Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)
Dunbarton. Er machte seinem unglücklichen Pfarrkind im Militärarrest seinen Besuch. Wenn er auch in ihm einen Menschen ohne alle Schulweisheit fand, so fand er doch keinen verstockten Christen in ihm, und die Antworten auf religiöse Fragen, die er von ihm erhielt, machten es ihm doppelt schmerzlich, in dem Jüngling eine von Natur so reine und edle Seele in solch verwildertem Zustande anzutreffen.
Bittere Vorwürfe machte sich der Geistliche, nachdem er diese Meinung von dem Charakter und dem Gemüt des Jünglings gewonnen hatte, daß er sich durch die Scheu vor dem schlechten Rufe, welcher der Witwe des einstigen Räubers anhaftete, an jenem Morgen, als ihn Hamish nach Zeit und Stunde fragte, hatte bestimmen lassen, die von dem liebreichen Bestreben, dies verlorene Schaf seiner Herde zurückzugewinnen, diktierte Absicht eines Besuchs in der Hütte von Hamishs Mutter fallen zu lassen. Der wackere Pfarrer tat nun sein möglichstes, für sein Pfarrkind, wenn nicht Begnadigung, so doch Aufschub zu erlangen, denn die Empfänglichkeit der edlen, schönen Seele des jugendlichen Mörders rührte ihn tief. Er sprach bei dem Hauptmann vor. Düstere Trauer lag auf dessen Stirn. Sie vergrößerte sich noch erheblich, als er Namen und Wohnort des Pfarrers erfahren hatte und über Grund und Zweck des Besuchs aufgeklärt worden war.
»Es ist gar nicht möglich, hochwürdiger Herr,« erklärte der hochländische Offizier, »daß Sie mir mehr Gutes von dem Jünglinge melden, als ich selbst von ihm glaube. Auch bedarf es gar keiner Bitte von Ihrer Seite, mich für den unseligen Menschen zu verwenden, denn so weit mir dies irgend möglich war, ist es ja bereits geschehen. Aber es ist alles umsonst und kann ja nach Art des Vorganges auch gar nicht anders sein. Zudem ist unser Oberst halb Niederländer, halb Engländer, dem es an jeglichem Verständnis für den hohen, enthusiastischen Sinn fehlt, der in diesem Gebirgslande so häufig die hehrsten Tugenden in Konnex bringt mit schweren Verbrechen und Lastern, die in der Regel mehr Herzenssünden sind als Verstandesirrungen. Ich bin so weit gegangen, ihm zu bemerken, daß in diesem jungen Menschen von dem im Grunde durchweg tüchtigen Mannschaftstande meiner Kompagnie der tüchtigste durch das Kriegsgericht verurteilt worden sei. Ich habe ihm den ungeheuerlichen Betrug auseinandergesetzt, der dieser scheinbaren Fahnenflucht des Jünglings zugrunde liegt, und wie wenig sein Herz Anteil an einem Verbrechen habe, das unglücklicherweise durch seine Hand begangen worden sei. Was mir der Oberst darauf erwidert hat, lautet: Ich kann an dem Spruche nichts ändern, Kamerad; das Exempel muß statuiert werden, und fällt das Los nun zufälligerweise auf einen Mann, der sonst ein guter Rekrut ist, so wird es nur desto bessere Wirkung üben.« Lassen Sie es also lieber Ihre Sorge sein, ehrwürdiger Herr, Ihren bußfertigen Sünder auf eine Reise vorzubereiten, die er morgen mit Tagesanbruch antreten muß und gegen die es schließlich für uns alle kein Rezept gibt.«
»Und auf die uns alle,« setzte der Geistliche hinzu, »der gütige Gott vorbereiten möge, gleichwie ich nicht wanken will in meiner Pflicht für diesen armen Jüngling.«
Siebzehntes Kapitel.
Am nächsten Morgen grüßten die ersten Strahlen der aufsteigenden Sonne die grauen Türme, die den Gipfel des wunderlichen schrecklichen Felsens Dunbarton krönen, als die Mannschaften des neuen Hochlandsregiments in der gleichnamigen Feste zum Appell antraten und nach abgenommener Parade die steinernen Stufen und engen Gänge zum äußeren Tore hinunterschritten, das auf dem Grunde des Felsens errichtet ist. Hin und wieder vernahm man die wilden wehklagenden Töne des hochländischen Kriegsgesanges, abwechselnd mit den Pfeifen und Trommeln, die den Leichenmarsch schlugen.
Das Schicksal des unglücklichen Menschen fand anfänglich bei dem Regiment wenig Mitleid; ganz anders hätte es sich in dieser Hinsicht verhalten, wäre er bloß wegen Desertion verurteilt worden. Der ermordete Allan Breack war allgemein beliebt gewesen und gehörte obendrein einem starken und mächtigen »Clan« an, zu dem auch Leute hohen Ranges gehörten. Das an ihm begangene Verbrechen hatte auf Hamish das schlechteste Licht geworfen. Hatte sich auch sein Vater durch seine Stärke und Männlichkeit einen Namen erworben, so war doch sein »Clan« gebrochen und gleich allen Clans, wenn es an einem Häuptling fehlte, die Stammesgenossen in die Feldschlacht zu
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