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Die Hitzkammer

Die Hitzkammer

Titel: Die Hitzkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Schlossermeister einen der drei Söhne des Teufels entdeckt zu haben. Nun war er es wieder nicht.
    Er zwang sich, noch einmal von vorne zu denken. Durch das F und das S auf der Stirn der toten Gunda Löbesam gab es eine Verbindung zu Freyja, die man auf diese Weise der Hexerei und des Mordes bezichtigen wollte. F und S hieß aber auch Filii Satani. Ob die Doppelbedeutung Absicht war, stand dahin. In jedem Fall war davon auszugehen, dass es die Söhne des Teufels gab und dass Freyj a mit ihnen Kontakt gehabt hatte, auch wenn sie sich an Einzelheiten nicht erinnern konnte, da ihr Gedächtnis Lücken aufwies. Immerhin hatte sie sprechende Augen und Hände gesehen. Waren es Taufliebs Augen und Hände gewesen? Und, vielleicht noch wichtiger: Hatte Freyja des Schlossermeisters Stimme gehört?
    An dieser Stelle blieb festzuhalten, dass Freyj a nichts an Tauflieb wiedererkannt hatte, als dieser im Oberstock gewesen war, um das Schloss in die Türklappe zu setzen. Das sprach für den Meister. Und gegen Lapidius’ Überlegungen. Andererseits durfte der schlechte Gesundheitszustand seiner Patientin nicht unberücksichtigt bleiben.
    Lapidius’ zermartertes Hirn kam zu einem Schluss: Wenn überhaupt, war Tauflieb nur einer von den drei Söhnen des Teufels.
    Aber wer waren dann die beiden anderen?
    Der Dritte Sohn des Teufels stand vor dem Bett der schwergewichtigen Frau. Er konnte nicht viel von ihr sehen, denn das Mondlicht, das durch ein schmales Fenster in die Kammer fiel, warf nur einen matten Schein auf ihre Massen. Dennoch erkannte er die Schlafende. Es war Auguste Koechlin. Die Bergmannsfrau lag ihm zugewandt, mit halb geöffnetem Mund, aus dem hin und wieder schmatzende Laute hervordrangen. Die Daunendecke, die ihren Leib verhüllte, war seitlich abgerutscht und gab den Blick auf eine nahezu entblößte Brust frei.
    Der Dritte Sohn des Teufels spürte, wie es in seinen Lenden zu ziehen begann. Seine Hand schien ein Eigenleben zu bekommen, als sie sich vorstreckte, um die weißliche Wölbung zu betasten, doch im letzten Augenblick konnte er sie zurückziehen. Er war nicht gekommen, um sich an der Bergmannsfrau zu ergötzen.
    Zusammen mit dem Zweiten Sohn des Teufels, der hinter ihm stand, hatte er einen Auftrag.
    Einen sehr wichtigen Auftrag.
    Walter Koechlin schlief schon seit Jahren nicht mehr im gemeinsamen Ehebett. Das hatte mehrere Gründe. Einer davon bestand darin, dass seine Frau der Fleischeslust nicht sonderlich zugetan war, j edenfalls die letzten Monate nicht. Ein zweiter war ihre Leibesfülle, die den Großteil des Lagers für sich beanspruchte, und ein dritter, sicherlich der wichtigste, war der Umstand, dass er ein schauerlicher Schnarcher war. Die Töne, die er beim Atmen in Mund und Rachen produzierte, waren so markerschütternd laut, dass sogar die Drusweiler von nebenan sich schon beschwert hatte.
    Koechlin allerdings hörte davon nichts. Nur am Morgen fühlte er sich schlapp und unausgeschlafen, was daran lag, dass er nachts häufiger wach wurde, meistens, nachdem er geträumt hatte, er müsse ersticken – eine Folge der langen, qualvollen Atmungsaussetzer, die mit dem Schnarchen einhergingen.
    In dieser Nacht war es wieder so. Koechlin rasselte und röchelte, rang nach Luft, schnappte wie ein Fisch auf dem Trockenen und wurde endlich, kurz vor dem Erstickungstod, wach. Sein Puls, durch die Luftknappheit alarmiert, raste. Er versuchte, ruhig zu atmen und wieder einzuschlafen. Doch da hörte er ein Geräusch. Es kam aus dem Nebenzimmer, in dem seine Frau schlief. Es war ein ungewohntes Geräusch, keineswegs eines, wie es zu den vertrauten der Nacht gehörte. Es klang, als habe ein Mann unterdrückt gehustet.
    Voller Ahnungen erhob sich Koechlin. Es hatte in letzter Zeit Gerüchte in Kirchrode gegeben, die besagten, dass seine Auguste dem Büttel schöne Augen machte, aber er hatte darüber nur gelacht. Anfangs jedenfalls. Die Stimmen j edoch waren nicht verstummt, und mittlerweile war er soweit, dass er ihnen fast Glauben schenkte.
    Er schlich zur angelehnten Tür und öffnete sie vorsichtig einen Spaltbreit. Nichts war zu sehen. Der Spalt musste vergrößert werden. Er tat es – und erstarrte. Der Leibhaftige stand vor ihm! Riesig im Mondlicht, mit Bockshörnern, Spitzbart und höhnischer Grimasse! Koechlin wollte um Hilfe rufen, aber sein Schrei erstarb unter einem furchtbaren Schlag. Er taumelte zur Seite, drehte sich um die eigene Achse und fiel mit dem Hinterkopf auf eine Tischecke. Von da aus

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