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Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: zu KLAMPEN
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Küchenmeister ließ sich von der Drallen auf die Tanzfläche vor der Theke ziehen, um nicht als Spielverderber
     dazustehen. Sie fasste sich gut an, falls man versehentlich auf sie fiele, würde kein blauer Fleck zurückbleiben. Küchenmeister
     sammelte Informationen über Bordon und Irena. Eine Affäre? Das nicht. Ein Gerücht über eine Affäre? Eher bei Irena, sie war
     scharf auf Mitfahrgelegenheiten in die Kreisstadt. Aber es gab nichts Handfestes. Nach außen hin hatten die beiden den Eindruck
     eines Paares vermittelt. Nicht, dass sie in aller Öffentlichkeit Zärtlichkeiten ausgetauscht hätten, aber das war im Dorf
     auch nicht üblich.
    »Wir fahren zu uns!«, rief Dora. »Wer weiß, wann hier mal wieder Leben ist!«
    Der Wirt kämpfte um seine Kunden, Macciato hatte eine Art, die Scheine zu ziehen, dass man genau hinsehen musste, um den Weg
     des Geldes zu erkennen. Küchenmeister sah genau hin.
    »Kummer?«, fragte er auf dem Weg nach draußen.
    »Wer? Ich? Ich weiß nicht mal, wie man das schreibt. Trinken Sie nur, wenn Sie Kummer haben?«
    |217| »Und wenn ich Durst habe.«
    »Und wenn Sie bei Ihrer Kollegin nicht landen können.«
    »Dann sind wir schon zwei.«
    Der Kommissar eilte die Treppe hinauf und informierte die Kollegin über die neuesten Entwicklungen.

42
    Als sie den früheren Gasthof erreichten, war es nach zwei. 20 Minuten später lieferten die riesigen Gusspfannen erste Spiegeleier.
     Weil nicht alle an den Tisch passten, zog man in die ehemalige saalartige Gaststube um. Ev hatte schon geschlafen, Kassian
     hing die Lesebrille am Band um den Hals. Er bestand darauf, allen mitzuteilen, dass er um diese Zeit selten schlafe.
    Die Instrumente standen bereit. Kassian am Banjo, Popeye und sein treues Schifferklavier, Dora griff zur Fiedel, ein Junge
     aus dem Dorf setzte sich ans Klavier, ein anderer entdeckte ein Saxophon. Es sah nicht frisch aus, erfüllte aber seinen Zweck.
     Für das Schlagzeug gab es mehrere Anwärter.
    »Tun Sie uns das nicht an«, bat die Kommissarin ihren Kollegen. Das war die Ermunterung, die ihm noch gefehlt hatte. Sie spielten
     Fairport Convention und schnelle irische Weisen. Wer dazu nicht tanzen wollte, hatte keine Beine. Die Tanzfläche raste, nur
     Ev schaffte es, verträumt den Rock zu schwingen, als würde sie getragene Weisen hören. Vielleicht tat sie es.
    |218| Dann stand Karl im Saal. Das war überraschend, denn für diese Nacht hatte er sich in seine Hütte verabschiedet.
    »Sie waren das«, sagte er der Kommissarin auf den Kopf zu. »Wie soll sich ein Schaf auch ausgerechnet hierher verlaufen?«
    »Ich war das?«, rief sie lachend. »Das ist mir ja total entgangen.«
    Karl ging zum Schlagzeug. »Bist scharf auf eine Battle«, knurrte der Kommissar zur Begrüßung im Slang der Musiker. Widerwillig
     ließ er Karl auf den Hocker, den der dann lange nicht mehr verließ. Der Junge hatte es drauf, die anderen wunderten sich nicht
     so sehr wie die Besucher aus der Stadt. Auf jedem Schützenfest kam der Zeitpunkt, wo Karl sich an die Schießbude setzte. Manchmal
     für drei Stücke, manchmal länger. Vom E-Piano und der Orgel hielt er sich fern, dabei war er als Teeniestar für die Tasteninstrumente
     zuständig gewesen.
    Macciato tanzte und trank, klatschte zur Musik und trieb seine Gäste an. Der Mann summte und vibrierte vor nervöser Spannung.
     Kein Zweifel, dass dies auch am Alkohol lag. Aber es war mehr, die Kommissarin wusste nur keinen Grund. Der Besuch bei der
     Hebamme konnte es doch wohl nicht gewesen sein? Zweimal unternahm sie einen Anlauf, um mit Macciato zu sprechen, zweimal fand
     sie ihn im Gespräch mit Kassian. Sie wehrte die Dorfgalane ab, die die attraktive Frau zum Tanzen aufforderten, um ihr die
     Hand auf den Hintern zu legen oder auch beide. Karolina fragte sehr direkt nach Bordon und Irena und wunderte sich jedesmal,
     wie abgeschieden man in Dörfern leben konnte.
    »Ihr wisst gar nichts!«, rief sie verzweifelt. »Seid ihr denn |219| gar nicht neugierig? Was seid ihr nur für Nachbarn! Wo ist die gute alte soziale Kontrolle geblieben?«
    Sie verteidigten sich mit entwaffnender Offenheit. Jeder hatte seine eigenen Sorgen. Jeder kämpfte mit dem Job und der Ausbildung,
     den ewigen Fahrten in die Stadt, mit den Anforderungen, die die Familie stellte, dem Training im Sport- und Schützenverein.
     Nicht selten wunderten sich die jungen Leute selbst am meisten, wie viele Termine zusammenkamen. »Mensch, ich bin ja wichtig.
     Sie haben

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