Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: zu KLAMPEN
Vom Netzwerk:
dein unausgesetztes Plappern dazu.
     Du weißt einfach nicht, wann es Zeit ist, das Maul zu halten. Leute, die weniger nett sind als ich und meine Kollegin, hätten
     dir schon längst was angetan.«
    »Das weiß ich alles«, murmelte Marvin. »Ich bin Ihnen ja auch dankbar dafür. Aber ich bin eben so schrecklich ehrgeizig.«
    »Du bist ein miserabler Ermittler, das ist nicht das Gleiche wie ›ehrgeizig‹.«
    »Es hätte ja auch gutgehen können.«
    »Wie bitte? Ich verstehe dich nicht. Sprich lauter! Ich will deinen Eltern später sagen können, was die letzten Worte ihres
     Tunichtguts von Sohn waren, bevor ich vor Wut geplatzt bin und er dabei zu Schaden kam.«
    »Ich war dicht dran. Ich wollte zuschlagen. Ich wollte sie euch auf dem silbernen Tablett präsentieren. So dicht …«
    Mit Daumen und Zeigefinger zeigte er eine Entfernung an, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen war.
    Nun ließ sich die Kommissarin nicht mehr stoppen, sie fragte nach, und Küchenmeister antwortete:
    »Er hat Irena beobachtet. Er war zwei Meter von ihr entfernt und hat sie laufen lassen.«
    »Das ist nicht wahr.«
    In den Nächten seit dem Mord hatte Marvin die Hütte des Schäfers beobachtet. Am zweiten Abend hatte er dort Irena gesehen.
     Oder eine Frau, die er für Irena gehalten hatte. Er war nicht in die Hütte gegangen und hatte seine Beobachtung den Kommissaren
     nicht mitgeteilt. Gestern Abend hatte er am Umzug teilgenommen, heute Vormittag hatte er eine |179| Bemerkung fallen lassen, bei der Küchenmeister hellhörig geworden war. Er hatte nachgehakt, Marvin hatte zu eiern begonnen
     und sich um Kopf und Kragen geredet.
    Marvin stand der Kommissarin gegenüber, blickte sie flehentlich an und sagte: »Ich habe es doch nur gut gemeint.«
    »Das darfst du nie wieder sagen, versprich mir das! Das ist ein Satz für Verlierer.«
     
    Den ehemaligen Gasthof erreichten sie eine Viertelstunde später. Brügge war dabei, Bücherkisten in seine Wohnung zu schleppen.
     Niemand sei im Haus, außer Ev. Die sei von Popeye gebracht worden und werde nun erfahrungsgemäß lange schlafen. Er deutete
     an, dass sie Tabletten bekommen hatte. Wo Popeye sei? Das wisse man nie, aber oft sei er an den Teichen.
    Er bot an, ihnen den Weg zu Popeyes Wirkungsstätte zu zeigen, aber sie hatten ja Marvin.
    Der fuhr wieder quälend langsam.
    »Geht’s vielleicht etwas schneller?«, fragte der Kommissar.
    »Ich will keinen Fehler mehr machen.«
    »Fahr schneller!«

35
    Marvin riss das Steuer herum und bretterte mit dem Wagen in einen Waldweg. Hier, wo es eng war und unübersichtlich, abwechselnd
     sandig und mit Senken gespickt, hier trat er aufs Gas. Um nach 100 Metern unvermittelt zu bremsen.
    |180| »Das ist das wichtigste«, knurrte Küchenmeister, »das Anschleichen. Wenn du jetzt noch auf den Knopf drückst, der das Martinshorn
     in Gang setzt …«
    Popeye kam ihnen entgegen, die Arme ausgebreitet, sein Gesicht irrlichternd. So durcheinander hatten sie den Mann noch nicht
     erlebt.
    »Es ist gar nichts!«, rief er und stellte sich ihnen in den Weg.
    Küchenmeister forderte ihn auf, aus dem Weg zu gehen, weil er sonst seinen besten Mann an die Front schicken würde. Er schob
     Marvin nach vorn.
    Marvin sagte zum Ex-Seemann: »Wir sind doch immer gut miteinander ausgekommen.« Sein Gesicht sah aus, als würde er die Prügel
     schon spüren, vor denen er sich fürchtete.
    Die Kommissare eilten über den schmalen Damm, der die Teiche trennte. Es waren zwei Gestalten, auf die sie zuliefen; dass
     es sich um Karl und Irena handelte, sahen sie erst, als sie sie fast erreicht hatten. Beide starrten die Polizisten an. Küchenmeister
     schob Karl zur Seite. Der Kommissar hatte sich über Karpfen nie Illusionen gemacht. Wozu sie imstande waren, hatte er aber
     noch nie so eindrucksvoll vor Augen geführt bekommen wie in diesem Moment.

36
    Sie ließen Irena die Zeit, die sie brauchte. Die Tür musste sie allein öffnen, sie stieß sie auf und bewegte sich nicht. Von
     hinten sahen sie, wie die zarte Frau tief einatmete. Dann wagte sie es.
    |181| Vor dem Bett stand sie am längsten. Sie weinte nicht, seltsam sachlich wirkte ihr Gesicht. Irena suchte die Konfrontation
     und hielt sie aus. Die Matratzen waren entfernt worden, so war es leichter für sie. Irena drehte sich um und sagte: »Ich gehe
     raus und werde nie mehr zurückkommen.«
    »Wir müssen reden«, sagte Kommissarin Wiese. »Es könnte länger dauern.«
     
    Sie hatten ihr die Wahl gelassen, so

Weitere Kostenlose Bücher