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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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vom Lager her nicht verfolgt wurden, hatten sie bald festgestellt.
    Sich selbst überlassen, ließen sie einen Tag vergehen, um abzuwarten, ob nicht doch noch Verfolger auf ihrer Fährte auftauchten. Als auch das nicht der Fall war, wagten sie sich wieder ein Stück in die gefährlichen Gegenden hinein. Sie suchten sich eine Anhöhe, die weiten Ausblick versprach, machten die Pferde im Wiesental fest, indem sie ihnen die Vorderfüße fesselten, und versteckten sich dann oben im Gras, um die Prärie zu überschauen und ihre Lage zu überdenken. Ihre Augen waren besser und ihre Ohren schärfer als die von Bill und Charlemagne, und es sollte keinem Feind so leicht gelingen, ihnen auf einen Pfeilschuß nahe zu kommen, ohne daß sie ihn auch in der nächtlichen Dunkelheit rechtzeitig entdeckten.
    Als sich am Horizont die Morgendämmerung ankündigte, schaute Fred den Indianer an. Was nun? sollte sein Blick bedeuten.
    »Tashunka-witko wird zur Zeit seinen Standplatz bei den Zelten der Bärenbande haben«, flüsterte Mattotaupa. »Von dort aus greifen die Krieger an, das ist sicher. Ich schleiche mich zu diesen Zelten. Vielleicht findet mein Tomahawk Tashunka-witko, so wie im vergangenen Sommer mein Pfeil Alte Antilope gefunden hat.«
    »Top, das ist tollkühn. Es ist mehr toll als kühn.«
    »Es ist meine Rache, nicht die deine!«
    »Wenn du damit sagen willst, daß ich nicht mitzukommen brauche, gut. Ich warte auf dich im Blockhaus des zahnlosen Ben.«
    »Gibt es keinen anderen Ort?«
    »Ben ist ein Lump, ich weiß, aber er wird dir und mir nichts mehr tun, und es verkehren viele Leute dort, von denen ich allerhand Neuigkeiten erfahren kann.«
    »Wie du willst.«
    »Abgemacht. Ich gehe sogleich.«
    »Nimm mein Pferd mit. Wenn die Dakota dich entdecken oder dir begegnen, kannst du immer sagen, ich sei tot, und vielleicht werden sie dich dann in Ruhe lassen.«
    »Glaub’ ich zwar kaum, aber man kann es ausprobieren. Auf Wiedersehen!«
    Fred ließ sich den Hang hinuntergleiten, machte die Pferde los und ritt in nordöstlicher Richtung in schnellem Trab davon.
    Mattotaupa musterte von der Kuppe der Anhöhe aus weiter die Umgebung. Er hatte nichts bei sich als seine Waffen: das Dolchmesser, den stählernen Tomahawk, den er seit seiner Bekanntschaft mit dieser Waffe der Steinkeule vorzog, Revolver und doppelläufige Büchse. Den Knochenbogen, das Geschenk des Siksikauhäuptlings, hatte er auf seinem Ritt zu der Handelsstation von Old Abraham nicht mitgenommen; der Bogen befand sich noch bei den Zelten der Schwarzfüße. Die Lederdecke und die indianische Lederkleidung hatte Mattotaupa mit seinem Scheckenpferd zusammen verloren. An Proviant besaß er nur einen kleinen Beutel Trockenfleisch und etwas Tabak.
    Das Kattunhemd störte ihn außerordentlich. Er hatte es als Verkleidung angelegt, aber da ihn seine Feinde vom Stamm der Dakota am vergangenen Tage doch erkannt hatten, war es in seinen Augen ganz unnütz geworden. Von früh an war er gewohnt, nackt zu kämpfen. Er legte daher das Hemd jetzt ab. Einer plötzlichen Eingebung folgend, ritzte er sich mit dem Messer den Arm, machte Blutflecken in Brust und Rücken des Kattunhemdes, und legte sich dann darauf. Wenn später ein Feind das Hemd fand, mußte er glauben, ein Verwundeter habe darauf gelegen.
    Mattotaupa blieb den ganzen Tag auf der Anhöhe. Er aß eine Prise Trockenfleisch und knabberte an Grassamen. Durst hatte er auch, aber der ließ sich noch ertragen.
    Als es auf den Abend zuging, machte er sich auf.
    Während des Tages hatte er bis in weitester Entfernung kein Zeichen von menschlichen Lebewesen entdecken können, ausgenommen den Rauch, der von den Zelten des Expeditionslagers aufstieg. Er beachtete daher keine besondere Vorsicht mehr, sondern lief, in weitausgreifendem, den Boden gleichsam wegfressendem Dauerlauf direkt nach Nordnordwesten, dem ihm von früher bekannten Sommerlagerplatz der Bärenbande am Pferdebach zu. Er selbst hatte als Kriegshäuptling dieser Abteilung der Teton-Oglala die Zelte einundeinhalbes Jahr zuvor in einem schwierigen Marsch dorthin geführt.
    Die Sommernächte waren kurz. Mattotaupa rechnete aber damit, die Zelte der Bärenbande im Dauerlauf bis Mitternacht zu erreichen. Wie es ihm dann gelingen sollte, Tashunka-witko herauszufinden oder überhaupt festzustellen, ob er anwesend sei, wußte er noch nicht. Er konnte sich nur auf seine Beobachtungsgabe verlassen und auf seine Fähigkeit, schnell zu reagieren. Dumpf regte sich in ihm

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