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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Wasser und beobachteten die Mücken und die Fische. Der Abendschein der Sonne ließ den Seespiegel wie Perlmuttschalen leuchten.
    Obgleich die Jungen nur den See zu betrachten schienen, beobachteten sie in Wahrheit ihre ganze Umgebung, sofern sie ihrem Gesicht und Gehör zugänglich war. Es entging ihnen daher nicht, daß Old Abraham aus dem Tor kam und über die Seeufer Ausschau hielt, als suche er jemanden oder irgend etwas. Langsam setzte er seine Füße in Bewegung und schlenderte, wie unabsichtlich, an dem Ufer entlang, an dem die drei Siksikau mit den Jungen lagerten. Als er die Stelle erreicht hatte, machte er halt, zog seine kleine Pfeife hervor, stopfte sie, brachte den Tabak zum Brennen und paffte.
    »Schöner Abend«, sagte er schließlich, halb zu den Jungen, halb zu den drei Kriegern gewandt.
    Die Indianer gaben darauf keine Antwort.
    »Jetzt gefällt dir das bei den Blackfeet schon ganz gut«, bemerkte Old Abraham zu Harka.
    »Ja.«
    »Schade, daß dein Vater nicht hierbleiben konnte. Das war ein Gentleman. Ein Grandseigneur, pflegte der verrückte Thomas zu sagen. Schade.«
    »Ja«, erwiderte Harka, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Na, du bist ja groß und kommst schon allein durchs Leben, ja.«
    »Ja«, antwortete Harka in demselben ruhigen und gleichgültigen Ton, so als ob Abraham etwa »gute Reise, guten Weg?« gefragt habe.
    »Aber schade ist es doch«, redete Abraham weiter. »Er hatte Dollars. Ich hätte ihn gern oft und gut bedient. Aber was nicht sein soll, soll nicht sein. So ist das.«
    »Ja.«
    »Ihr seid wohl hergekommen, um zu fragen, wo dein Vater geblieben ist?«
    »Das wirst du auch nicht wissen, Old Abraham.« Harka wahrte noch immer seine äußere Ruhe, aber im Inneren begann er zu zittern. Er hatte die bestimmte Empfindung, daß Abraham etwas über Mattotaupa wisse, und vielleicht war die Nachricht nicht so gut, wie Harka sie einen Sommer hindurch erhofft hatte.
    »Nein, nein, natürlich, das ist hier schwer zu erfahren, was einer weit unten im Süden bei den Black Hills inzwischen für Erlebnisse gehabt hat.«
    Bei dem Stichwort Black Hills wurde Harka innerlich noch unruhiger. Er gab Old Abraham zunächst keine Antwort, sondern übersetzte seinem Freunde Stark wie ein Hirsch rasch das bisher Gesagte. Dann erst schaute er wieder hinauf zu Abraham, der mit der Pfeife neben ihm stand. Wäre Abraham ein indianischer Krieger gewesen, so hätte sich Harka längst höflich erhoben. Aber im Gespräch mit diesem Wirt und Händler war er bis jetzt sitzen geblieben, denn die Art und Weise, wie Abraham ihn ausfragen wollte, erschien ihm nicht würdig und aufrichtig genug.
    Harka war gewohnt, schnell zu reagieren. Während er die Worte Abrahams für Stark wie ein Hirsch übersetzte, hatte er Zeit genug gehabt, sich selbst einiges mehr zusammenzureimen. Abraham wußte oder glaubte zu wissen, daß Mattotaupa zu den Black Hills geritten sei, und er wußte oder glaubte zu wissen, daß Mattotaupa nicht zurückkehren werde. Harka wollte zunächst der ersten Behauptung nachgehen. Wenn sein Vater zu den Black Hills geritten war, mußte es Grund zu der Annahme gegeben haben, daß Tashunka-witko sich dort aufhalte. Woher war diese Nachricht gekommen?
    »Old Abraham, wer hat meinem Vater gesagt, daß Tashunka-witko sich bei den Black Hills aufhalte?«
    »Ach, so meinst du. Nein, das hat ihm keiner gesagt, hier jedenfalls nicht, und was dann kam, weiß ich ja nicht. Fred hat immer behauptet, Tashunka sei sicher unten am Platte, wo die Indsmen gegen den geplanten Bahnbau ankämpfen.«
    Nun stand Harka doch auf. Er war ebenso groß wie Abraham, eher schon ein junger Bursche als noch ein Knabe. »Wer ist das, Fred?«
    »Kennst du nicht?« Abraham spie tabakgefärbten Speichel aus. »Dein Vater kannte ihn gut und nannte ihn Jim.«
    »Jim.« Harka spürte, daß ihm das Blut aus den Wangen wich. »Er hat meinen Vater hier getroffen?«
    »Hat er. Die beiden sind zusammen losgeritten.«
    »Mein Vater wollte Thomas und Theo begleiten.«
    »Hat er aber nicht gemacht.«
    »Warum glaubt Old Abraham, daß mein Vater nicht zurückkehren werde? Ist er tot?«
    »Nein, mein Junge, nicht, daß ich wüßte.«
    »Wer sagt, daß mein Vater zu den Black Hills geritten sei, da ihm Jim doch riet, Tashunka-witko am Platte zu suchen?«
    »Tscha, das ist es eben. Deshalb komme ich doch her zu dir. Drin im Blockhaus sitzt einer, der hat deinen Vater am Niobrara getroffen.«
    »Wer ist das?«
    »Bekannter Jäger. Charlemagne nennen

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