldaten eine Treppe, die vermutlich auf den Dachboden führte. De Molay befahl ihnen, beiseite zu treten. Er schloß die Tür auf. Sie kamen in einen langen, ziemlich muffigen Raum. Auf der anderen Seite war über einem provisorischen Podium mit einem hölzernen, von Kerzenhaltern flankierten Altar ein ovales Fenster.
    »Schaut Euch nur um«, sagte Branquier spöttisch zu Corbett. »Das ist nicht nötig«, entgegnete Corbett, »hier ist so wenig zu finden wie auf einem Heuboden.«
    Er warf einen Blick in den Dachstuhl. Durch die Dachziegel schimmerte der Himmel. Corbett ging auf den Altar zu. Davor lagen zwei Kissen. Er untersuchte das Wachs auf dem Altar.
    »Hier ist nichts!« meinte Branquier unwillig. Er sah jedoch so aus, als hätte er Angst, sich längere Zeit auf diesem Dachboden aufzuhalten.
    »Warum wird dieser Speicher dann so gut bewacht?« fragte Corbett.
    Branquier zuckte zusammen und wollte schon antworten. De Molay kam ihm jedoch zuvor.
    »Sir Hugh, Ihr seid das Mißtrauen in Person. Wir sind der Templerorden. Wir haben unsere eigenen Riten und Rituale.«
    »Ihr habt doch eine wunderschöne Kapelle im Erdgeschoß.«
    »Das ist richtig«, erwiderte der Großmeister. »Aber seht Euch nur irgendein anderes Klostergebäude in York an, das der Zisterzienser, der Kartäusermönche oder der Kreuzbrüder. Sie haben alle geheime Schatzkammern und Kapellen, in denen sie sich den Blicken der Öffentlichkeit entziehen. Hier ist es nicht anders.«
    »Für alle?« wollte Corbett wissen.
    »Aber nein«, antwortete de Molay. »Nur Sir Richard und ich haben diese Stufe in unserem Orden erreicht.«
    De Molay hielt sich im Schatten, sein Gesicht abgewendet. Corbett wußte intuitiv, daß der Großmeister ihm etwas verschwieg, aber was sollte er dazu schon sagen? Er hatte seine Fragen gestellt, und de Molay hatte geantwortet.
    Er ging zur Tür. »Ich danke Euch für Euer Entgegenkommen, Großmeister. Heute morgen hat mein Diener ein Faß Wein, ein Geschenk des Königs, in der Küche abgegeben.« Er lächelte über die Schulter. »Das wird Euch aber kaum für den Ärger entschädigen, den ich Euch verursacht habe.«

7

    C orbett verließ den Dachboden, drehte sich aber auf halber Treppe noch einmal um.
    »Übrigens, Großmeister, hat jemand Framlingham Manor gestern abend verlassen?«
    »Außer den Dienern, die die Flucht ergriffen, niemand. Die Mitglieder unserer Gemeinschaft haben strikte Anweisung, Framlingham nicht zu verlassen.«
    Corbett dankte ihm und kehrte zum Gästehaus zurück. Ranulf und Maltote unterhielten sich gerade mit Claverley detailliert über präparierte Würfel und wie einfach es sei, beim Münzenwerfen zu

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