Die Hoehle der Traenen
Gefallen zu tun, als er mich mit dem Vetter von Lindes Mann verlobte. Mein Vater sagte, er sei sogar noch eine bessere Partie als Aden, da er ein größeres Grundstück und mehr Silber besaß. Darüber hinaus lebte er genau wie Linde in der Festung des Kriegsherrn und ließ seine Ländereien oben in der Nähe der Berge von einem Blutsverwandten verwalten.
»Du wirst dich sicher freuen, ihn kennen zu lernen«, sagte er zu mir, strahlend vor Freude darüber, mir eine so großartige Gunst erwiesen zu haben. Ich bedankte mich gebührend bei ihm, schien nach außen hin beinahe ohnmächtig zu werden vor Begeisterung. Doch mein Geist verdunkelte sich vor Furcht. Linde kannte mich besser als jeder andere. Falls sie die Macht erkennen würde, die in mir erwacht war …
Aber dann wurde mir klar, dass sie es nicht wagen würde, es offen auszusprechen, weil es ihre Familie genauso beflecken würde wie die meine. Sie würde es nicht wagen, ein solches Risiko einzugehen. Bei ihr war ich sicherer als bei irgendwem sonst. Als ich dies erkannte, traten mir Tränen in die Augen, und mein Vater umarmte mich, was er nur selten tat.
Wenig später kam mein Mann Calin, um mich abzuholen.
Was soll ich noch sagen? Schließlich ist er tot. Er war ein ungehobelter Kerl und ein Tyrann, aber kein schlechter Mensch. Er war es einfach gewohnt, seinen Willen durchzusetzen, und Cenreds Festung war ein Ort der Trunkenheit und Zügellosigkeit. Calin hatte jahrelang so gelebt, seit er ein ganz junger Mann war, und es hatte ihn geformt.
Cenreds Gattin war eine gebrechliche Frau, die einzig und allein für sich sein wollte, und sein Sohn hatte nicht geheiratet, sodass es niemanden gab, der die jungen Frauen der Offiziere im Auge behielt. Für Linde und mich war das die Fortsetzung
unseres bisherigen Lebens, außer dass wir die Halle mieden, wo die Offiziere tranken, hurten und spielten.
Linde war vernarrt in ihren Mann Aden. Der war ein netter Junge und hatte nur Augen für sie. Ich befasste mich mit meinem Mann, so gut ich konnte, und verfluchte meine Eltern dafür, dass sie mir romantische Schwärmereien in den Kopf gesetzt hatten. Aber es war Calin, der mich meine wahre Macht lehrte, eine Macht, die ich unter Schmerzen und Furcht erlernte, Nacht für Nacht in unserem Bett. Nacht für Nacht wünschte ich ihm den Tod.
Und Tag für Tag verfiel er mehr.
Schwindsucht, nannte es der Heiler. Er wich meinem Blick aus, als er es sagte, sodass ich mich ihm in den Weg stellte, als er zur Tür hinausgehen wollte. Ich tat so, als wollte ich mich bei ihm bedanken, fragte dann aber: »Was ist los?«
Er sah auf seine Hände herab, als wollte er seine Worte abwägen. »Hat Euer Gatte Feinde, meine Dame?«
Ich richtete mich starr auf. »Er ist Offizier. Viele Menschen hassen Offiziere.« Ich hielt inne, musste die Frage aber stellen. »Warum?«
»Diese Krankheit hat so etwas an sich … Für einen so jungen Mann kommt das sehr schnell. Er könnte … verwünscht worden sein.«
Das Blut wich mir aus dem Kopf, und ich geriet ins Schwanken. Zweifellos glaubte er, mir einen Schrecken eingejagt zu haben, denn er nahm meine Arme, um mich zu stützen, und fing an zu stammeln: »Nein, nein, kein Grund, Angst zu haben, Lady, es war bloß ein dunkler Gedanke, aber es passiert manchmal so schnell, aus der tiefen See und nirgendwo heraus, wie man sagt …«
Ich zwang mich dazu, ruhig zu sprechen. »Wenn das herauskäme, könnte es zu Repressalien gegenüber unschuldigen Menschen kommen.«
Er nickte und erwähnte es nie wieder.
Calin war mittlerweile zu schwach, als dass er mit anderen Gedanken als dem Schlaf in unser Bett gekommen wäre. Doch in dieser Nacht strich ich ihm zärtlich über den Kopf und wünschte ihm Gutes, weil ich ihm nie wirklich etwas Böses gewünscht hatte, auch wenn ich seine Berührungen fürchtete. Nie hatte ich vorgehabt, ihn umzubringen. Ich wünschte ihm von ganzem Herzen Gutes, wünschte es Tag und Nacht, aber es hatte keinen Zweck. Ich besaß nicht die Macht zu heilen, nur die zu verfluchen.
Er starb nur vier Monate nach unserem Hochzeitstag, und ich dankte den Göttern, dass ich kein Kind von ihm austrug.
Ich legte das Verhalten von Trauer an den Tag. Ich ließ ihn angemessen aufbahren und weinte während des Begräbnisses, Swith weiß, dass ich bleich genug aussah. Und am dritten Tag schloss ich mich dann in unserem Zimmer ein, dem Zimmer, in dem er gestorben war. Ich sagte, ich wollte niemanden bei seinem Wiedergang dabeihaben,
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