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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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umflossen war, erkennen.
    Die Zelte standen dort.
    Mattotaupa hatte damit gerechnet, aber nun durchfloß es ihn wie von Schrecken. Da standen die Tipi, rund, spitz zulaufend, von Mond und Sternen matt beleuchtet, farblos im Lichte der Nacht, aber deutlich erkennbar. Sie warfen ihre Schatten über die Wiesen, lange, verfließende Schatten. Auch die Trophäenstangen konnte Mattotaupa schon erkennen, die vor den Zelten der erfolgreichen Jäger und Krieger die Beutestücke für jedermann vorwiesen. Nur sein eigenes Zelt, das Zelt, in dem er als Kriegshäuptling mit seiner Mutter, mit seinen Kindern und seiner Frau gewohnt hatte, das sah er noch nicht. Es hatte immer in der Mitte des Lagers gestanden und war auch jetzt durch die Tipi rings verdeckt.
    Bei den Zelten befanden sich die Pferdeherde und die Hundemeute. Mattotaupa hatte keine Sorge, daß die Tiere ängstliche Unruhe zeigen würden, wenn er kam. Es stand nur zu fürchten, daß einige ihn mit zu unruhiger Freude begrüßen und dadurch verraten würden. Er hatte mehrere Pferde besessen, und zwei Dutzend Hunde hatten sich zu seinem Zelt gehalten, bei dem es immer Abfälle von der großen Jagdbeute gab. Wie früher, so standen auch jetzt die Mustangs an der Ostseite des Zeltdorfes, und bei den Mustangs pflegten auch die Hunde zu schlafen. Die von dem Bach im Bogen umflossenen Wiesen waren von einem kleinen Gehölz bestanden gewesen, als Mattotaupa die Männer und Frauen der Bärenbande dorthin geführt hatte. Aber bei einem Kampfe mit den feindlichen Pani hatten diese Brandpfeile in das sommerlich dürre Gehölz geschossen; die Flammen hatten Bäume und Büsche gefressen, und das Feuer war zu einem Präriebrand angewachsen. Mattotaupa erinnerte sich daran sehr gut. Er war den Kriegern der Bärenbande damals mit Harka zusammen zu Hilfe gekommen, obgleich er schon verbannt gewesen war, aber dann hatten ihn die Anführer ein zweitesmal verstoßen, und seitdem war die Feindschaft tödlich geworden.
    Das Gehölz war nicht wieder nachgewachsen, da die Pferde alle jungen Triebe wegfraßen, und die Zelte lagen frei, nach allen Seiten sichtbar.
    Mattotaupa wußte genau, wo die Wachen aufgestellt zu werden pflegten. Er selbst hatte früher die Anordnung dazu gegeben, und es fiel ihm jetzt nicht allzu schwer, ihren Späheraugen zu entgehen, indem er sich nur von Gebüsch zu Gebüsch und immer im Mondschatten bewegte. Das vorsichtige Vorgehen kostete aber Zeit. Vielleicht waren die Wachtposten besonders aufmerksam, denn es mußte im Dorfe bekannt geworden sein, daß Mattotaupa und Red Jim ­ wie Fred sich früher genannt hatte ­ im Reiterkampf mit Tashunka-witko und drei Dakotakriegern zusammengestoßen waren. Mattotaupa hatte sich im vergangenen Sommer schon einmal in das Dorf geschlichen und den Krieger Alte Antilope, der ihn beleidigt hatte, mit dem Pfeil in dessen eigenem Zelte getötet. Er war am Zelte hinaufgeklettert und hatte durch den Rauchabzug auf den Schläfer geschossen.
    Sicher erinnerten sich die Krieger der Bärenbande auch daran. Die Wachen würden nicht schlafen. Aber möglicherweise waren auch nur sehr wenige Männer anwesend, da der Kampf gegen die Vermessungsexpedition viele beschäftigte. Mattotaupa mußte die Lage erst prüfen. Aus keinem der Zelte stieg Rauch auf. Die Feuer waren alle längst gedeckt.
    Mattotaupa kroch im Schatten; langsam schob er sich auf dem Grasboden weiter wie eine Schlange und gewann eine Stelle, die ihm als toter Winkel im Blickfeld des auf der benachbarten Bodenwelle zu vermutenden Spähers bekannt war.
    Hier blieb er zunächst, denn es ging etwas vor, was er beobachten mußte. Von Süden her war Galopp zu vernehmen. Da Mattotaupa am Boden lag, hörte er das Geräusch durch die Erde und war bald gewiß, daß es sich um einen einzelnen Reiter handelte. Er horchte weiter. Das Geräusch näherte sich schnell. Der Reiter kam auf das Dorf zu. Mattotaupa blieb ruhig an seinem Platz. Herangaloppierende Reiter pflegten der Umgebung des Dorfes, dem sie zustrebten, nicht mehr als eine oberflächliche Aufmerksamkeit zu widmen und sich in bezug auf ihre Sicherheit auf die vom Dorfe ausgestellten Späher zu verlassen.
    Der Reiter tauchte als schnell dahinfliegender Schattenriß in Mattotaupas Gesichtskreis auf. Es war ein Indianer, ein Dakota, schlank wie ein ganz junger Bursche, barhaupt, auf einem sattellosen Mustang. Er stieß einen Ruf aus, und von der Anhöhe westlich des Dorfes sowie von der Pferdeherde her kamen begrüßende

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