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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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Kindes, doch dann veränderte der Schrei sich, und Martine hörte echten, schneidenden Schmerz heraus.
    Tränen rannen Cael das Gesicht hinab. Der Nebel um Safreds Kopf verdunkelte sich, wurde eher wie Rauch, formte Locken und Haarbüschel. Komplexe Muster traten hervor, wie Wasserzeichen in Seide, und Martine begriff, dass es auf seine Weise wunderschön war. Ihre seherischen Fähigkeiten beschieden ihr zudem, dass der Nebel nun zufrieden war.
    Das Schreien ebbte zu einem Wimmern ab, und Safred sackte auf dem Deck zusammen. Cael schloss sie in seine Arme, wobei er zusammenzuckte, da ihm seine Verletzung Schmerzen bereitete. Sie waren nun nur noch vage eingehüllt von den herumwirbelnden Mustern aus Licht und Dunkelheit.
    Dann war der Nebel plötzlich fort und raste über das Wasser auf das offene Meer zu. Er wirkte dunkler, doch nach wie vor blass, immer noch formlos.
    Martine kauerte sich neben Safred und nahm ihre Hand.
    »Alles weg«, stöhnte Safred und legte den Kopf auf Caels Schulter. »Sie sind alle weg.«
    Der Steuermann stolperte nach vorn, und seinem Gesicht war deutlich anzusehen, dass er es gewesen war, der geweint hatte.
    Die Kapitänin umarmte ihn. »Was hat es genommen?«, fragte sie.
    »Meine Kindheit, glaube ich«, sagte er. »Ich kann mich an nichts mehr erinnern, was vor meinem zwölften Lebensjahr geschehen ist, also vor der Zeit, als ich zum ersten Mal an Bord eines Schiffes kam.«
    Die Kapitänin stieß einen Seufzer der Dankbarkeit aus.
»Das ist schon in Ordnung«, freute sie sich, lächelte und nahm ihn in die Arme. »Du hast ohnehin eine versaute Kindheit gehabt!«
    Sie winkte der Besatzung zu, und diese schrie Hurra.
    »Saf? An was kannst du dich erinnern, Liebes?«, fragte Martine schmeichelnd.
    »Sie haben mir die Geheimnisse weggenommen«, sagte Safred, ohne die Augen aufzumachen. »Nur das. So viele.« Sie war erschöpft.
    »Deine eigenen Erinnerungen?«, fragte Cael.
    »Ich glaube nicht. Ein paar kleine vielleicht.« Sie setzte sich auf. »Ich kann mich nicht mehr an das erste Mal erinnern, als ich jemanden geheilt habe«, bemerkte sie.
    »Deine Kindheit?«, brachte Cael hervor.
    »Ich erinnere mich an dich und Sage, an Nim und March«, sagte sie langsam. »Also glaube ich, dass sie mir das gelassen haben.«
    »Haben?«, fragte Arvid. »Die Kapitänin sprach von einem Es.«
    Safred schüttelte den Kopf. »Haben«, sagte sie energisch. »Sie waren wie ein Schwarm, wie ein Haufen Wespen, die sich aus einem Bienenkorb ernähren. Parasiten.«
    Sie schauderte. Dann beugte sie sich vornüber und erbrach sich. Die anderen halfen ihr auf, und Martine und Zel führten sie in Richtung der Kajütenleiter, vorbei am Steuermann. Sie starrten einander voller Mitgefühl und Verbundenheit an.
    »Es war wirklich eine versaute Kindheit«, sagte er. »Aber jetzt habe ich nur noch … Leere.«
    Sie nickte, nach wie vor zitternd. »Eine große Leere. Sie wird nie wieder ausgefüllt werden.«

Saker
    Den ganzen Tag über dachte Saker darüber nach, wann er seine Armee erwecken sollte. Was, wenn sein neuer Zauberspruch nicht funktionierte? Was, wenn sie die Festung angriffen und die Geister währenddessen verblassten und ihn hilflos zurückließen?
    Er beschloss, den Zauber unmittelbar vor der Morgendämmerung zu vollziehen und dann bis Sonnenaufgang zu warten. Falls sie verblassten, dann schadete das nicht. Falls nicht, dann hieß es: Auf zur Festung!
    Nachdem sie die benötigten Äxte aus der Festung an sich gerissen haben würden, würden sie umkehren und durch die Stadt ziehen. Er lächelte in sich hinein. Das war ein guter Plan.
    Er aß mit Lefric zu Abend und genoss es. Es war das erste Essen seit Wochen, das ihm wirklich schmeckte. Der Alte hatte Klöße und schwarzen Rübensirup zum Nachtisch bereitet, etwas, das Saker nur selten bekam – Gasthöfe boten so etwas fast nie an, und Freite hatte nie gekocht, es sei denn für einen Zauber.
    Er leckte sich die Finger ab und lächelte Lefric an. Wenn sie durch die Stadt stürmten, würde er dafür sorgen, dass dieser Mann verschont blieb. Dieser Beschluss führte dazu, dass er sich mächtig und großherzig vorkam; Leben und Tod lagen in seinen Händen, doch er würde seine Macht klug einsetzen.
Der Himmel war noch schwarz. Saker hatte seine Route am Nachmittag ausgearbeitet, doch sie nun, so kurz vor der Dämmerung, wiederzufinden, erwies sich als schwierig. Eine Laterne hatte er nicht mitgenommen, denn Licht zu machen war zu gefährlich. Also tappte er

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