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Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: zu KLAMPEN
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höheren Anteil, Drohungen. Was, wenn Bordon
     den Schatz an einen sicheren Ort gebracht hatte? Wenn Macciato sauer geworden war, weil er sich so kurz vor dem Ziel ausgebremst
     fand und der Schatz, kaum aufgespürt, schon wieder außer Reichweite war? Doch an Bordons Körper waren keine Spuren von Macciato
     gefunden worden, in der Hütte auch nicht. Also war Macciato nicht allein in die Heide gefahren. Der »zweite Mann« war der
     Täter. Macciato hatte während der Anreise seine Beziehungen spielen lassen und einen zweiten Mann zum Schauplatz beordert.
     Nicht zwangsläufig um zu töten, sondern um ein Drohszenario aufzubauen, dem sich Bordon nicht entziehen konnte. Und wenn auch
     Bordon Helfer gehabt, wenn schon vor dem Mord eine Prügelei stattgefunden hatte? Je weniger die Kommissarin an die redlichen
     Heidjer dachte und je mehr sie die Verhaltensweisen von Halbwelt-Schlägern ins Kalkül zog, desto vielgestaltiger wurden mögliche
     Abläufe.
    »Was ist das?«, fragte sie, als ihr Kevin Zettel in die Hand drücken wollte.
    »Die Benzinquittungen. Marvin sagt, Sie machen das schon.«
    |208| »Was mache ich schon? Ihnen Ihre Wahnsinnsfahrt mit hundert Ordnungswidrigkeiten und Verkehrsgefährdungen bezahlen?«
    Kevin blickte Marvin an, der nahm ihm die Zettel ab.
    »Du zahlst das«, knurrte die Kommissarin den Wachtmeister an.
    »Okay. Sie nehmen mir das aber nicht übel oder? Sie nehmen mir gar nichts übel, was in der letzten Zeit passiert ist oder?«
    Sie dampfte ihn mit Blicken ein und verschwand. Macciato wusste, dass sie sein Görlitzer Alibi mit bisher nicht an den Tag
     gelegter Akkuratesse prüfen würde. Er blickte Marvin an und diesmal bekam Marvin den Blick mit.

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    Sie kehrten zum Thema zurück, das die Ankunft der Kommissarin unterbrochen hatte. Die alte Karolina musste die Alben und Mappen
     aufschlagen, die geschlossen geblieben waren, solange sich die Fahnderin im Raum aufgehalten hatte.
    »Junge, ich war an dem Fall nicht halb so dicht dran wie du glaubst«, sagte sie unwillig. »Ich bin keine Polizistin.«
    »Streng genommen doch. Eine Hebamme im Dorf – niemand weiß mehr. Höchstens der Pastor, aber hierher haben sie doch immer nur
     die Schweinepriester geschickt, die in ihrem alten Sprengel Konfirmandinnen flachgelegt hatten.«
    |209| Sie gab ihm Recht. Die Pastoren aus dem Dorf hinterließen keine bleibenden Spuren. Sie wohnten im großen Dorf, wo auch die
     Kirche war. In den abgelegenen Ortschaften fand kein Gemeindeleben statt. Wer der Kirche nahe stand, nahm gerne die Mühe auf
     sich, einige Kilometer zu fahren. Aber gerade in den kleinsten Orten lebten Querköpfe und Sonderlinge, die lieber für sich
     blieben. Sie freuten sich das ganze Jahr auf die Sonnwendfeier und wollten sich den Spaß nicht von einem jungen Pastor, womöglich
     noch einer Frau, madig machen lassen. Als damals in den Siebzigern die drei Morde geschehen waren, predigte der Pastor vier
     Sonntage hintereinander zum Thema. Zur Aufklärung hatte er nichts beizutragen. Das war zu wenig, fanden die Einheimischen.
    Drei Tote, ein Überlebender – ein Säugling. Er war in die Hände von Verwandten gegeben worden und hatte eine Wanderung von
     Onkel zu Tante zu Cousine zu Großtante angetreten. Danach verlor sich seine Spur, aber er war am Leben gewesen, als man ihn
     ins Hessische verbracht hatte: Rhön, Vogelsberg, lange vor der Wiedervereinigung.
    »Du weißt mehr, als du sagst«, behauptete Macciato.
    »Das ist ja auch nicht schwer, so wenig, wie ich rede.«
    »Du könntest anderen Leuten helfen mit dem, was du weißt.«
    »Junge, von da führt keine Spur zum Schatz. Das haben auch die Ermittlungen damals ergeben. Nimm Abschied von dem Wahn.«
    »Der Junge!«
    »Was ist mit ihm?«
    »Das frage ich dich.«
    »Im besten Fall hat er es am Ende doch noch in eine liebevolle |210| Familie geschafft. Das war nicht mehr in unserer Gegend, und ich war damals berufstätig.«
    »Der Wagen gefällt dir doch.«
    »Der Jaguar? Klar. Wem gefällt der nicht? Groß, unvernünftig, schön.«
    »Und du hast einen Führerschein.«
    »Jede Hebamme hat einen Führerschein, sonst kommst du auf dem Land nicht weit. Was hätte ich machen sollen? Reiten?«
    »Ich schenke ihn dir.«
    Stille. Sie stand auf und weckte ihr Blut. Sie stand am Fenster und sagte: »Du weißt, wie man eine alte Frau in Wallung versetzt.«
    »Plus Steuer und Versicherung für zwei Jahre.«
    »Ach ja? Und das viele Benzin?«
    »Plus Benzin für zwei

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