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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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andere Mal zu ihr gekommen waren, um eine Deutung vornehmen zu lassen, was darauf hinwies, dass sie, wenn sonst nichts, doch ihren Fähigkeiten vertrauten.
    »Es ist so gut wie sicher, dass die Geisterarmee hierher unterwegs ist«, sagte sie, ihre Stimme so laut ansetzend, wie sie konnte. »Wir dachten, wir könnten versuchen, die Stadt so mit einem Bann zu belegen, wie wir es bei unseren Häusern tun, um die Geister fernzuhalten.«
    »Aber das funktioniert doch nur, weil es unsere Häuser sind«, wandte ein Mann mit goldbraunem Haar ein. Sie hatte seinen Namen vergessen, vielleicht weil sie ihn nie gemocht hatte.
    »Und das ist unsere Stadt, nicht wahr?«, entgegnete Martine. »Wollt ihr euch in einem von Geistern beherrschten Land ein neues Zuhause suchen? Ich glaube nicht, dass sie häufig Deutungen brauchen werden!« Sie versuchte es mit Humor und erntete tatsächlich ein paar Kicherer.
    Wila, die vor allem für die Huren unten am Hafen deutete, räusperte sich. »Mein Bann ist für Wände und Türen«, sagte sie. »Ich glaube nicht, dass er für Straßen funktioniert oder für Plätze. Keine leeren Räume, verstehst du?«
    Martine schaute über ihre Köpfe hinweg zu Ranny. »Können wir Barrikaden auf den äußeren Straßen bauen lassen? Wenn wir einen Ring aus Häusern und Barrikaden errichten, die von einem Bann belegt sind …«

    Ranny nickte kurz und sprang vom Podest. »Ich werde dafür sorgen. Ihr weist ihnen Viertel zu. Und vergesst nicht den Hafen.«
    Zum Glück wohnten die meisten Steinedeuter in den ärmeren Vierteln der Stadt – in der Nähe des Hafens und in den Vororten. Die Stadtmitte auf dem Hügel war den Hochangesehenen vorbehalten. Martine sprach einen Bediensteten des Stadtrats an, um sich von ihm eine Karte von Turvite bringen zu lassen, und wies dann jedem Steinedeuter ein Gebiet zu. Wenn möglich, teilte sie ihm das Gebiet zu, das seinem Wohnhaus am nächsten lag.
    Einer von ihnen war ihr unbekannt. Er war mit Thegan aus Sendat gekommen, ein sonderbar wirkender, kahlköpfiger Mann ohne Brauen. Er hieß Otter. Er studierte die Karte eingehend und sprach mit tiefem Hass von dem Zauberer.
    »Die anderen haben Angst vor dem Zauberer«, sagte Martine zu ihm. »Du aber hasst ihn.«
    Otter presste die Lippen zusammen. »Ich stamme aus Carlion.« Er starrte auf den Stadtplan, ohne ihn wirklich wahrzunehmen. »Seit zwanzig Jahren setze ich mich für die Gleichberechtigung von Wanderern ein. Ich und andere, Wanderer oder nicht. Wir hatten es fast erreicht, dass die Gesetze in Carlion aufgehoben worden wären. Einer der städtischen Verwaltungsbeamten hatte ein offenes Ohr für uns und auch eine Reihe von Ratsmitgliedern. Wir standen so dicht davor! Zwanzig Jahre … und dieser blutrünstige Bastard hat in einer einzigen Nacht alles zerstört. Davon werden wir uns nie wieder erholen.«
    Er wandte sich abrupt ab und ging mit den anderen hinaus, als täte es ihm leid, so viel gesagt zu haben. Er ist stark, dachte Martine und empfand Trauer um die Zukunft, für die er sich eingesetzt hatte. Es beschämte sie ein wenig, dass ihr
selbst so etwas nie in den Sinn gekommen war. Hoffentlich würden sie und die anderen einen stabilen Bann verhängen können. Aber sie wusste, dass es ihnen lediglich Zeit verschaffen würde.
    Wo war Ash? Und Bramble, wo war sie?

    Da Martine mittlerweile kein Zuhause mehr in Turvite hatte, wählte sie sich einen Teil der Stadt aus, mit dem keiner der Steinedeuter etwas zu tun hatte, nämlich entlang der Straße nach Sanctuary. Das war die Route in die Stadt, über welche die Geister höchstwahrscheinlich kommen würden, und hier würde sie vielleicht auf Ash treffen. Sie stellte sich an eine Barrikade aus Karren, Fässern und Brettern, die quer über die Straße errichtet worden war.
    »Wenn ihr es könnt, warum sprecht ihr Steinedeuter nicht häufiger einen Bann aus?«, hatte Sorn sie in dem Gasthof gefragt.
    »Es gibt nicht so viele, die man aussprechen kann«, hatte sie ihr geantwortet. »Bloß eine Hand voll, und die meisten davon gehen nach hinten los. Wenn man einen Liebesbann ausspricht, hasst einen am Ende jemand, wenn du das böse Auge verhängst, sehen deine Augen selbst hinterher nur Hässliches.«
    »Gleichgewicht«, sinnierte Sorn.
    »So etwas in der Richtung. Der Bann, mit dem man Geister fernhält, ist irgendwie anders. Vielleicht liegt es daran, dass er nicht versucht, jemanden zu ändern, sondern nur bewahrt, was da ist, nämlich die Privatsphäre.«
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